Klimaanpassung in Hamburg und Bremen: Hitzeaktionsplan verschwitzt
Hamburg und Bremen arbeiten an Konzepten, um mit den heißeren Sommern zu Rande zu kommen. Damit sind die Großstädte schon Jahre zu spät dran.

Bereits 2017 haben Bund und Länder eine Empfehlung zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen herausgegeben. Darin wird zu Hitzewarnsystemen, frei zugänglichen Trinkwasserstellen sowie schattigen Orten geraten. Sieben Jahre und einige Hitzewellen später gibt es einen fertigen Plan in Hamburg und Bremen immer noch nicht.
Stattdessen geben die beiden Städte im Internet Tipps heraus, wie man sich bei Hitze verhalten sollte. Dazu zählt, in der Mittagshitze keinen Sport zu treiben. In Hamburg wurde zudem ein Infotelefon für Sommerhitze eingeführt.
Einige Bevölkerungsgruppen sind besonders gefährdet, wie Birgit Wulff, Vizepräsidentin der Hamburger Ärztekammer, erläutert: „Der Ausgleichsmechanismus des Körpers bei Hitze funktioniert bei älteren Menschen oft nicht mehr so gut; aber auch kleinere Kinder, im Freien arbeitende Menschen, wohnungslose Menschen und Vorerkrankte sind gefährdet.“
Wohnungslose besonders gefährdet
Mit einem bundesweiten Hitzeaktionstag hatte die Bundesärztekammer am 14. Juni auf die gesundheitlichen Folgen von Hitze aufmerksam gemacht und rascheres Handeln beim Hitzeschutz verlangt.
Auch die Hamburger Regierungsfraktionen der SPD und der Grünen haben vor gut einem Monat die Stadt aufgefordert, schneller an der Umsetzung eines Hitzeaktionsplans zu arbeiten. „Hier wird es besonders darum gehen, vulnerable Gruppen zu schützen“, heißt es in dem Antrag an die Bürgerschaft.
Insbesondere wohnungslose Menschen sind bei hohen Temperaturen einem hohen Risiko ausgesetzt. „Sie haben kaum Möglichkeiten, sich vor der Hitze zu schützen; es fehlt an Sonnenschutzcreme, Kopfbedeckungen“, sagt Gülay Ulas von der gemeinnützigen Organisation „Go Banyo“, die einen Bus betreibt, in dem obdachlose Menschen kostenlos duschen können.
Wie Ulas berichtet, vertreiben Sicherheitsmitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) sowie die Polizei immer wieder wohnungslose Menschen aus schattigen und zugigen Bahnhöfen. Außerdem gebe zu wenig Tagesaufenthaltsstätten, die genutzt werden können. In Hamburg gibt es aktuell 13 Aufenthaltsstätten, in Bremen sind es vier.
Ein weiterer wunder Punkt ist die Trinkwasserversorgung von wohnungslosen Menschen. „Unsere Duschgäste haben bei ihrer Ankunft am Duschbus bei hohen Temperaturen massive Kreislaufprobleme und sind zum großen Teil dehydriert, weil es zu wenig Wasserausgabestellen oder öffentliche Trinkwasserbrunnen gibt“, kritisiert Ulas.
Plan soll erst 2024 kommen
In Hamburg stehen aktuell fünf frei zugängliche Brunnen, die von dem städtischen Versorger Hamburg Wasser betrieben werden. Laut der Hamburger Umweltbehörde ist ein weiterer Brunnen im Bezirk Harburg geplant. Zudem verweist die Behörde auch auf die über 40 Trinkwasserbrunnen an öffentlichen Toiletten.
Die Stadt Hamburg hat für die Bevölkerung eine Liste mit kühlen Orten im Sommer veröffentlicht. Demnach könnten Menschen ja zum „Eismeer“ im Tierpark Hagenbeck gehen, um sich abzukühlen. Der kostet allerdings 29 Euro Eintritt. Hamburger*innen könnten sich auch in der U-Bahn-Station Jungfernstieg abkühlen. Längere Aufenthalte dort sind aber, trotz Fahrkarte, verboten.
Der Hitzeaktionsplan könnte dafür sorgen, dass mehr kühle Orte frei zugänglich gemacht und Bahnhöfe und Kirchen als Zufluchtsort vor der Hitze für wohnungslose Menschen geöffnet werden. An dem Plan arbeitet der rot-grüne Hamburger Senat seit Beginn dieses Jahres. Laut Sozialbehörde soll dieser aber frühestens Mitte 2024 fertig werden. Die Maßnahmen seien sehr umfangreich und bedürften einer ausgewogenen fachlichen Begleitung, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
In Bremen rechnet der Senat hingegen damit, dass der Hitzeaktionsplan Ende des laufenden Jahres fertiggestellt wird, sodass 2024 mit der Umsetzung begonnen werden kann. Das geht aus einer Pressemitteilung des Senats hervor.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links