Klimapolitik der EU: Klimanotstand in Europa?
Die Grünen wollen auch in Brüssel eine verschärfte Politik gegen die Erderwärmung – und den Klimanotstand ausrufen. Andere Fraktionen bremsen eher.
Von der Leyen hatte bei ihrer Bewerbungsrede im Europaparlament im Juli einen „European Green Deal“ versprochen, der die EU bis 2050 klimaneutral machen soll. Von der Leyens Team dürfte am 1. Dezember die Arbeit aufnehmen. Binnen hundert EU-Tagen wird dann das erste große Klimagesetz erwartet.
EU-Kommissar Frans Timmermans – ein Sozialdemokrat – habe bereits einen fertigen Entwurf in der Schublade, heißt es in Brüssel. Ein eher zahmer Plan ohne Klimasteuer und „Border Tax“ für Importe. Von der Leyen könnte ihren „Green Deal“ also womöglich schon vor Weihnachten vorlegen.
Das Europaparlament versucht nun die Initiative an sich zu reißen. Anlass ist die UN-Klimakonferenz Anfang Dezember in Madrid. Die Abgeordneten bereiten für ihre Plenartagung in der kommenden Woche in Straßburg eine Entschließung vor – und wollen dabei den „Klimanotstand“ für Europa ausrufen.
Grüne machen einen eigenen Entwurf
Die Details sind allerdings umstritten. Liberale und Sozialdemokraten denken offenbar an einen eher symbolischen Vorstoß, der die „Führungsrolle“ der EU in der Klimapolitik unterstreicht. „Es geht vor allem um eine geopolitische Antwort auf US-Präsident Donald Trump“, sagt Pascal Canfin von der liberalen „Renew Europe“-Fraktion. Außerdem werde der Klimanotstand es Ländern wie Polen schwerer machen, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu blockieren.
Die Grünen wollen jedoch mit einem eigenen Entwurf weiter gehen – und die EU-Gesetzgebung verschärfen. Europa dürfe die Warnungen aus der Wissenschaft und die Fridays-for-Future-Proteste nicht ignorieren, meint der Abgeordnete Michael Bloss. „Wir fordern die anderen Fraktionen auf, sich nicht mit leeren Worten als Klimaschützer zu inszenieren, sondern unserem Aufruf nach konkreten Taten zu folgen“, sagt Bloss der taz.
Er fordert, dass der Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um 65 Prozent unter den Wert von 1990 sinken soll – bisher liegt das EU-Ziel bei minus 40 Prozent. Außerdem sollen EU-Investitionen in fossile Energien beendet werden. Handelsabkommen mit Ländern, die das Pariser Klima-Abkommen nicht umsetzen, sollen gestoppt werden.
Allerdings ist in einem Antrag, den das Parlamentspräsidium am Donnerstag zugelassen hat, nur von einer Senkung der Treibhausgase um 55 Prozent gegenüber 1990 die Rede. Mehr sei unrealistisch, hieß es bei den Liberalen. Die Konservativen, die die größte Fraktion im EU-Parlament stellen, lehnen den „Notstand“ komplett ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken