Kinder bei den Skateboard-Wettbewerben: Infantilisierung von Olympia
Beim Skateboard-Wettbewerb gewinnt eine 14-Jährige, eine 11-Jährige geht auch noch an den Start. Ein Mindestalter will das IOC nicht vorschreiben.
S ehr jung sei das Teilnehmerfeld. Und es hätte da ja einmal eine kritische Diskussion gegeben, lässt der Moderator vom ZDF beim Street-Wettbewerb der Skateboarderinnen wissen. Auf dem Podium steht am Ende die 14-jährige Japanerin Coco Yoshizawa ganz oben. Bei der olympischen Premiere von Skateboard in Tokio 2021 hatte noch ein Landeskind von Yoshizawa, die 13-jährige Momiji Nishiya, gewonnen. Dieses Mal ist Nishiya bei Olympia nicht dabei, sie scheiterte an der internen jüngeren Konkurrenz.
Die Infantilisierung der Spiele ist natürlich gewollt. Bei den Organisatoren herrscht die Angst vor, die Gewinne könnten schrumpfen, wenn der Nachwuchs nicht bei der Stange gehalten wird. Wo man bei der erwähnten Diskussion eigentlich stehen geblieben ist, das wäre schon eine interessante Frage. Aber es ist doch prächtig, was diese so jungen Athletinnen auf ihren Brettern so zaubern.
Die Silbermedaille geht an eine 15-Jährige, Bronze an eine 16-Jährige. Für die Skateboard-Disziplin Park werden die Chinesen mit Zheng Haohao noch eine 11-Jährige in den größten globalen sportlichen Prestigekampf schicken. Bei den olympischen Jugendspielen, die erschaffen wurden, um den Nachwuchs in einem druckfreieren Umfeld an die großen Spiele heranzuführen, dürfte Haohao gar nicht mitmachen. Das Mindestalter hat das IOC auf 14 Jahre gesetzt, um diese Veranstaltung mit dem Prädikat „pädagogisch wertvoll“ schmücken zu können.
Als bei den Olympischen Winterspielen in Peking die damals 15-jährige russische Eiskunstläuferin weinend zu sehen war, weil sie dem Erwartungsdruck und einer Dopingaffäre, in deren Mittelpunkt sie stand, nicht mehr gewachsen war, erklärte IOC-Chef Thomas Bach zum Thema Mindestalter: „Wir haben angefangen, in der Exekutive darüber nachzudenken.“
Fast zwei Jahre ist das nun her und keiner weiß, wie weit das IOC beim Nachdenken gekommen ist. Ist man in der frühen Anfangsphase stecken geblieben und hat es deshalb aufgegeben oder hat man am Nachdenken so einen Spaß gefunden, dass man damit lieber nicht mehr aufhören möchte?
Sie wollen doch nur spielen
Bei Sportarten wie Eiskunstlauf oder Rhythmischer Sportgymnastik ist es im Zweifelsfall nicht einfach für die Verantwortlichen, sich der Altersdebatte zu entziehen. Zu sehr ist der Drill, den es braucht, um an die Spitze zu kommen, den jungen Körpern eingeschrieben. Bei den Skateboarderinnen jedoch gehören der Style, die nach außen gekehrte lässige Haltung und Leichtigkeit mit zum Wettbewerb.
Debatten um ein Mindestalter verfangen nicht so. Die 11-jährige Zheng wird aus China mit dem Satz zitiert: „Der Wettbewerb ist wie ein Treffen mit den besten Freunden, wie ein Spiel.“ Die Botschaft ist klar: Ja, lasst sie doch spielen.
Unter anderem hat die Turnerin Simone Biles die Problematik psychischer Gesundheit im Leistungssport prominenter machen können. Ein Verständnis dafür scheint bei den Verantwortlichen nur rudimentär vorhanden zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands