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Kiezblock-Stopps durch Ute BondeVertrag ignoriert – teuer bezahlt

Eine Akteneinsicht deckt Fehlverhalten der Verkehrssenatorin bei dem Finanzierungsstopp für Kiezblocks auf. Das kostet Berlin viel Geld.

Verkehrsberuhigter Bereich an der Jülicher Straße in Mitte Foto: Imago / Jürgen Ritter

Berlin taz | Die von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) auf Eis gelegten Planungen für Kiezblocks – also von Maßnahmen wie Einbahnstraßenregelungen oder Poller, um den Durchgangsverkehr in Kiezen zu verringern –, kommen Berlin wohl teuer zu stehen. Für den im Mai verkündeten Stopp jeglicher weiterer Finanzierung verlangt ein Planungsbüro, das bereits für die Auswahl von zwölf geeigneten Straßen in Mitte, der Beteiligung der An­woh­ne­r:in­nen und der Anhörung der Behörden beauftragt worden war, eine erste Rechnung über 144.313,09 Euro.

Einem Bericht des Tagesspiegels zufolge hat das Amtsgericht Wedding bereits Anfang September einen Mahnbescheid gegen das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Mitte aufgrund des nicht gezahlten Honorars erlassen. Der Verein Changing Cities, auf dessen Engagement die Idee für die Einrichtung von Kiezblocks zurückgeht, forderte am Donnerstag den Rücktritt der Senatorin. Ausschlaggebend sei dafür nicht die Summe. Vor allem sei man „entsetzt, dass die CDU bereit ist, ihre politischen Ziele auf diese Weise durchzusetzen“.

Das gemeinte Vorgehen lässt sich anhand einer Akteneinsicht der Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß rekonstruieren. Demnach traf Bonde die Entscheidung, Kiezblocks nicht weiter zu finanzieren, bereits im Dezember vergangenen Jahres. Zuvor hatte sich der CDU-Parlamentarier Lucas Schaal, direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Mitte 2, hilfesuchend an Bonde gewandt. Angesichts der Finanzierungszusage des Senats für die von ihm abgelehnten Kiezblocks bat er Bonde darum, „Handlungsoptionen“ aufzeigen.

Nur wenige Tage später kam Bonde dem Wunsch nach. In einer Mail eines Referenten von Bondes Staatssekretär an die Fachabteilung, hieß es, die Senatorin „hat heute mitgeteilt, dass im nächsten Jahr ohne Zustimmung der HL (Hausleitung – Anm. d. Red.) keine Fortführung der Finanzierungszusage bezüglich des Fußverkehrsmodellprojekts in Berlin-Mitte erteilt werden darf“. Doch dem Bezirk wurde die Entscheidung nicht kommuniziert. Auch der Koalitionspartner SPD wusste bis zur öffentlichen Verkündung der Entscheidung im Mai nichts.

Bonde wusste von drohenden Kosten

In der Überzeugung, dass die zugesagten Planungskosten durch die Senatsverwaltung in Höhe von 700.000 Euro für die Einrichtung der Kiezblocks Bestand haben, hatte der Bezirk Mitte im Januar dieses Jahres das Planungsbüro beauftragt.

Was das bedeutete, war auch im Hause Bonde klar: Im April schrieb der hauseigene Justiziar in einer Mail: „Rechtliche Ansatzpunkte, den Vertrag vorzeitig zu beenden, sehe ich nicht.“ In einer weiteren Mail kurz darauf hieß es: „Die Zahlung ist einklagbar.“ Weiter heißt es: „Gezahlt werden muss in jedem Fall, mit Mehrkosten (Zinsen, Prozesskosten etc.). Das ist vor dem Hintergrund der Haushaltskrise kaum vermittelbar.“

Vermitteln wollte Bonde ihre Entscheidung dennoch. Sie begründete den Finanzierungsstopp für die Kiezblocks in Mitte mit der „unzureichenden“ Beteiligung von Feuerwehr, Polizei und Versorgungsbetrieben wie die Müllabfuhr oder die BVG bei den Planungen. Dabei war Bondes Verkehrsverwaltung kurz nach ihrem Amtsantritt im Februar 2023 selbst mit zwei Referatsleitern bei einem ersten Termin zur Einbindung dieser „Träger öffentlicher Belange“ anwesend.

Die Grünen-Verkehrspolitikerin Oda Hassepass sagte der taz, da Vorgehen sei „eines Rechtsstaates unwürdig – Verträge sind verbindlich und verpflichten zur Einhaltung. Das ist das absolute Minimum, was von einer Senatorin erwartet werden kann.“ Sie forderte die sofortige Mittelfreigabe für den Bezirk, „bevor durch die laufenden und drohenden weiteren Klagen ein noch höherer Schaden für das Land Berlin entsteht“.

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