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Klimagipfel zum Thema AfrikaÖkostrom für die Armen

Pläne für die globale Energiewende: Eine Billion Dollar für Sonnenkraft in den Tropen und 300 Megawatt Ökostrom für Afrika.

Die Sonnen-Allianz wurde von Indiens Präsident Rajendra Modi und Frankreichs Präsident Francois Hollande gestartet. Foto: dpa

Paris taz | Zumindest bei den Ankündigungen rückt die globale Energiewende ein bisschen näher: Die aufstrebenden Staaten in Afrika und in den Tropen sollen sich in den nächsten Jahrzehnten zunehmend mit Ökoenergie versorgen, statt auf Kohle und Gas zu setzen. Das sehen Pläne vor, die zu Beginn der UN-Klimakonferenz in Paris verkündet wurden.

Eine „Solar Energy Alliance“ will auf Betreiben Indiens Unterstützer und Geld sammeln, um den Sonnenstrom im Tropengürtel voranzubringen. Und die G7-Länder planen, den Aufbau von erneuerbaren Energien in Afrika in den nächsten Jahren mit Milliardensummen zu unterstützen.

Die Sonnen-Allianz wurde am ersten Tag der Konferenz von Indiens Premierminister Narendra Modi und Frankreichs Präsident François Hollande gestartet. Sie vereint 120 Länder, die in den nächsten Jahren eine Billion Dollar einsammeln wollen, um Solarenergie im Sonnengürtel der Erde zu verbreiten. In der Initiative „Renewable Energy für Africa“ bekommen die afrikanischen Staaten Hilfe der G7-Industrieländer, um ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen: Bis 2020 sollen Windkraftanlagen, Solarpanels, kleinere Staudämme und Geothermie-Anlagen mit einer Leistung von 10 Gigawatt gebaut werden.

2030 sollen das nach den Plänen der afrikanischen Länder bereits 300 Gigawatt sein. Zum Vergleich: Deutschland hat Stromkapazitäten von 180 Gigawatt, 95 davon sind erneuerbare Energien. Die Unterstützung für die Pläne in Afrika aus den reichen Ländern soll bei etwa acht bis zehn Milliarden Dollar an öffentlichen und privaten Mitteln liegen, hieß es am Dienstag am Rande des „Afrika-Gipfels“ auf der Klimakonferenz.

„Afrika darf nicht das zweite China werden“

Allein Deutschland will bis 2020 insgesamt 3 Milliarden Euro investieren, um 2 Gigawatt zu bauen. Schon bisher helfen Gelder aus dem deutschen Entwicklungsministerium etwa bei der Entwicklung von Geothermie in Kenia, bei der Energieeffizienz in Südafrika und beim Bau der weltgrößten Solaranlage Ouarzazate, sagte Ingrid Hoven vom Ministerium.

Eine große Angst treibt die Klimaschützer um: „Afrika darf nicht das zweite China werden“, warnt schon seit Langem etwa der Chef des UN-Umweltprogramms Achim Steiner. Wenn sich der Kontinent bei seiner Elektrifizierung auf fossile Brennstoffe stützt, werde das Klimaproblem nicht zu lösen sein. Und der Bedarf an Strom für Licht, Kühlung und Maschinen ist gewaltig. Bisher haben in den Ländern Afrikas etwa 620 Millionen Menschen keinen Zugang zu moderner Energie. In den nächsten zehn Jahren werde die Nachfrage nach Strom um 45 Prozent zunehmen, ist Hovens Prognose.

Auch die Internationale Energieagentur IEA sieht riesige Potenziale für Energieentwicklung in Afrika. „Die Sonne scheint an 300 bis 320 Tagen im Jahr“, sagt IEA-Chef Fatih Birol, „das sind fantastische Voraussetzungen“. Allerdings gehen bisher zwei Drittel der Gelder, die dort investiert werden, in die Infrastruktur für den Export. Der Kontinent sei aber nicht nur auf erneuerbare Energien ausgerichtet. „30 Prozent des Öls, das in den letzten fünf Jahren gefunden wurde, stammt aus Afrika“, sagt Birol. Länder wie Nigeria und Angola sind zu Ölstaaten geworden, wo die Einnahmen aus den Fossilen einen großen Teil der Staatseinnahmen ausmachen.

Die Hilfe der reichen Staaten für die armen Länder am Beginn der Verhandlungen ist auch ein Signal: Auf der Konferenz soll den verwundbarsten Ländern gezeigt werden, dass ihre Forderungen zumindest teilweise erfüllt werden und Geld in konkrete Projekte fließt. Die Hoffnung dabei: Wer auf direkte Hilfe in seinem Land hofft, ist vielleicht anderswo zu Kompromissen bereit.

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2 Kommentare

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  • Da bleib ich sehr skeptisch. Als unsre jetzige Präsidentin (Dilma) noch Lula´s Energieministerin war, hat sie das Programm „Luz para todos“ (Strom für alle) kreiert. Und mit der für sie charakteristischen Art bulldozerdurchgezogen.

    Warnende Stimmen (wie meine), dass der Hauruck- und Zwangsanscluss traditioneller ländlicher Subsistenzwirtschafts-Gemeinden an das nach kapitalistischen Regeln betriebene Stromnetz in kürze das sozial-egalitäre Netz dieser Gemeinden zerstören würde (und hat, weil eben die meisten nachdem sie die ersten Rechnungen nicht bezahlen konnten, bald wieder im Dunkeln sassen, während eine Handvoll anderer, vor allem wahlstimmenverkaufende Polit-Capos und Schnapshändler, „erfolg“&reicher wurden), die Abwanderung in Favelas grösserer Städte beschleunigen würde (und hat) und (also) die Landkonzentration noch verschärfen würde (und hat) im ohnehin schon Weltspitzenreiter sozialer Ungleichheit und Landkonzentration, und das die vielschichtig bessere Lösung kleine (genossenschaftlich betriebene) Windkraftwerke und Sonnenpaneele wären, waren und sind Lula und Dilma, den Lieblingslinken (europäischen Unverständnisses unsrer Realität), völlig egal.

    Dafür bauen sie, mit kriminellen Mitteln, den Amazonas zu einem Riesenstaudamm-Park um. Sperren sinnloser Weise Flüsse, die durch die totale Abholzung durch (von ihren Regierungen geförderte) agrokapitalistische Unternehmen in ihrem Quellgebiet im Zentrum Brasiliens ohnehin immer mehr ausdünnen, bringen dafür Menschen und ganze (indigene) Völker in den Tod. „Um die Energieversorgung sicher zu stellen“, wie sie uns vorlügen.

    Dabei geht es einzig und allein um astronomische Bereicherung jener die ohnehin schon stinkreich sind.

    Und das ist die Ursache meiner Skepsis. Denn warum sollten französische, indische, nigerianische (…) Staatschefs anders funktionieren? Steht nicht hinter&über allen eine Firma, eine Bank, transnational?

  • „Die Sonne scheint an 300 bis 320 Tagen im Jahr“, …., „das sind fantastische Voraussetzungen“

     

    dies überrascht, weil es sich nach völlig neuen Einsichten anhört.