Kinotipps der Woche: Meer Spezial

Guy Maddin erzählt von einem U-Boot mit Explosionsgefahr und Pieter-Rim de Kroon dokumentiert die Begegnungen von Natur und Kultur.

Szene aus „Der Atem des Meeres“: alter Mann auf einer Draisine im Wattenmeer

An der Schnittstelle von Natur und Kultur: „Der Atem des Meeres“ Foto: Windmill Film

Mit seinen experimentell-surrealen, dabei stets sehr persönlichen Filmen um erotisches Verlangen, dominante Mütter und verborgene Wünsche gehört der Kanadier Guy Maddin zu den originellsten Regisseuren unserer Zeit.

Konsequent entlehnt der Regisseur die Erzählstrukturen und die Ästhetik seiner (alb-)traumgleichen, mit Witz ins Unterbewusste vordringenden Werke dem expressionistischen Stummfilm und dem Hollywood-Melodram, arbeitet mit den Texturen vergangener filmischer Epochen, um sie zu etwas völlig Neuem zusammenzusetzen.

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

So auch in seinem in Ko-Regie mit Evan Johnson entstandenen Film „The Forbidden Room“ (2015), für den er sich von – realen und erdachten – Skripten verschollener Stummfilme hat inspirieren lassen. Im Gewand einer schlecht erhaltenen Filmkopie wird hier eine nicht-stringente Geschichte erzählt, die ihren Ausgangspunkt bei einem U-Boot mit Explosionsgefahr nimmt.

Dessen Mannschaft versucht, zur Kajüte des Kapitäns vorzudringen, und öffnet dabei verschiedene Luken, hinter denen sich immer wieder neue Figuren und Geschehnisse verbergen. Figuren, Orte und Handlungen greifen ineinander, viele der Schauspieler verkörpern gleich mehrere Rollen. Zu sehen ist „The Forbidden Room“ im Rahmen der vom Kino Arsenal kuratierten Filmreihe „21 Archives“ im HKW (OmU, 6. 8., 22 Uhr, HKW Open Air).

Teil 2 des heutigen Meeres-Specials: Ganz ohne U-Boot kommt der niederländische Dokumentarfilm „Der Atem des Meeres“ aus, denn im Wattenmeer kann man damit einfach nicht tief genug tauchen. Nichtsdestotrotz: Der Wind heult, die Wellen rauschen und die Seevögel kreischen in dieser Landschaft mit dem weiten Horizont und den düster dräuenden Wolken.

Doch wie in allen Filmen des Regisseurs Pieter-Rim de Kroon geht es nicht allein um die Natur, sondern um ihre Schnittstelle mit der Kultur. Und so stehen auch hier die Bilder der Watt-Fauna einträchtig neben jenen der Beschäftigungen regionaler menschlicher Bewohner.

Eine Forscherin besendert Zugvögel, Kinder spielen mit Quallen im Sand, ein Kampfjetpilot beballert Übungsziele. Und auch der Mond kommt noch ganz groß ins Bild – schließlich verdanken wir ihm und seiner Anziehungskraft diese sehr spezielle Landschaft (5. 8., 16.15 Uhr, 10. 8., 14 Uhr, Bundesplatz-Kino; 7. 8., 16.30 Uhr, fsk; 9. 8.-10. 8., 15 Uhr, Filmkunst 66).

Und was passt besser zu alledem als der wundervolle irische Trickfilm „Die Melodie des Meeres“ (2014) von Tomm Moore, der wie kein anderer Regisseur in Europa den Ideen des japanischen Animationsgroßmeisters Hayao Miyazaki nahekommt. Denn auch Moore beschäftigt sich mit den Mythen seiner Heimat und übersetzt traumähnliche Fantasy-Geschichten in universell verstehbare Erzählungen um die wichtigsten menschlichen Gefühle.

Die Natur spielt dabei eine wichtige Rolle, sie ist von Waldgeistern, Fabelwesen und Hexen bevölkert, die vielleicht anfangs böse scheinen, es aber nicht sind. Verschwinden sie, bleibt die Natur zerstört und arm zurück – und mit ihr auch das Gefühlsleben der Menschen.

Die Melodie des Meeres“ handelt von sogenannten Selkies: Fabelwesen, die an Land eine Frau, im Wasser jedoch ein Seehund sind. Auch die kleine Saoirse ist so eine Selkie, in deren Hand plötzlich die Rettung aller Feenwesen liegt, die von einer Eulenhexe bedroht sind (7. 8., 16.30 Uhr, FLK Hasenheide, 7.8.-8.8., 15 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.