Kinotipp der Woche: Großmutter des Goth
Zum 85. Geburtstag widmet das Soundwatch Music Film Festival der Sängerin Nico zwei Abende mit Film und musikalischer Lesung.
Christa Päffgen, besser bekannt als Nico, wäre am 16. Oktober 85 Jahre alt geworden, starb aber bereits vor 35 Jahren auf Ibiza. Sie fiel von ihrem Fahrrad, landete in einem Graben und stand nie wieder auf. Wie so vieles rund um diese Frau, bleibt auch die genaue Todesursache bis heute ein Mysterium.
Als Muse von Andy Warhol und der weiblichen Stimme auf dem unsterblichen Debütalbum von The Velvet Underground, kämpfte sie ihr Leben lang mit der Abhängigkeit von Drogen aller Art. Dennoch hat sie wunderbare Soloalben herausgebracht und gilt als Großmutter des Goth. Sie hatte die glamourösesten Liebschaften und genießt bis heute weltweit den Ruf als teutonische femme fatale der Sonderklasse.
Anlass genug, mal wieder Leben und Werk von Nico zu würdigen, die im Berliner Grunewald begraben wurde. Lutz Graf-Ulbrich, besser bekannt als Lüül, wird das an ihrem Todestag im Lichtblick Kino übernehmen und aus seinem vor einigen Jahren erschienenen Buch „Nico – im Schatten der Mondgöttin“ vortragen, dazu Aufnahmen von der Sängerin aus seinem Privatarchiv zeigen.
Lüül war Jahre lang Musiker in einer von Nicos Bands und hatte eine Beziehung mit ihr. Man kann ihn also als einen echten Nico-Kenner bezeichnen.
Ghosts of the Chelsea Hotel (OV): 15. 10., 20 Uhr
Nico – Im Schatten der Mondgöttin, multimediale Lesung von Lutz Graf-Ulbrich (Lüül), 16. 10., 20 Uhr, Lichtblick Kino
Einen Tag vor Lüüls Vortrag geht es in einem Dokumentarfilm zumindest beiläufig auch um sie. „Ghosts of the Chelsea Hotel (and Other Rock'n'Roll Stories“ (2023) von Danny Garcia erzählt die Geschichte des berühmtesten Künstlerhotels der Welt, in dem auch Nico eine ganze Weile lebte (ihre erste Soloplatte hieß „Chelsea Girl“).
In Garcias Film wird sie von dem Rockmusiker und einstigen Chelsea-Hotel-Bewohner Neon Leon als Person beschrieben, die immer auf der Suche nach Drogen war, nachts auf ihrem berühmten Harmonium spielte und dabei Lieder anstimmte, die man auf einem Begräbnis hätte laufen lassen können.
Das Chelsea Hotel entwickelte sich Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zur beliebten Absteige für Bohemians, Schriftsteller und Künstler. Sie übernachteten hier nicht bloß für ein paar Tage, sondern lebten hier. Mark Twain, Arthur Miller und Salvador Dali etwa waren Bewohner. Was das Hotel für so manche Künstler attraktiv machte, war, dass sie, noch am Anfang ihrer Karriere stehend und mal wieder pleite am Monatsende, die Miete auch mit Kunstwerken abgleichen konnten.
In den Sechzigern entwickelte sich das Haus dann zum Rock'n'Roll-Hotel. Janis Joplin, Jimi Hendrix, Patti Smith und viele andere zogen ein. Dabei durften sie sich ausdrücklich wohnlich einrichten. Ein Hotel-Bewohner hatte ein Zimmer gar eingerichtet wie einen Miniatur-Dschungel, in dem zig Papageien herumflatterten.
Das Hotel war Habitat für Freaks und Drop-outs, für Avantgardisten, Szene-Sternchen und Wannabe-Stars. Unzählige Mythen und Legenden ranken sich um diese Zeit und Regisseur Danny Garcia ist darum bemüht, diese von einstigen Bewohnern des Hotels wie am Fließband abzugreifen.
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Da geht es dann um den mit Drogenproblemen kämpfenden Dee Dee Ramone, den Tod von Sid Vicious, nachdem er im Raum 100 vermutlich seine Freundin Nancy Spungen erstochen hatte. Und einer nach dem anderen berichtet dann auch noch von Gespenstersichtungen innerhalb des alten Gemäuers. Alle sind sich einig: Hier spukt's.
Leider hat die Dokumentation im Großen und Ganzen die Anmutung eines vor der Kamera vorgelesenen Wikipedia-Eintrags. Der und die wohnte hier und dann ist Folgendes passiert, so läuft das die ganze Zeit. Und ständig erklingt im Hintergrund aus unerklärlichen Gründen nervige Musik.
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