Kinoempfehlungen für Berlin: Lakonisch bis katastrophisch

Das Babylon würdigt die Coen-Brüder mit einer Werkschau. Auch lustig: „I Married a Witch“ in der Zeughausreihe „Zwischen Kriegsende und Neuanfang“.

Eine Polizistin in einer Schneelandschaft zielt mit ihrer Pistole in Richtung Kamera

„Fargo“, US, UK, 1996, R: Ethan & Joel Coen mit William H. Macy Foto: 20th Century Fox

Wollte man die Filme der Regisseure und Produzenten Joel und Ethan Coen irgendwie auf einen Nenner bringen, kann das bei aller Verschiedenheit der Stoffe eigentlich nur der lakonische Humor sein, mit dem die absonderlichen (und manchmal auch ausgesprochen schrecklichen) Situationen geschildert werden, in die ihre Prot­ago­nis­t:in­nen immer wieder geraten. Überprüfen kann man diese These jetzt bei einer großen Coen-Brüder-Werkschau, die das Babylon Mitte noch bis Anfang November zeigt.

Da geht es zum Beispiel um den Autor Barton Fink (John Turturro), der in der gleichnamigen Schwarzen Komödie (1991) zu Beginn der 1940er Jahre in Hollywood das Drehbuch zu einem Catcherfilm schreiben soll – wozu ihm aber leider nicht das Mindeste einfällt.

Trocken erzählen die Coens in ihrer finsteren Analyse des Studiosystems vom alltäglichen Horror eines Mannes, von dem langsam die Panik Besitz ergreift und dessen Gesichtsfarbe bald dieselbe ungesunde Farbe bekommt wie die schleimiggrünen Tapeten seines schäbigen Hotelzimmers.

Mein persönlicher Favorit der bösen Coen-Komödien ist allerdings „Fargo“ (1996), eine in den nördlichen US-Bundesstaaten Minnesota und North Dakota spielende Kriminalgeschichte, in der zwei ziemlich inkompetente Gangster und ein bankrotter Autoverkäufer durch eine fingierte Entführung Lösegeld erpressen wollen.

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Der Witz von „Fargo“ liegt in der Lakonie, mit der die nun eintretenden Katastrophen präsentiert werden, und in der Gelassenheit, mit der diese von den stoischen Leuten mit den schwedischen Nachnamen aufgenommen werden, darunter auch die schwangere Polizistin Marge Gunderson (Frances McDormand). Die nicht nur einen Mörder dabei überrascht, wie er seinen Komplizen in einer Häckselmaschine zerkleinert, sondern sich auch sehr darüber freut, dass der Entwurf „Wildente“ ihres Ehemanns demnächst auf die Drei-Cent-Briefmarke gedruckt wird („Fargo“: 19. 10., 19.30 Uhr, 21. 10., 20 Uhr; „Barton Fink“: 22. 10., 20.15 Uhr, Babylon Mitte).

Weniger hintergründig, aber eindeutig eine der lustigsten amerikanischen Komödien aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs ist „I Married a Witch“ (1942), der schönste und einfallsreichste Film aus der Exilzeit des französischen Regisseurs René Clair.

In der charmanten Fantasykomödie will Veronica Lake als Hexe dafür sorgen, dass der Nachkomme (Frederic March) eines Hexenjägers, der sie einst auf den Scheiterhaufen schickte, die verkehrte Frau heiratet – verliebt sich dabei aber mit ausgesprochen komischen Folgen selbst in den Mann.

Der Film läuft in der Zeughausreihe „Zwischen Kriegsende und Neuanfang“ als einer der Filme, die im Oktober 1945 von der amerikanischen Besatzungsmacht in Berlin ins Kino gebracht wurde und dabei mit einer Fantasie auf das Publikum wirkte, die man zuvor lange entbehrt hatte (21. 10., 20 Uhr, 24. 10., 19 Uhr, Zeughauskino).

Im Jahr 1965 hatte Jean-Luc Godard dem amerikanischen Schauspieler Eddie Constantine, der dem französischen und deutschen Publikum vor allem aus billigen Krimis bekannt war, die Rolle des Geheimagenten Lemmy Caution in seinem tollen Science-Fiction-Film „Alphaville“ gegeben.

Aus Anlass der deutschen Wiedervereinigung reaktivierte der Regisseur den Mimen und seine Rolle 1991 noch einmal für den Film „Deutschland Neu(n) Null“, eine Godard-typische komplexe Collage aus philosophischen Gedanken zur Geschichte und Zukunft Deutschlands. Das Filmmuseum Potsdam zeigt den Film mit einer Einführung, bei der ein Erfahrungsbericht des Schauspielers Hanns Zischler gelesen wird, der im Film (und bei dessen Vorbereitung) ebenfalls eine wichtige Rolle spielte (22. 10., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.