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Kleiner Parteitag der SPD„Kein Formelkompromiss“

Die SPD legt sich auf ein Konzept für eine solidarische Altersversorgung im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 fest. Eine Solidarrente von 850 Euro ist dabei eingeplant.

Sigmar Gabriel (rechts) findet, seine Partei habe „als einzige“ ein schlüssiges Rentenkonzept vorgelegt. Findet Kollege Steinbrück (links) übrigens auch. Bild: dpa

BERLIN dapd | Die SPD zieht mit der Forderung nach einer solidarischen Altersversorgung in die Bundestagswahl 2013. Ein kleiner Parteitag beschloss das Konzept am Samstag einstimmig bei nur vier Enthaltungen. Danach soll es künftig möglich sein, nach 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei in Rente zu gehen. Ferner ist eine Solidarrente von 850 Euro geplant, um Altersarmut zu bekämpfen.

Die bisherige Rentenformel will die Partei nicht ändern, im Jahr 2020 sollen aber die Beitragssätze und das Rentenniveau überprüft werden. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bezifferte die Gesamtkosten der Pläne bis 2030 auf 16 Milliarden Euro.

Seine Partei habe damit „als einzige“ ein schlüssiges Rentenkonzept vorgelegt, das Wirtschaft und Bildung mit dem Arbeitsmarkt verbinde, sagte Gabriel. Das Papier, mit dem die SPD einen jahrelangen internen Streit beendet, sei „bis in den letzten Ortsverein“ hinein diskutiert worden und „kein Formelkompromiss“, sagte der Parteichef.

Die Partei habe „nirgendwo eine Rolle rückwärts zur eigenen Regierungspolitik gemacht“, sich aber das „Alltagswissen“ der Menschen zu eigen gemacht. „Die SPD geht geschlossen in allen zentralen Fragen der Entwicklung Deutschlands und Europas in die Bundestagswahl“, betonte Gabriel.

„Wer über Altersarmut reden will, darf über Erwerbsarmut nicht schweigen“, fügte der Parteichef hinzu. Daher fordere seine Partei einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Außerdem will die SPD die betriebliche Altersvorsorge massiv unterstützen, die Ostrenten bis 2020 an das Westniveau angleichen und Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente verhindern. Die Rente mit 67 müsse so lange ausgesetzt werden, bis mindestens 50 Prozent der 60 bis 64-jährigen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Auch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte, die SPD habe ein „sehr überzeugendes“ Papier vorgelegt, die CDU/CSU verfüge dagegen über gar kein Konzept zur Bekämpfung der Altersarmut. Als „Lerneffekt“ aus den Exzessen der Finanzmärkte werde er im Wahlkampf für eine Politik werben, die „stärker auf das Gemeinwohl und den Zusammenhalt“ der Gesellschaft setze, sagte der frühere Bundesfinanzminister.

Die SPD werde die „Grundausrichtung der sozialen Marktwirtschaft“ in politische Konzepte gießen, kündigte Steinbrück an und berief sich dabei auch auf den früheren CDU-Kanzler Ludwig Erhard und den Liberalen Karl-Hermann Flach. Der Kanzlerkandidat, der wegen seiner Nebeneinkünfte als Bundestagsabgeordneter unter Druck geraten war, räumte ein, „schwierige Wochen“ hinter sich zu haben. Er werde aber „mit ausgezeichneter Kondition“ und „sehr selbstbewusst“ die Positionen der Sozialdemokraten im Wahlkampf vertreten. „Die SPD will gewinnen“, betonte Steinbrück

Auch die SPD-Linke Hilde Mattheis äußerte „große Zufriedenheit“ über das Konzept der Solidarrente: „Wir wollen, dass das Rentenniveau nicht weiter sinkt.“ Steinbrück werde auf dem Sonderparteitag der Sozialdemokraten am 9. Dezember in Hannover einen „Neustart“ hinlegen, zeigte sich Mattheis überzeugt. Steinbrück soll in Hannover offiziell zum Kanzlerkandidaten nominiert werden.

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13 Kommentare

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  • N
    Nordwind

    Eine wesentlich kritischere Betrachtung findet man hier: http://www.nachdenkseiten.de/?p=15244#more-15244

     

    Wir sollten uns von der Tu-als-ob-show der ?PD nicht schon wieder bluffen lassen.

  • D
    Doroina

    Frau fragt sich, in welcher Welt man(n) eigentlich leben muss, um diesen Vorschlag „Solidarrente“ zu nennen??

     

    Mal abgesehen davon, dass angesichts der Arbeitsrealität mit Phasen von Arbeitslosigkeit und „Zu-alt-Grenze“ bei 40 Jahren (spätestens) schon nicht mal mehr jeder Mann auf 45 Beitragsjahre kommt, geht dieses Konstrukt der „SPD-Solidarrente“ an der Realität von Frauen völlig vorbei.

     

    Egal, wie sich die Arbeitswelt für gut ausgebildete Frauen in den nächsten Jahrzehnten entwickeln mag: Fakt ist, dass viele heutige Rentnerinnen vor allem deshalb in Armut leben müssen, weil sie das Modell „Hausfrauenehe“ gelebt haben. Wer jetzt „Pech gehabt“ meint, der sei daran erinnert, dass bis 1977 Frauen laut § 1356 BGB Absatz 1 berechtigt waren, erwerbstätig zu sein, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist“. Basierend darauf brauchten Ehefrauen die Zustimmung ihres Ehemannes, wenn sie eine Erwerbsarbeit aufnehmen wollten. Und viele Jahre lang galten Mütter, die erwerbstätig waren, als Rabenmütter. Mal ganz abgesehen davon, dass Frauenarbeitsplätze teilweise bis heute dem „Zuverdienermodell“ entsprechen. Vom jüngst beschlossenen Betreuungsgeld gar nicht zu reden.

     

    Eine Partei, die ein Rentenkonstrukt basierend auf 45 Beitragsjahren favorisiert, entlarvt sich als Partei, die die Welt noch immer durch eine „Männerbrille“ sieht, wo nur Arbeit ist, was bezahlt wird (und Rentenbeiträge generiert). Kindererziehungsjahre zählen nicht dazu. Sie sind es aber, die Rentnerinnen arm machen. Ebenso wie schlechtere Bezahlung für Frauenerwerbsarbeit. Eine solche Partei ist keine für Frauen wählbare Partei. Da kann ihr Kanzlerkandidat „kuschelig“ oder rational sein, sich verbiegen oder nicht. Der Gipfel des männerherrlichen Zynismus ist, dies auch noch „Solidarrente“ zu nennen.

  • B
    Benedetto

    Für mich ist die Rentenhöhe von Peter Hartz aus seinen gesammelten Beitragsjahren bei VW und Schröder interessant. Oder das Verhältnis von Beitrags zeit zu Monatsrente des sozialdemokratischen EX-Kanzlers.

    Vorwärts SPD!

  • A
    aurorua

    An alle UNSOZIALDEMOKRATEN zum Nachrechnen!

     

    Berechnung für Alleinstehende:

     

    Bruttorente 850,- EURO minus Sozialversicherung ca. 10% gleich Nettorente 765,- EURO.

     

    Bei einer durchaus üblichen Warmmiete von 383,- EURO verbleiben 382,- EURO dies ist der Sozialhilfe Regelsatz ab 2013. Zusätzlich fallen bei dieser Warmmiete und höher alle Sozialleistungen wie GEZ-Befreiung, Ermäßigung für Bus, Bücherei usw. weg. Vielen wird es also schlechter gehen!

     

    Vielleicht sollten die Leser dieses Kommentars diese Aufrechnung kopieren und der Zentrale der UNSOZIALDEMOKRATEN zusenden, denn selber rechnen können die offenbar nicht. Sind ja nur ein paar Klicks und auf die Straße muss man deshalb auch nicht.

  • P
    peter

    hallo ostler!

    wenn Ihr den peer wählt und nicht den gregor dann habt ihr 2020 eine richtige rente.

    vorausgesezt der peer weiss das nach der wahl noch.

  • F
    Felix

    Erstaunlich wie negativ alle Leserkommentare ausfallen; hört sich einfach alles ziemlich jämmerlich an. Ich möchte noch einmal betonen: Änderungen gibt und gab es immer nur mit der SPD. Auch wenn dann diese Änderungen, so wie Teile der Hartz-Gesetze, nicht iimmer zum Wohle aller waren. Und während sich unsere Bundeskanzlerin rühmt die beste Regierung seit weiß Gott wann zu stellen, (an dieser Stelle darf gelacht werden)wird versucht sämtliche Ansätze von Rot/Grün zu torpedieren.

  • Y
    yberg

    a l m o s e n r e n t e

    solidarität geht anderst

     

    unter den sozis - kohl unterbrochen - hat sich der steueranteil der unternehmensgewinne am gesamtsteueraufkommen von über 35 % ende der 60er auf heute unter 20 % vermindert

     

    dazu hamn die verlogenen herrschaften eine unzahl steuervermeidungsfluchtwege geschaffen

     

    die steuern der besserverdienenden 150 t p.a. sind um 33% bis 50 % gesenkt worden.die knatter wird den arbeitnehmern in lohn und rente mit arbeitsplatzverlust abgedroht.

     

    und unsre solidar elite in spd und gewerkschaft will immer noch an den neoliberalen globalisierungs phrasen kleben bleiben

  • G
    Gunter

    Kein Wort von Hartz IV ? Abschaffen! Der Teufel soll sie holen mit ihren leeren Phrasen die Spezialdemokraten.

  • I
    inflexible

    So, und jetzt kommen wieder nicht nur hier die "SPD-halbes Herz"-Kommentare.

     

    Ich wähle aber keinen, der bei dem die Herz-und-Hirn-Relation nicht stimmt.

     

    Also, Forza alte Tante SPD! Aber ein bischen mehr Anrechung von Kindererziehungszeiten hätte es schon sein können. Wir rechnen gesellschaftlich unnützere Zeiten als kruder Investmentbanker oder innovativer Traumtänzerei an öffentlich subventioniertem Theater ja auch an.

  • JK
    Juergen K.

    LUUHHSA

     

    Looser

     

    Luser

     

    Lusa

     

    Lusah

  • HH
    Helmut Hesse

    Typisch SPD: man will ein wenig reformieren, ohne grundsätzlich zu werden! Wer kommt schon auf 45 Beitragsjahre, künftig wird es noch viel weniger Menschen gelingen, also werden nur Wenige in den Genuß dieser SPD-"Güte" kommen. Und 850,-€ Mindestrente: na toll, davon lebe man mal in einer deutschen Großstadt.

     

    Die Einnahmebasis der Rentenverversicherung zu erhöhen, indem darin a l l e einzahlen müssen, ohne Beitragsbemessungsgrenze, indem z.B. Kapitaleinkünfte, Mieteinnahmen etc. mit herangezogen werden: an solche Maßnahmen wollen die Sozis nicht ran, so wie sie auch die private Rentenversicherungsfarce nicht abschaffen wollen.

    Für mich werden sie mit diesen Beschlüssen kein bißchen wählbarer.

  • ES
    Erich Schlapphut

    “Solidarrente von 850 Euro ist dabei eingeplant.“

     

    Alles nur Wahlkrampf. Die Bedingungen um die Solidarrente werden dann nach der eventuell gewonnenen Wahl konkretisiert. Ergebnis wird sein, kaum ein Rentner wird die erhalten. Mit der Begründung, die finanzielle Lage gibt es nicht mehr her alls für die €- Rettung verbraucht. Wer H4 und die Rente mit 67 auf den Weg gebracht hat den kann man nicht trauen.

  • DB
    Dieter B.

    850 Euro, das ist der z.Zt. geltende, reine Sozialhilfesatz. Mehr nicht.

    Allerdings gilt der heute, genauer gesagt 2012.

     

    Wie hoch der Sozialhilfesatz 2020 sein wird, wissen wir nicht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit weitaus höher als heute.

     

    Schön das die SPD jetzt schon Einsparungen für die Zukunft plant.

     

    Augenwischerei für "tumbes Stimmvieh", mehr nicht.