Kinoempfehlungen für Berlin: Jenseits goldener Jahre

Krieg und Repression bestimmen die Programme vieler aktueller Filmreihen. Auch beim Kurdischen Filmfest liegen einstige Schönheiten oft in Trümmern.

„Iraq’s Invisible Beauty“ (2023), Regie: Sahim Omar Kalifa, Jurgen Buedts Foto: Latif Al Ani

Der Krieg von Putins Russland mit der Ukraine hat aus unserem Bewusstsein ein wenig verdrängt, dass auch in Belarus mit dem Präsidenten Lukaschenko ein quasi-diktatorischer Autokrat die demokratischen Kräfte seines Landes massiv unterdrückt. Nach den offenkundig gefälschten Wahlen im August 2020 reagierte das Regime auf Proteste mit brutaler Repression; die oppositionelle Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja arbeitet heute aus dem Exil in Litauen heraus.

Der Dokumentarfilm „The Accidental President“ porträtiert Tichanowskaja, die ihre politische Laufbahn nach der Inhaftierung ihres Ehemanns startete, als Privatperson wie als Politikerin. Zur Filmvorführung sind die Regisseure Mike Lerner und Martin Herring sowie Ver­tre­te­r:in­nen der belarusischen Demokratiebewegung anwesend, eine Diskussion findet im Anschluss statt.

Der Eintritt zu der von der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierten Veranstaltung ist umsonst, eine vorherige Registrierung unter: www.fes.de ist jedoch nötig (15.10., 19.30 Uhr, Kino Krokodil).

Als der sonst als Dokumentarist bekannte Jürgen Böttcher 1966 mit „Jahrgang 45“ seinen ersten Spielfilm drehte, wurde das Werk in der DDR bereits in der Rohschnittfassung verboten: Ganz unsozialistisch befand man die mit genauem Blick für die tatsächliche Stimmung unter jungen Leuten eingefangene Geschichte um ein Paar, das sich nach kurzer Ehe wieder trennen möchte, aber eigentlich gar nicht so recht weiß, was es will.

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Derart mangelnde Zielstrebigkeit assoziierten die DDR-Verantwortlichen viel eher mit dem kapitalistischen Klassenfeind als mit der eigenen Gesellschaft. Erst 1990 konnte der Film fertiggestellt werden, zu sehen ist er in der dubios betitelten Filmreihe „DDR 75!“ (muss man die Staatsgründung der DDR tatsächlich feiern?) im Babylon Mitte (14.10., 21 Uhr, 18.10., 22.10., 21.30 Uhr, Babylon Mitte).

Fest etabliert in Berlin ist das Kurdische Filmfestival: Bereits zum 14. Mal präsentiert es im diesjährigen Spielort Babylon Mitte eine umfangreiche Auswahl von Dokumentar-, Kurz- und Spielfilmen, die sich mit kurdischer Kultur und Politik beschäftigen.

Der Dokumentarfilm „Iraqs Invisible Beauty“ von Sahim Omar Kalifa und Jurgen Buedts porträtiert den mittlerweile 86-jährigen Iraker Latif Al Ani bei einem Besuch in seiner Heimat, wo der berühmte Fotograf, der einst das weltoffene und westlich geprägte Leben im Irak der 1950er- bis 1970er Jahre dokumentierte, seine Schwarz-Weiß-Fotografien der „goldenen Jahre“ mit den heutigen, durch diverse Kriege verursachten Zerstörungen abgleicht (12.10., 17 Uhr, Babylon Mitte).

Bekannt ist der amerikanische Regisseur und Produzent Roger Corman (1926-2024) für seine liberale Haltung und für seinen Geschäftssinn mit oft preisgünstig zusammengewurstelten „Horror“- und Exploitationfilmen – was jedoch keineswegs bedeutet, dass der Mann kein Talent besaß. Ganz im Gegenteil, wie seine 1964 in England entstandene Edgar-Allan-Poe-Verfilmung „The Masque of the Red Death“ beweist, ein sehr sorgfältig inszenierter und vom brillanten Kameramann Nicolas Roeg wunderbar fotografierter Farbfilm, der in aufwändigen Kostümen und Dekors schwelgt.

Erzählt wird die Geschichte des Fürsten Prospero (Vincent Price), der sich mit seinem Hofstaat hinter die dicken Mauern seines Schlosses zurückgezogen hat, während das Land von einer Seuche heimgesucht wird. Doch bei einem großen Maskenball erscheint sehr zum Unwillen der Gesellschaft jemand in der Maske des Roten Todes – und es stellt sich heraus, dass der mysteriöse Fremde gar keine Maske trägt (11.11., 22 Uhr, Kino Hackesche Höfe).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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