Kirsten Kappert-Gonther: Durchsetzungsstark und freundlich

Die Bremer Bundestagsabgeordnete will zusammen mit Cem Özdemir die Grünen-Fraktion führen. Sie ist beliebt, Özdemir weniger.

Kirsten Kappert-Gonther

Überzeugte Linksgrüne: Kirsten Kappert-Gonther Foto: dpa

Zu wenig Selbstbewusstsein hat Kirsten Kappert-Gonther jedenfalls nicht. „Kirsten … wer?“, fragten sich Berichterstatter, als öffentlich wurde, dass sie mit Cem Özdemir für den Fraktionsvorsitz der Grünen kandidiert. Die wenig bekannte Abgeordnete aus Bremen sitzt schließlich seit gerade mal zwei Jahren im Bundestag. Ihre Bewerbung zeuge von „großer Chuzpe“, sagen ParteifreundInnen. Ungläubig klingen sie, aber auch respektvoll.

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass Kappert-Gonther schnell zugreift, wenn sich eine Chance auftut. Sie war es, die die prominente Bremer Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck beiseiteschob. Ende 2012, da saß Kappert-Gonther gerade mal ein gutes Jahr in der Bremischen Bürgerschaft, machte sie Beck die Kandidatur für den Bundestag streitig – und unterlag in der Abstimmung nur knapp.

Vier Jahre später trat sie wieder an. Und die routinierte Beck zog sich frustriert zurück, weil sie sich keine Chance mehr gegen Kappert-Gonther ausrechnete, die in der Zwischenzeit fleißig genetzwerkt hatte. Erkenntnis Nummer eins: Kappert-Gonther kann sich durchsetzen.

Erkenntnis Nummer zwei: Die Frau mit Doktortitel hatte ein Leben vor der Politik – und verfügt durchaus über Führungserfahrung. Die 52-Jährige arbeitete lange als Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie leitete laut eigener Auskunft eine Rehabilitationseinrichtung für psychisch Kranke, eine psychiatrische Ambulanz und zwischen 2005 und 2017 ihre eigene Praxis für Psychotherapie. 2011 stieg sie in die Bremische Bürgerschaft ein; 2017 wechselte sie in die Fraktion nach Berlin. Wo sie – nicht ungewöhnlich für Neulinge – mit Nischenthemen betraut wurde, der Drogenpolitik und der Gesundheitsförderung.

Kappert-Gonther ist, das wäre Erkenntnis Nummer drei, eine überzeugte Linksgrüne. Der erste Satz auf ihrer Homepage lautet: „Ich bin davon überzeugt, dass es unsere wichtigste politische Aufgabe ist, in Verteilungsfragen für mehr Gerechtigkeit zu sorgen – innerhalb Deutschlands und weltweit.“ Verteilungsfragen als Schwerpunkt? Das würde in der Ökopartei nicht jeder unterschreiben, auf keinen Fall aber der Realo Özdemir, mit dem sie nun ein Team für die Fraktionsspitze bildet. Als es nach der Wahl in Bremen darum ging, ob die Grünen ein Jamaika-Bündnis oder Rot-Rot-Grün unterstützen sollten, machte sie sich für das Linksbündnis stark. So kam es dann auch.

Ihre BundestagskollegInnen schildern Kappert-Gonther als freundlich und inhaltlich versiert. Auch in Bremen hört man Gutes über sie. „Kirsten hat ein großes Talent, auf Menschen einzugehen und sie mitzunehmen“, sagt der Bremer Abgeordnete Ralph Saxe, ein langjähriger Wegbegleiter. Kappert-Gonther bleibe immer freundlich, sei aber sehr hartnäckig. Und sie habe immer die Dimension Gerechtigkeit im Fokus. Vielleicht, so viel zu Erkenntnis Nummer vier, wird ihr all das nichts nützen. Bei einem Treffen signalisierten ihr Abgeordnete des linken Flügels, dass sie von ihnen keine Unterstützung zu erwarten habe. „Mit Cem“, so das Argument, gehe es nicht.

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