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Klimaforscher Grimalda reist ohne FlugZurück in der schnellen Welt

Wer Flugscham ernst nimmt, muss mit Konsequenzen rechnen. Forscher Gianluca Grimalda verlor deshalb seinen Job. Hier erzählt er, wie er nun reist.

Fix Reisen mit großem Gepäck: Gianluca Grimalda vorm Schnellzug in Luang Prabang in Laos Foto: privat

Der Wissenschaftler Gianluca Grimalda, 51, will nicht mehr fliegen – fürs Klima. Weil er deshalb nicht rechtzeitig von einer Forschungsreise in Papua Neuguinea zurückkam, feuerte ihn das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Die taz begleitet ihn auf seiner Reise per Schiff, Bus und Bahn zurück.

Seit ich Singapur erreicht habe, kann ich immer schneller reisen. Fähren werden zu Bussen, Busse werden zu alten Waggons und alte Waggons werden zu Schnellzügen. Vor fünf Jahren brauchte ich für die Strecke zwischen Luang Prabang in Laos und der Stadt Kunming in China noch zwei Tage mit dem Bus. Heute dauert die Reise dank eines modernen Schnellzugs nur elf Stunden.

Meine Heimreise nach Europa ist auch eine Rückkehr in die voll motorisierte Welt. Auf der Insel Bougainville in Papua-Neuguinea hatte das Leben einen ruhigen Rhythmus, in vielen Dörfern hörte ich tagelang keine Autos. Als ich dann in Bangkok in ein Hotelzimmer kam, in dem man die Fenster nicht öffnen konnte, habe ich mich eingesperrt gefühlt. Die Betreiber hatten wohl Angst, dass jemand bei geöffnetem Fenster die Klimaanlage nutzt – und haben das Fenster gleich ganz versiegelt.

Dieselbe Enge kam auf, als ich in Indonesien ankam. Vor einigen Jahrzehnten dominierten hier Fahrräder das Stadtbild. Jetzt besitzt fast jeder einen Motorroller. Die Straßen sind laut, die Luft versmogt. Das Leben ist komfortabler geworden. Aber welchen Preis zahlen wir für unsere kollektive Abhängigkeit von fossiler Energie?

Während ich in Bangkok drei Tage lang auf mein Visum für China gewartet habe, fand gerade das Lichterfest Loy Krathong statt. Tausende von Thailändern lassen im Schein des Vollmonds kleine Körbe mit Kerzen in die Flüsse, um der Göttin des Wassers und dem Buddha Respekt zu zollen. Die Zeremonie wirkte wie aus der Zeit gefallen. Sie hat mich berührt. Doch direkt neben dem Fluss ziehen Investoren Wolkenkratzer in die Höhe, obwohl Bangkok bis zu zwei Zentimeter im Jahr absinkt und die Weltbank warnt, dass bereits 2030 40 Prozent der Stadt überschwemmt sein könnten.

Über 8.000 Kilometer trennen mich noch von Mailand, von meiner Mutter und meinem Vater. Bis auf einmal habe ich in meinen 51 Jahren bisher jedes Weihnachtsfest mit ihnen verbracht. Dank der chinesischen Schnellzüge habe ich Hoffnung, dass ich es auch dieses Jahr rechtzeitig zu ihnen schaffe.

Protokoll: Mitsuo Iwamoto

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10 Kommentare

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  • Wie schlagen eigentlich die Aufenthalte wegen der Emissionen zu Buche? Ich verstehe, dass eine durchgehende Zugfahrt von Singapur nach Italien weniger CO2 benötigt als ein Flug. Aber wenn man für die Ganzen Übernachtungen usw. noch Unterkünfte bereit halten muss, die bei einem Flug entfallen, lohnt es sich dann immer noch? Auf die Schnelle habe ich dazu keine Antwort im Netz gefunden.

