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KindermusikkassettenÖko-Terror im Kinderzimmer

Mit Öko-Schnulzen à la "Liebe Erde, ich beschütze dich" und "Mama, mach das Licht aus" terrorisiert der Musiker Detlev Jöcker Eltern wie Kinder.

"Und jetzt alle: Rosi Ringel-Regenwurm...!"

Seit dieser Woche dudelt es aus der Radiowerbung: Detlev Jöcker, mit über neun Millionen verkauften Tonträgern Deutschlands erfolgreichster Kinderzimmerbeschaller, hat eine CD mit 14 Ökoliedern herausgebracht. "Liebe Erde, ich beschütze dich" soll bereits Kleinstkinder für den Klimaschutz erwärmen. Und tatsächlich sind die Aussagen, die von piepsigen Stimmen intoniert werden, bestechend öko-logisch. Rosi Ringel-Regenwurm düngt mit ihren Exkrementen den Garten. Das Lied "Man kann mit eignen Füßen gehen" soll dem dicklichen Vater das Autofahren verleiden. Und auch Muttern wird belehrt: "Mama, mach das Licht aus". Bei diesem Titel ist nichts Zwielichtiges zu vermuten. Es geht ums bloße Stromsparen. Alles also unbedenklich und brav.

Kein Wunder. Der 56-jährige Jöcker begann seine Karriere im westfälischen Münster zunächst mit christlich gefärbten Kinderliedern. Sein erster Erfolg "Der Regenbogenfisch" handelt von einem egoistischen Meeresbewohner, der die Nächstenliebe erlernt. Warum aber greifen Eltern gerade zu diesen seinen Produkten? Die Antwort ist einfach. Im bildungsbürgerlichen Milieu will man auch 150 Jahre nach Erscheinen des "Struwwelpeters" die Kinder ideologisch erziehen. Hätte Jöcker in den 80ern einmal ein Kinderliederfestival in der DDR besucht, ihm würden heute sicher seine eigenen Lieder Übelkeit bescheren.

Noch schlimmer als das belehrende Textwerk ist die Musik. Bei Bauer August Sonnenschein laufen zwar die Hühner ganz natürlich frei umher, die Klänge zu diesem Lied aber sind zu 100 Prozent Synthetik. Die Kompositionen, frisch aus dem Computer gezapft, klingen nach Volksmusik im ZDF. Auch aus verrauch- ten Eckkneipen, gefüllt mit volltrunkenen Rentnern, sind ähnliche Harmoniefolgen und Rhythmen zu vernehmen. Wer früher mit solchem Stumpfsinn in der Kindheit behelligt wurde, der hat ein paar Jahre später eine Punkband gegründet. Insofern kann man getrost annehmen, dass Detlev Jöcker Zulieferer für eine böse, trotzige Musik im nächsten Jahrzehnt wird. Es wird also spannend, was demnächst in den Strandbars von Grönland gespielt wird. Bestimmt nicht Jöckers Melodram "Der Eisbär hat kein Eis".

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3 Kommentare

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  • S
    Stephan

    ja, es gibt sie, diese eltern. im elternsein haben sie ihre bestimmung gefunden und im kindergarten und was weiß ich in welchen einrichtungen, in die sie ihre kinder in den ersten jahren so hinschleppen, da treffen sie wieder nur eltern, deren einzige bestimmung es zu sein scheint, eltern zu sein. wenn es einem in den sinn kommen sollte anders zu sein, als diese vorzeigeeltern - und sei es nur in der auswahl der heimischen beschallungsmuster - dann hält man am besten gepflegt seine klappe und verdreht ab und an unauffällig kurz die augen, denn mit dem bekenntnis, die eigenen kinder mit ac/dc, noir desir oder hannes wader zu quälen, könnte man das jüngste gericht angerufen haben und alsbald ins fegefeuer geschmissen werden.

    eltern können sehr grausam sein. nicht nur zu ihren kindern...

  • AN
    A. Nicksch

    Danke für diesen erfrischenden Artikel. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welchen Machwerken unsere Kinder konfrontiert werden. Diese Art Musikkassetten sollten einen Warnhinweis "VORSICHT! Kann das Denken und Musikempfinden Ihrer Kinder nachhaltig beeinflussen!" enthalten.

  • M
    Matthias

    tja, der Terror geht halt weiter!

    Es kann eben nur Mist entstehen, wenn "aufgeklärte" Erwachsene Dinge tun, von denen sie egozentischerweise überzeugt sind, dass sie Kindern gefallen.

    Glücklicherweisen haben Kinder nach meiner Erfahrung ein gutes Gespür dafür, wann sie für Dumm verkauft werden und wann nicht.

    Besonders nett fand ich den Schreibfehler (?) in der Überschrift. Mich als bekennender Nicht-Karnevalist erinnert die Lyrik von Herrn "Jäcker" an das angeblich lustige Treiben zu gewissen Jahreszeiten in Köln.

    ... ich kann mich natürlich auch täuschen