Kinder fragen, die taz antwortet: Links- und Rechtsextremismus, was …
… ist da eigentlich der Unterschied? Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Diese kommt von Terje, 9 Jahre alt.
Lieber Terje, weißt du, dass viele Menschen den Begriff Hufeisen verwenden, um Links- und Rechtsextremismus zu erklären? Das geht auf einen Mann namens Eckhard Jesse zurück, der die sogenannte Extremismustheorie entwickelte. Jesse stellt sich das politische Spektrum wie ein Hufeisen vor. In der Mitte befinden sich seiner Meinung nach die angeblich harmlosen Menschen, während an den linken und rechten Rändern die Extremist*innen zu finden seien.
Seine Theorie ist problematisch, denn die Realität sieht ganz anders aus. Nicht nur von Extremist*innen geht Gefahr aus, sondern auch von Menschen, die in der Mitte der Gesellschaft verortet werden. Außerdem lässt das Hufeisenmodell es so aussehen, als wären rechte und linke Gewalt gleich schlimm und gar nicht so weit voneinander entfernt. So sind Fragen wie deine durchaus berechtigt.
Was ist denn nun der Unterschied zwischen Links- und Rechtsextremismus? Menschen, die als Linksextremist*innen gelten, geht es um die totale Gleichheit aller Menschen in der Gesellschaft. Rechtsextremist*innen hingegen lehnen gleiche Rechte für alle Menschen ab, weil sie manche für wertvoller halten als andere. Ihre Feinde sind zum Beispiel Menschen, die keine weiße Hautfarbe haben, Menschen mit Behinderungen, Schwule, Lesben oder Transmenschen. Oft versuchen Rechtsextremist*innen diese mit Gewalt zu bekämpfen.
Auch im Linksextremismus spielt Gewalt eine Rolle, vor etwa 50 Jahren haben linksextreme Terrorgruppen viele Menschen in Deutschland umgebracht. Heute richtet sich linksextreme Gewalt in den meisten Fällen gegen Objekte wie Gebäude oder Autos.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Allerdings bringen Politiker:innen rechte Gewalttaten immer wieder mit linken in Zusammenhang. Als Beispiel fällt mir der Terroranschlag in Hanau im Februar 2020 ein, bei dem ein Rechtsextremist zehn Menschen tötete. Als Reaktion darauf schrieb der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel: „Es lässt sich nicht abstreiten, dass linke Chaoten auf Polizisten eindreschen, Autos und Mülltonnen in Brand setzen und immer wieder hohe Sachschäden verursachen.“ Das ist eine typische Reaktion: Geht es um rechte Gewalt, so denken viele, muss es unbedingt auch um linke gehen.
Dabei könnte der Unterschied zwischen Links- und Rechtsextremismus größer nicht sein. Vielleicht fällt dir ja ein Symbol ein, das besser geeignet ist als ein Hufeisen? Ich denke auch mal darüber nach.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers