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Klimaforscher über Super-Sommer 2018„Die Erwärmung geht wieder los“

Der Klimaforscher Hans von Storch erklärt, was wir vom Sommer 2018 lernen können und wieso Erkenntnisse und Handlungsaufrufe säuberlich getrennt werden sollten.

Die anhaltende Trockenheit brachte die Hamburger Polizei auf die Idee, mit ihren Wasserwerfer im Stadtpark die Bäume zu wässern Foto: Bodo Marks/dpa
Gernot Knödler
Interview von Gernot Knödler

taz: Herr von Storch, macht Ihnen als Klimawissenschaftler der vergangene Super-Sommer Sorgen?

Hans von Storch: Warum sollte er mir Sorgen machen?

Es bietet sich an, ihn als Krisenzeichen zu begreifen.

Als Klimaforscher passt das für mich zu der Entwicklung, die wir in den vergangenen Jahrzehnten hatten – nämlich, dass es insgesamt wärmer wird, zwar nicht jedes Jahr, aber in der Tendenz. Aber damit geht nicht sofort einher, dass ich das gesellschaftlich-kulturell zu interpretieren habe. In der Rolle als Bürger ist das etwas anderes.

Wo liegt der Unterschied?

Wenn ich als Wissenschaftler gefragt werde, dann nach meiner fundierten Meinung zu dem Vorgang, nämlich dass es sehr warm war – aber nicht nach den Folgen davon. Das ist etwas ganz anderes. Ab und zu gibt es einen Super-Sommer und das finden viele Menschen schön – auch die Medien – vergessen aber, dass dies auch als eine weitere Bestätigung dafür gelesen werden kann, dass der Mensch das Klima verändert.

Wobei wir mit dem paradoxen Phänomen konfrontiert sind, dass die Jahresmitteltemperatur in den vergangenen 20 Jahren nicht gestiegen ist.

Das ist Käse. Es gab eine Pause, den sogenannten Hiatus: Zwischen Ende der 1990er- und Mitte der 2010er-Jahre hat sich die Erwärmung verlangsamt. Das liegt auch daran, dass man als Anfangspunkt 1998 genommen hat. Das war ein besonders warmes Jahr. Aber dieser Hiatus ist seit zwei, drei Jahren gebrochen. Die Erwärmung geht jetzt ordentlich wieder los.

Mit unseren Wetteraufzeichnungen überblicken wir 150 Jahre. Reicht das, um auf einen menschengemachten Klimawandel zu schließen?

Die Phase, in der wir jetzt leben, ist nicht per se besonders gut, sie ist deshalb optimal, weil wir gut angepasst sind

Wir haben es methodisch gesehen mit mehreren Fragen zu tun. Die erste ist: Was passiert da überhaupt? Sind die Zahlen richtig? Es gab die Diskussion über die Hockey-Schläger-Grafik: Sie stellte einen Abfall der Temperatur von etwa ungefähr dem Jahr 1.000 bis 1850 dar und danach einen dramatischen Anstieg. Das war eine sehr verkürzte Darstellung und wird in der Klimawissenschaft heute so gar nicht mehr präsentiert.

Sind die Zahlen jetzt richtig?

Die Zahlen des Deutschen Wetterdienst sind richtig und auch die Zahlen seit 1850. Da ist nichts gemogelt worden, etwa durch die manipulative Auswahl der Wetterstationen. Wir haben es mit einer Erwärmung zu tun, die seit etwa 1970 auch beschleunigt abläuft.

Und die zweite Frage lautet?

Ob dies Schwankungen sind, wie wir sie im Rahmen des normalen Klimageschehens erwarten könnten. Dabei stellen wir fest, dass die 30-jährigen Trends der Temperatur stärker nach oben zeigen als natürliche Schwankungen.

Dabei werden gemittelte Temperaturen über 30 Jahre verglichen.

Ja, aber dabei geht es nicht um die Temperatur, sondern um die Temperaturänderung. Dies geschieht schneller, als wir es aufgrund natürlicher Vorgänge erwarten sollten. Das heißt, wir müssen es mit etwas erklären, das nicht normal ist in diesem System. Wenn wir nicht als wesentlichen Faktor die Treibhausgase hinzunehmen, kriegen wir das nicht hin.

Klimaskeptiker sagen, die Temperaturänderung sei auf eine veränderte Aktivität der Sonne zurückzuführen.

Bild: dpa
Im Interview: Hans von Storch

69, Klimaforscher und Meteorologe, Professor am Institut für Meteorologie der Uni Hamburg und er hat das Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht geleitet. In seiner Freizeit erforscht er die Welt von Donald Duck.

Das können sie ja gerne sagen, findet in der Wissenschaft aber kaum Unterstützung. Mit der Sonne kann ich insbesondere den Ablauf dieser Erwärmung nicht alleine erklären.

Die Klimaskeptiker behaupten gleichwohl, es handele sich um eine Ideologie und es laste ein großer sozialer Druck auf den Wissenschaftlern, die Verantwortung beim Menschen zu sehen.

Ich will gar nicht bezweifeln, dass es teilweise so ist. Dieser Druck kann auch selbstgemacht sein, weil man eben nicht trennt zwischen der naturwissenschaftlichen Aussage und den befürchteten Folgen.

Das Klima hat sich ja immer mal wieder geändert.

Aber nicht in der Geschwindigkeit. Und wenn es schnell geht, sind die ökologischen und gesellschaftlichen Systeme darauf nicht eingerichtet und es knirscht.

Selbst wenn man einräumt, dass die Dynamik das Problem ist, können wir doch froh sein, dass wir nicht in einer Kaltzeit leben, oder?

Wenn wir 10.000 Jahre früher leben würden, hätte sich unsere Zivilisation in anderen Gebieten ausgeprägt. Die Phase, in der wir jetzt leben, ist nicht per se besonders gut, sie ist deshalb optimal, weil wir gut angepasst sind.

Sie sagen, es wird nicht reichen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sondern wir müssen uns auch Techniken überlegen, das CO2 irgendwie wieder einzufangen.

Das habe ich anders gesagt: Wenn wir das Ziel von 1,5 Grad Temperaturerhöhung erreichen wollen, dann müssen wir so handeln. Ich habe nicht impliziert, dass wir dieses Ziel erreichen müssen. Dazwischen steht ein Konditionalis. Von interessierter Seite wird immer so getan, als würde die Wissenschaft sagen: Ihr müsst die Emissionen so und so reduzieren. Es ist aber die Gesellschaft, die maximal anderthalb oder zwei Grad Erwärmung will. Wenn man dieses gesellschaftlich definierte Ziel erreichen möchte, dann muss man die Emissionen entsprechend steuern.

Wie stellen Sie sich das vor?

Alle Szenarien, die dieses Ziel erreichbar scheinen lassen, gehen davon aus, dass wir ab 2060 negative Emissionen haben. Das heißt, wir entziehen der Atmosphäre aktiv CO2, Methan und ähnliches. Im Rahmen unseres bisherigen Wissens ist das die einzige Möglichkeit, das Ziel zu erreichen. Bisher leisten das die Wälder – das reicht aber nicht.

Das heißt, wir müssten auf Techniken wie die Speicherung von CO2 unter der Erde zurückgreifen?

Ja, obwohl das ja nur die jetzigen Emissionen vermindert. Bei negativen Emissionen geht es darum, Emissionen der Vergangenheit aus der Atmosphäre zu nehmen.

Gibt es dafür schon Ansätze?

Das gibt es in kleinem Maßstab. Am Ende müsste das aber großtechnisch umgesetzt werden. Ob das gesellschaftlich akzeptiert würde, daran habe ich erhebliche Zweifel.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Leider lässt der Schluss und die Begründung für CO2 Filter: "Bisher leisten das die Wälder – das reicht aber nicht." erkennen, dass auch Klimaforscher Technologiegläubige sein können. Als gäbe es keine Gründe, weshalb und wofür die Wälder verschwinden.

    Bauen wir doch zusätzlich zu den CO2 Filter Fabriken noch Sauerstofffabriken auf den verschwindenden Waldflächen! Es wären todsichere Investments mit enormen Renditepotential! Nichts muss sich am ökonomischen Status quo verändern, denn der Kapitalismus ist nicht das Problem! Der Planet ist nur zu blöd, um das zu kapieren!

    Hunderte Milliarden Euro/Dollar sind und werden für eine "Elektrische Zukunft" versprochen, mit der Begründung Klimaschutz. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert für diese "Elektrische Zukunft" eine CO2 Einsparung von lediglich 2 Millionen Tonnen!







    www.iea.org/media/...8-Presentation.pdf

    Milliardenschwere Wirtschaftsförderung zur Erhöhung der CO2 Emissionen, die doch nach Kyoto, Paris...und kürzlich dem in Kattowitz beschlossenen Regelwerk "nachprüfbar" reduziert werden sollen. "2040 Null Emissionen" aber bis dahin hauen wir noch mal ordentlich was raus, für neue Industrien parallel zu den alten!

    Ist es nur die Angst vor Reputationsverlust, die die Wissenschaftler und Journalisten treibt? Oder ist es die Angst gegen den Strom zu schwimmen, und wird deshalb lieber weiter die Illusion verkündet, dass wir dank Technologie auch in Zukunft duschen können, ohne nass zu werden?

  • Als jemand, der beruflich mit der Erhebung und Verarbeitung von physikalischen Meßdaten zu tun hat frage ich mich schon, wie diese Leute arbeiten.



    Das werden zum einen Daten von 1850 wichtig genommen, obwohl heute niemand sagen kann, wie geanu die damaligen Meßmittel und Prüfprozesse waren.



    Daten von 1990 bis 2010 werden dagegen einfach weggewischt, wenn sie nicht der Ideologie entsprechen.



    Auch die Bemerkung, daß die Wälder nicht ausreichend CO2 speichern können ist doch Nonsens. Statt über unausgegorene technische Konzepte nachzudenken muß die Abholzung von Wäldern endlich beendet werden, dazu noch umfangreiche Aufforstungsprogramme wo schon abgeholzt wurde. Und damit meine ich richtige Wälder und keine Palmölplantagen. Diese nahmen übrigens auch überhand, als man glaubte, mit der Beimischung von Bioöl etwas gegen die Erderwärmung zu tun.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Schuppen-Sommer"???