piwik no script img

Klage gegen Querdenken-PolizistUmstürzler „mit Herz und Hirn“

Die Polizei Hannover will einen Kollegen loswerden, der auf Querdenken-Demos spricht. Im Netz bekommt der Kommissar prominente Unterstützung.

War Einbruchsexperte bei der Polizei Hannover: Michael Fritsch Foto: Holger Hollemann/dpa

Hannover taz | Bei Telegram fantasiert er als selbst ernannter „Schutzmann mit Herz und Hirn“ vom bewaffneten Umsturz. Sein Arbeitgeber, die Polizei, möchte den 57-jährigen Kriminalhauptkommissar Michael Fritsch deshalb gern loswerden. Nach neun Monaten Ermittlungen hat die Polizei Hannover nun Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Fritsch soll den Beamtenstatus verlieren. Das Vertrauen zu dem Einbruchschutzspezialisten sei unwiederbringlich beschädigt, hieß es von einer Sprecherin der Polizeidirektion gegenüber dem NDR.

Fritsch ist seit August vergangenen Jahres freigestellt, nachdem er bei einer Querdenken-Demonstration sprach. Dort gab er sich als Polizeibeamter zu erkennen. Als solcher war er auch für ein Sicherheitsgutachten in der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover zuständig.

In der Telegram-Gruppe „Soldaten und Reservisten“ erklärte er in einer Sprachnachricht, es müsse sicher sein, dass, wenn die Regierung abgesetzt werde, die militärische Einheit die Kontrolle übernehme und mit der Polizei für Frieden auf den Straßen sorge. In Bildern gesprochen wolle er das „alte marode und morsche Gebäude abreißen, (…) damit wir was Neues aufbauen können“. Gegenüber der taz wollte sich Fritsch nicht äußern. Was das „Neue“ sei, werde er verkünden, wenn es so weit sei.

Prominenter Unterstützer

Prominente Online-Unterstützung erfährt Fritsch durch den emeritierten Professor der Leibniz-Uni Hannover, Stefan Homburg. In einem Tweet verteidigte der ehemalige Leiter des Finanzinstituts Fritsch und sagte, die Meinungsfreiheit werde beseitigt. „Es beginnt mit Existenzvernichtung und endet im Gulag“, sagt Homburg. Auf Kundgebungen unterhielten sich die beiden, das belegen Fotos.

Fritsch, dem 12.000 Menschen auf Telegram folgen, gilt als Vorredner der verschwörungsideologischen Szene. In Behördendeutsch ordnet er Polizeieinsätze bei Großdemos ein, um seine Fol­lo­wer*­in­nen mit seiner vermeintlichen Expertise zu begeistern. Fritsch gibt sich proletarisch bürgernah – ist meist im weit aufgeknöpften Camp-David-Hemd und mit Goldkette unterwegs. Er will für die Partei „Die Basis“ in den Bundestag einziehen.

Ob Fritsch trotz seiner Äußerungen seinen Beamtenstatus behalten darf, muss nun das Verwaltungsgericht entscheiden. Einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ein Wort: unerträglich!

  • Ein Beamter, der von der "Absetzung seiner Regierung" fabuliert, macht aus meiner Sicht seinem Arbeitgeber deutlich, was er von ihm hält.

    Dass der Arbeitgeber sich nun über seine Beamtentreue so seine Gedanken macht und daraus Konsequenzen ziehen will, halte ich durchaus für nachvollziehbar.

    Vielleicht kann der Beamte ja bei der "Basis" sein Wissen sinnvoll einbringen.

  • Das zieht sich jetzt erstmal in die Länge - „mit Herz und Hirn“.