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Kinotipp der WocheWas Trickfilm kann

In der Luft gehen, die Regeln der Physik aushebeln: Das 6. Festival of Animation im Wedding zeigt, welche Tricks das gezeichnete Bild im Ärmel hat.

Noch sitzt die Familie in “L’Amour en Plan“ gemeinsam am Tisch, doch bald wird Carine streiken Foto: Varicoloured

Der Typ, mit dem Carine schon viel zu lange zusammenlebt, nervt immer mehr. Nachts schnarcht er und zieht ihr die Bettdecke weg, tagsüber lungert er nur nutzlos vor dem Fernseher herum. Irgendwann reicht es Carine. Sie legt sich eine eigene Bettdecke zu und geht in den Hausfrauen-Streik. Doch da ihr Mann Fabrice immer noch nichts kapiert, schaltet sie ihren Widerstand gegen die Ehehölle einen Gang höher und beginnt damit, sprichwörtlich eine Mauer zwischen sich und Fabrice im gemeinsamen Haus hochzuziehen.

Ein Rosenkrieg in Extremform beginnt. Doch irgendwann bemerken die beiden Eheleute, dass ja auch noch ihr Sohn Simon bei ihnen wohnt, der für den ganzen Schlamassel nichts kann. Und die beiden kommen langsam zur Besinnung.

“L’Amour en Plan“ (2021) von Claire Sichez ist ein bunter Trickfilm, der ohne viel Worte auskommt und der in 15 Minuten aus dem Alltag einer ganz normalen Familie erzählt, in der sich alle am Rande des Nervenzusammenbruchs befinden.

Im Vergleich zu den meisten Filmen, die auf dem sechsten Festival of Animation gezeigt werden, das vom 30. September bis zum 2. Oktober im silent green und im City Kino Wedding statt findet, ist er recht konventionell erzählt und hat eine leicht verstehbare Geschichte zugrunde liegen. Aber selbst in diesem Film gibt es Frequenzen, die so nur der Trickfilm zu zeigen vermag. Etwa wenn sich Fabrice in seinen geliebten Fernseher hineinmorpht oder gleich in zigfacher Ausführung vor Carine herumsteht.

Das Festival

Festival Of Animation. 30. September bis 2. Oktober im silent green und im City Kino Wedding

Avangardistische Techniken

Bei dem Animationsfilmfestival werden mehr als 150 Beiträge aus aller Welt gezeigt, wobei es in diesem Jahr zwei Länderschwerpunkte gibt, Frankreich und die Ukraine. Und es wird das ganze Spektrum aufgezeigt, das der moderne Animationsfilm zu beackern vermag. Das reicht von animierten Bleistiftzeichnungen bis hin zu Stop-Motion-Filmen.

Die Werke sind mal einfach nur grotesk, dann aber auch politisch wie etwa “Kirschknochen“ (2021) von Evgenia Gostrer. In diesem erzählt die Regisseurin, wie sie Mitte der Neunziger mit ihrer Familie als jüdische Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland übersiedelte. Wie sie in ihrer neuen Heimat von Mitschülern erst einmal so behandelt wurde, als würde sie schlecht riechen. Wie ihre Eltern, eigentlich Akademiker, sich in Deutschland mit schlechten Jobs zufrieden geben mussten. Sie erzählt eine Migrationsgeschichte, illustriert von animierten Bildern.

So gut wie alle der gezeigten Werke sind Kurzfilme, die kaum länger als ein paar Minuten dauern. Und die meisten von ihnen arbeiten mit avantgardistischen Techniken auf hohem Abstraktionsniveau, wie man es in klassischen Filmen mit Schauspielern aus Fleisch und Blut so nicht zu sehen bekommt.

Schon klassische Trickfilmer wie Tex Avery und selbst “Tom und Jerry“ zeigten auf, dass man mit vergleichsweise billigen Animationstricks die Grenzen der Vorstellungskraft locker sprengen und Dinge zeigen kann, die alle Regeln der Physik aushebeln und für die Hollywood seine großartigsten Special-Effects-Experten aufbieten müsste.

tazplan

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In der Luft gehen, schneller sein als das Licht, all so etwas, war für Trickfilmfiguren noch nie ein Problem. Und wie nun in einem Stop-Motion-Film wie “Of Wood“ (2022) von Owen Klatte in etwas weniger als sieben Minuten Bilder in einen Holzblock geschnitzt werden, nach und nach eine Art Kulturgeschichte des Holzes und seiner unterschiedlichen Verwendung gezeigt und ganz nebenbei noch auf die Vergänglichkeit der Dinge hingewiesen wird, ist einfach nur fantastisch.

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