Klimaprotestler drängen in die Politik: Fridays for Gemeinderäte
Fridays for Future wollen die Klimawende. Eine „Klimaliste“ aus Erlangen möchte das jetzt auf kommunaler Ebene umsetzen – und tritt bei Wahlen an.
Hundhausen ist Professor für Laserphysik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und gehört zu jenen Menschen, die schon seit Jahrzehnten etwas tun, was nach viel Detailarbeit und wenig Glamour klingt: Er will die Energiewende vor Ort umsetzen, in Erlangen, Mittelfranken. Und seit ein paar Monaten will er auch eine Revolution von unten lostreten.
„Überall rufen Städte jetzt den Klimanotstand aus. Wir wollen sichern, dass es nicht nur bei symbolischer Ausrufung des Klimanotstands bleibt, sondern real etwas passiert“, sagt er, als er am Telefon seine Idee erläutert. Er will in Erlangen mit einer „Klimaliste“ zu den nächsten Kommunalwahlen im März 2020 antreten, die zeitgleich in ganz Bayern stattfinden. Also mit einem Zusammenschluss von Gleichgesinnten, aber nicht als Partei organisiert. Noch ist die Gruppe klein, rund 20 Leute, die auch bei Fridays for Future, Scientists for Future oder Extinction Rebellion aktiv sind.
Hundhausen hofft, dass andere die Idee der Klimalisten übernehmen. Als parlamentarischer Arm von Fridays for Future will er den Zusammenschluss nicht sehen. Eher als die Chance für all diejenigen, die in der neuen Klimaschutzbewegung mitmischen, ihre Forderungen in die kommunalen Parlamente zu tragen, ohne einer Partei beitreten zu müssen.
Vertrauen in Parteien gering
Die Idee könnte gut zur Art des politischen Engagements der jungen Klimabewegungen passen: Dort ist nach einer neuen Studie des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung das Vertrauen nämlich gering, dass Parteien die Klimakrise lösen. Viele der Befragten stimmten allerdings folgender Aussage zu: „Wenn sich Bürger*innen zusammenschließen, können sie viel Einfluss auf politische Entscheidungen in diesem Land nehmen.“
Eine Konkurrenz für die Grünen in Städten und Gemeinden sollen die Klimalisten nicht sein. „Die Grünen sind viel zu lange im Geschäft. Wir müssen viel mutiger sein, um den Wandel umzusetzen, den es jetzt braucht“, sagt Hundhausen. Er will allen, die Klimalisten gründen wollen, eine Art Baukasten anbieten, wie man damit bei einer Kommunalwahl antreten kann. Beispielsweise müssten die Listen demokratisch gewählt werden und genug Unterstützer*innen finden.
Die Erlanger Liste fordert beispielsweise, einen lokalen Klimafonds in Höhe von 20 bis 28 Millionen Euro einzurichten – und dafür auch die Gewerbesteuer zu erhöhen. Insgesamt hat die Stadt mit 112.000 Einwohner*innen einen Haushalt in Höhe von rund 400 Millionen Euro. Finanziert werden soll mit dem Fonds etwa ein kräftiger Ausbau der Photovoltaik und ein günstigerer und besserer Nahverkehr.
Die Klimaliste Erlangen ist ein Beispiel, wie sich alte und neue Klimaschützer gegenseitig inspirieren. Der Vorsitzende der Klimaliste, Sebastian Hornschild, hat erst Fridays for Future in Erlangen mitorganisiert. Als Hundhausen der Gruppe im März die Unterschriften der Wissenschaftler übergab, die Fridays for Future unterstützen, beschlossen die beiden, die Klimaliste zu gründen.
Hundhausen wiederum hat bereits 2001 den Verein „Sonnenenergie Erlangen“ aufgebaut, der daran gearbeitet hat, dass sich die Schüler*innen der Stadt mit der Energiewende und dem Klimawandel befassen: Der Verein sorgte dafür, dass auf allen Schulen der Stadt Solaranlagen installiert worden sind. Hundhausen arbeitete an einer Folge der „Sendung mit der Maus“ mit, die Kindern erklärt, wie Strom aus Sonnenlicht gemacht wird. Die Solarmaus dient heute in der Stadt als Unterrichtsmaterial – und zeigt, dass es kein Ding der Unmöglichkeit ist, den Klimawandel einzudämmen.
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