Klimabürger:innenrat startet: Eine Auswahl fürs bessere Klima
Genau 100 BerlinerInnen erhalten die Chance, in einem temporären Klimabürger:innenrat Empfehlungen für die Politik zu erarbeiten.
Sie – ja, Sie, liebeR LeserIn! – könnten in den nächsten Tagen gebeten werden, an einer besseren Zukunft für uns alle mitzuwirken. Es ist zwar rechnerisch höchst unwahrscheinlich, dass Sie eines von 2.800 Einladungsschreiben für den Berliner Klimabürger:innenrat in Ihrem Briefkasten finden, aber Sie haben dieselbe Chance wie alle anderen im Melderegister Eingetragenen. Denn wer angefragt wird, bestimmt allein der Zufallsgenerator.
Das Gremium, das seine Arbeit im April aufnimmt und Ende Juni Empfehlungen an die Politik aussprechen soll, ist Teil des rot-grün-roten Koalitionsvertrags und des 100-Tage-Programms des Senats. Am Mittwoch stellte Klimaschutzsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) es vor. Angeregt hatte den Rat die Gruppe „Klimaneustart Berlin“ – bzw. mehr als 32.000 Menschen, die für deren Volksinitiative unterschrieben hatten.
Erfahrungsgemäß liege der Rücklauf solcher Einladungen bei weniger als 10 Prozent, sagte Christine von Blanckenburg, Projektleiterin beim Beteiligungsinstitut Nexus, das die Arbeit des Rats begleiten wird. Trotzdem muss für die 100 Mitglieder, die die ganze Breite der Stadtgesellschaft repräsentieren sollen, noch einmal gesiebt werden. Das geschieht mit einem Algorithmus, der Kriterien wie Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss, Wohnbezirk und Migrationserfahrung einbezieht.
Weil bekannt ist, dass sich Menschen mit niedrigem Bildungsgrad oder aus einer anderen benachteiligten Gruppe scheuen, auf solche Einladungen überhaupt zu reagieren, soll ein Teil der 2.800 Personen übrigens direkt angesprochen werden, an der Haustür oder telefonisch. Dazu bediene man sich der Daten aus dem Berliner Sozialatlas, erklärte Blanckenburg.
Jarasch sagte, sie sei „gespannt auf die Debatten im Klimabürger:innenrat und besonders auf die konkreten Empfehlungen“. Die seien zwar nicht bindend, aber Senat und Parlament müssten sich mit ihnen auseinandersetzen. Bei den Beratungen selbst habe die Politik „die Rolle einer Zuhörerin“, so die Senatorin.
Expertise bei den Kosten
Konkret geht es auf den neun Sitzungen – die meisten davon virtuell – um Alltagsszenarien aus den Handlungsfeldern der Klimapolitik, wie Blanckenburg erläuterte: Verkehr, Energie, Gebäude, aber auch privater Konsum. „Da wird es auch viel um Kosten gehen“, so die Projektleiterin, „denn da haben die Bürger eine ganz besondere Expertise.“ Bei den Beratungen in der großen Runde kann die Öffentlichkeit zuhören, nur Kleingruppenarbeit soll in geschützten Räumen stattfinden.
Ohne wissenschaftliche Beratung klappt das natürlich nicht, schon um die Verbreitung von „Fake News“ zu unterbinden, so Ortwin Renn vom Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), das dem Rat zur Seite stehen wird. Allerdings gebe es auch im Rahmen der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse genügend Ungewissheiten und verschiedene Blickwinkel, über die debattiert werden könne: „Die Wissenschaft kann nicht sagen, was wünschenswert ist – sie kann nur sagen, was passiert, wenn man etwas Bestimmtes tut oder unterlässt“, so Renn.
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