Kinder fragen, die taz antwortet: Wieso gibt es Kinderarbeit?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine davon. Diese Frage kommt von Carla, 10.
Als ich ein wenig älter war als du, Carla, musste ich jeden Samstag mit meinem Vater irgendetwas reparieren, den Rasen mähen oder Reifen wechseln. Spaß hat das fast nie gemacht. Aus Frust habe ich dann häufig die ganz schweren Geschütze aufgefahren: „Aber Kinderarbeit ist doch verboten!“ Doch mein Vater lachte nur: „Als ich in deinem Alter war, musste ich jeden Tag raus aufs Feld, um dort zu helfen. Das war Kinderarbeit! Stell dich nicht so an.“
Einerseits hatte er Recht: So schlimm war das Rasenmähen wirklich nicht. Andererseits stimmt es nicht, dass mein Vater Kinderarbeit leisten musste. Zumindest nicht in ihrer schlimmsten Form.
Das Entwicklungsministerium definiert Kinderarbeit als „jede Form von Arbeit, die der körperlichen und geistigen Entwicklung Minderjähriger schadet oder den Schulbesuch verhindert“. Mein Vater half zwar täglich bei der Landwirtschaft seiner Eltern mit. Freizeit und Schulbildung waren aber dennoch Teil seines Lebens.
Die schlimmere, ausbeuterische Kinderarbeit tritt heutzutage vor allem in Ländern auf, die ein sehr niedriges durchschnittliches Einkommen haben. Wenn das Geld der Eltern nicht reicht, müssen mitunter auch die Kinder welches verdienen. „Ein Grund sind auch schlechte oder fehlende Schulsysteme“, sagt Barbara Küppers von der Menschenrechts-Organisation Terre des Hommes. Hinzu kommt die Frage, inwieweit von staatlicher Seite Regeln gegen Kinderarbeit bestehen – und inwieweit sie auch durchgesetzt werden. Insbesondere in Afrika südlich der Sahara geht die Bekämpfung von Kinderarbeit schleppend voran.
Fehlende Bildung führt zu einem Teufelskreis
Oft wird daraus ein Kreislauf: Wer früher als Kind arbeiten musste, hat weniger Bildung und heute schlechtere Chancen, genug zu verdienen. Die eigenen Kinder müssen dann wieder helfen, die Familie zu unterstützen.
Doch es gibt Hoffnung. Nach Angaben der Uno haben im Jahr 2000 weltweit 246 Millionen Kinder gearbeitet. 2016 waren es noch 152 Millionen – fast jedes zehnte Kind. Diese Zahl ist viel zu hoch, aber die Situation bessert sich stetig. Wobei befürchtet wird, dass durch die Corona-Pandemie die Zahl wieder steigen könnte.
Die Uno hat das Ziel ausgegeben, 2025 alle Kinderarbeit zu beseitigen. Barbara Küppers hält das für möglich. „Aber nur, wenn die Weltgemeinschaft Geld in die Hand nimmt, dieses Ziel zu erreichen.“ Leider sieht es aktuell nicht danach aus.
Auch wir können einen kleinen Beitrag leisten. Weniger und bewusster einkaufen hilft. Vor allem Produkte mit Fair-Trade-Siegel lobt Küppers: „Dadurch werden Alternativen angeboten. Teile des Geldes fließen zum Beispiel in Schulprojekte.“ Dies kann dazu beitragen, den Kreislauf zu brechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los