Klassik für den Alltag: Demokratie bei Alban Berg

Die amerikanische Violinistin Clemency Burton-Hill hat einen Musikkalender erstellt. Wer ihn hört und liest, wird sinnbildlich entführt.

Musiker mit Violine während eines Konzerts

Immer wieder totgesagt, aber wahnsinnig lebendig ist die Klassische Musik Foto: picture alliance/dpa

Dass die Welt der klassischen Musik für die meisten eine recht exklusive Party ist, zu der sie nie eingeladen wurden, mit dieser Einschätzung dürfte Clemency Burton-Hill richtig liegen. Das zu ändern, klassische Musik zugänglich zu machen, ist die Absicht der New Yorker Radiomoderatorin und Journalistin, die als erfolgreiche Violinistin mit Daniel Barenboim auf Tournee war.

Ein Musikkalender mit einer täglichen Klassikempfehlung könnte eine eher langweilige als exklusive Party sein. Anders bei Burton-Hill. Der Titel „Ein Jahr voller Wunder. Klassische Musik für jeden Tag“ klingt zwar ein bisschen nach Klassikradio, wo man Walzer und Traumschiffhymnen liebt, ist aber anders. Und obwohl die Autorin ständig darauf hinweist, dass Musik Kommunikation bedeutet, und Klassik wie ein Yogaseminar anpreist, gibt es viel zu lernen und zu entdecken in ihrem Buch.

366 Stücke

366 Stücke hat sie ausgewählt und ihnen biografische Skizzen oder leichte musikhistorische Einordnungen zur Seite gestellt. So kriegt man einen guten Eindruck, wie sich Formen, Themen und Stile entwickelt haben oder was die KlassiDie amerikanische Violinistin Clemency Burton-Hill hat einen Musikkalender erstellt. Wer ihnk von der Romantik unterscheidet.

Clemency Burton-Hill: „Ein Jahr voller Wunder: Klassische Musik für jeden Tag“. Diogenes Verlag, Zürich 2020, 464 Seiten, 25 Euro

In Zeiten der ständigen Verfügbarkeit von Wissen und Musik im Netz grenzt es an ein Experiment, sich so konkret durch die Musikgeschichte leiten zu lassen. Lässt man sich darauf ein, erfährt man viel über die Demokratie in Bergs Reihentechnik, über die Größe und gleichzeitige Alltäglichkeit in Mozarts Konzerten für mehrere Solisten oder über die dämonischen Melodien in Robert Schumanns Kopf und darüber, wie bei Philip Glass Barock zur Minimal Music wird.

Und obwohl Burton-Hill nicht Alban Bergs Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“ ausgewählt hat, ein Werk, das mir noch nach dem fünfhundertsten Hören weiche Knie macht, ist das Buch eine schöne Entdeckung. Trotzdem: Hören Sie doch einmal, wie in Minute eins in Bergs Violinkonzert die Fagotte einsetzen. Diesen Moment werden Sie nie vergessen.

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