Kita-Krise in Berlin: 113 Zwerge rausgeschmissen
Nachdem eine private Kita 113 Kinder gekündigt hat, verspricht der Senat schnelle Hilfe. Eltern berichten von unhaltbaren Zuständen.
Bezirk und Senatsverwaltung arbeiteten gerade mit Hochdruck an einer „Auffanglösung für die betroffenen Kinder“, hieß es am Freitag. Ziel sei es, möglichst viele Plätze zu erhalten oder eine andere Betreuung der Kinder sicherzustellen. Dieser Fall sei in seiner Dimension einmalig in Berlin. „Dass ein Träger so vorgeht, hatten wir noch nicht“, teilte Iris Brennberger, Sprecherin der Bildungsverwaltung, mit. Man könne bei über 1.300 Kita-Trägern aber nicht ausschließen, dass einer scheitere.
Der Senat prüfe nun Unterbringungsmöglichkeiten bei anderen Trägern, die Vermittlung von Personal sowie die Übernahme eines Teils der Einrichtung durch einen anderen Träger. Selbst die Kosten einer privaten Betreuung könnten übernommen werden.
Im Oktober hätten Eltern erstmals Hinweise auf die Schieflage gegeben; daraufhin vom Träger eingeleitete Maßnahmen scheiterten laut Senat. Im Januar hätten erneut viele Erzieher*innen gekündigt. Daraufhin gab der Betreiber der Verwaltung Bescheid, dass er Verträge kündigen wolle, so Brennberger.
Nasse Kleidung, kein Windelwechseln
Eltern berichteten von einer extremen Personalsituation, Kündigungswellen, langen Krankmeldungen und einer überforderten Leitung. Im Tagesspiegel beschreibt ein Elternteil, dass Windeln teilweise nicht gewechselt worden seien und Kinder in nasser Kleidung nicht umgezogen wurden.
Der private Betreiber Rahn Education mit Sitz in Leipzig hat den Fachkräftemangel im Erzieher*innenberuf für den „harten Einschnitt“ verantwortlich gemacht. In Berlin sei es „derzeit kaum möglich, ausgebildetes Fachpersonal und Leitungspersonal zu finden“, so der Träger in einer Stellungnahme. Auch die Geschäftsführung sei für die Situation verantwortlich. Teilweise sei von 36 Erzieher*innen nur die Hälfte vor Ort gewesen. Die Einrichtung hatte sich gerade erst mit einem Anbau vergrößert.
Ronny Fehler, GEW Berlin
Das von Eltern iniitierte Bündnis „Kitakrise Berlin“ machte am Freitag erneut auf die schwierige Situation im Erzieher*innenberuf aufmerksam. Ann-Mirja Böhm vom Bündnis sagte: „Erzieher müssen einfach mehr Kohle bekommen. Dann wollen mehr Menschen diesen Job machen und die Qualität steigt.“
Erst am Dienstag hatten Erzieher*innen nach einem Aufruf der Gewerkschaft GEW gestreikt. Die sieht die Verantwortung sowohl beim Betreiber als auch beim Senat. Die Kita-Aufsicht habe nicht genug Kapazitäten, um zu überprüfen, ob überall arbeitsrechtliche Standards eingehalten würden. „Viele freie Träger sind Blackboxes“, so Ronny Fehler von der GEW.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen