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Kinotipp der WocheSchneller zur Sache

Body Horror mit Speckanteil, Lachse wie Menschen und verirrte Papageientaucher: Das British Shorts Filmfestival zeigt Kurzfilme mit Biss.

Jess wacht am Morgen auf und hat schon wieder so eine nervige Rötung auf der Schulter, die so übel juckt. Auf keinen Fall kratzen, dadurch wird es bloß noch schlimmer, bekommt sie von ihrer Mutter mit auf den Weg zur Schule, sogar per SMS wird der Ratschlag wiederholt. Und dann passiert genau das, was in solchen Bodyhorrorstreifen, wie „Dead Skin“ von Lilli O'Rourke einer ist, natürlich immer passiert.

Der Juckreiz nimmt zu, die roten Stellen auch, ist ja auch logisch bei der übergriffigen Mutter, der öden Schule und den stumpfen Mitschülerinnen, die davon träumen, so auszusehen wie Models in Hochglanzmagazinen, auch wenn ihre Körper so wenig zur Schönheitsindustrie passen wollen wie der von Jess. Und die fängt dann halt an zu kratzen und weil sich das so gut anfühlt, kratzt sie immer stärker. Die Haut löst sich, bald ist da nur noch Fleisch und Knochen und die Chancen beim Model-Contest dürften bei dem neuen Look eher gesunken sein. Aber Jess fühlt sich endlich richtig gut.

Und da „Dead Skin“ ein britischer Kurzfilm ist, der im Rahmen der neuen Ausgabe des Filmfestivals „British Shorts“ gezeigt wird, gibt es noch ein Extra an echtem britischen Humor obendrauf. Der Speck, der da nämlich in der Pfanne für das nächste Frühstück brutzelt, nachdem Jess ihren neuen Wohlfühkörper für sich entdeckt hat, der ähnelt dem, was sich Jess da gerade vom eigenen Leib gerubbelt hat.

„Dead Skin“ wird bei den „British Shorts“ zwar in der Unterrubrik „Midnight Movies“ gezeigt, also in der Sektion mit den Horrorfilmen, demonstriert aber exemplarisch ganz gut, was man so bei diesem Kurzfilmfestival zu sehen bekommt. Nämlich Shorties, die in ein paar Minuten eine Geschichte erzählen müssen, die vielleicht nicht unbedingt weltbewegend ist, die dafür aber schneller zur Sache kommen. Und wenn es mit der Pointe mal nicht so hinhauen sollte, macht es eigentlich auch nichts. Denn dann kommt schon der nächste Kurzfilm, der es hoffentlich besser macht.

17. British Shorts Kurzfilmfestival. Vom 18. bis 24. Januar im Sputnik Kino, City Kino Wedding und weiteren Berliner Kinos

Vom 18. bis zum 24. Januar werden die „British Shorts“ in mehreren Berliner Kinos gezeigt. Dabei sind das Sputnik Kino, City Kino Wedding, Intimes und andere. Genre-mäßig wird alles vom Dokumentar- bis hin zum Animationsfilm gezeigt. Sogar Star-Power gibt es bei den Kurzen. Die große Marianne Faithfull etwa erzählt in „Wild Summon“ von Karni und Saul, der im diesjährigen Rennen um die Oscars in der Kategorie Kurzfilm mit dabei ist, von Lachsen. Der Witz in diesem Shortie ist, dass die Lachse Dank Animation so aussehen wie menschliche Taucher. Diese durchschwimmen die Flüsse und Meere, um dann mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit von Menschen gefischt zu werden. So ein süßer Taucher im Miniaturformat, der dann unter den Seziermessern der Lachsfischer landet, das sieht so aus, als wäre „Wild Summon“ auch ein Fall für die Mitternachtsfilme. Was der Film und Marianne Faithfull jedenfalls sagen wollen: Esst weniger Lachs!

Dass Kurzfilme manchmal auch gerne viel länger gehen dürften als bloß ein paar Minuten, dafür ist „Puffling“ von Jessica Bishopp ein gutes Beispiel. Die britische Regisseurin begleitet in ihrer Dokumentation zwei Mädchen, die auf einer zu Island gehörenden Insel leben, in ihrem Alltag. Dort, wo sie wohnen, gibt es nichts, was junge Menschen begeistern könnte. Nur eine karge, schöne Landschaft, die Touristen in Funktionskleidung anzieht. Aber die Mädchen lieben es hier und nachts, wenn die Jugendlichen in London oder Reykjavik in die Clubs gehen, sammeln sie junge Papageienvögel ein, die noch nicht richtig fliegen können und ihre Orientierung verloren haben. Sie peppeln die Vögel auf und lassen sie davon fliegen, irgendwohin, in die große weite Welt.

Andreas Hartmann

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