    • @Peter Rabe:

      Laut Green Line Hotels verursacht eine Übernachtung durchschnittlich 33 kg CO2eq. In weniger luxuriösen Unterkünften wären das sicher etwas weniger. Das sollte also für einige Übernachtungen reichen, der Flug hätte mindestens 3000kg CO2eq verursacht. Wenn man ehrlich ist, geht es aber auch mehr um Symbolik als um eine tatsächliche Einsparung. Finde ich aber gut, dass er es konsequent durchzieht :)

  • Ist das Schiff von Papua-Neuguinea so viel besser als ein Flug nach Singapur?



    Die Zugreise danach natürlich schon.



    Problematisch ist die Querung Russlands und die Grenze zur EU. Vielleicht geht es von Chinas Westen über Kasachstan und die Türkei in die Heimat.

  • Um irgendetwas Positives aus diesem Fall zu ziehen, könnte das IFW das „eingesparte“ Gehalt von Gianluca in Forschung investieren, um non- fossile Energien weiterzuentwickeln.



    Wahrscheinlich ist es langfristig sowieso sinnvoller Ressourcen in die Lösungsforschung zu investieren, als zu viel Geld in die Forschung zu investieren, die uns primär aufzeigt, dass es CO2 mäßig so nicht weitergeht.

  • Meine Sympathien hat er,



    doch wär‘s viel spannender zu sehen und mitzuerleben, wenn auch die Konzern-Manager, die Fußballer und Weltklasse-Sportler und vor allem Taylor Swift, Madonna, Shakira und die anderen gehypten Stars und Sternchen des Showbusiness mal mit gutem Beispiel voran gingen und es ihm gleich täten.



    So ein Knall wär mal ein mutiger Aufmerksamkeitserreger, doch fürchte ich, Habgier schließt dies aus, und vor allem: gern jeder zu Fuß und so, auf den es nicht so ankommt, aber meine Lieblinge doch nicht, die dürfen alles!

  • Und selbstverständlich findet er weiterhin, wie am Anfang der Reise angekündigt, die Zeit und Ruhe täglich mindestens 8 Stunden in die Aufarbeitung seines Forschungsprojekts zu stecken. Zumindest lesen wir ja nichts Gegenteiliges.

  • Wie möchte er denn von China nach Hause kommen? Dazwischen liegen viele Länder die auf -stan enden die er durchkreutzen muß, wenn er Russland vermeiden möchte. Wieviel Züge gibt es da und in welche Richtung fahren diese? Oder muß er die Reise dann mit Bussen fortsetzen? Und dann? Kaspisches Meer, Kaukasus. Ist er erst einmal in der Türkei wird es einfacher und ab Istanbul kann man mit dem Zug bis nach Italien fahren - mit einigen Umstiegen sicherlich.

    • @Lars B.:

      Russland ist wohl nicht zu vermeiden. Selbst wenn man erst durch Zentralasien reist.



      -Der Flieger wäre aber wohl auch über den Iran geflogen; ich weiß nicht ob das so viel besser wäre.

      • @Ruhrpott-ler:

        Russland kann man sehr wohl vermeiden. Durch Zentralasien, in Kasachstan oder Turkmenistan über das Kaspische Meer in den Kaukasus nach Aserbaidschan oder aber in den Iran.

  • Interessante Reiseroute: von Bougainville über Indonesien nach Singapur fand ich logisch. Singapur hat einen der gößten Häfen der Welt, ich dachte, von da geht es per Schiff nach Europa, durch den Suezkanal nach Italien. Jetzt geht es auf der Landkarte rückwärts nach China. Vor zwei Jahren wäre es dann bequem von China nach Sibirien und dann mit der transsibirischen Eisenbahn bis Moskau gegangen. Aber jetzt? Wenn er nicht über Russland reisen will oder kann, bliebe noch Kasachstan, Kirgistan oder Tadschikistan als nächstes, dann zum kaspischen Meer, schwarzes Meer und dann über die Türkei zum Mittelmeer. Ich lass mich mal überraschen.