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Khashoggi-Verlobte in ItalienGegen die Gleichgültigkeit

Vor über einem Jahr wurde der saudische Journalist Jamal Khashoggi ermordet. Hatice Cengiz kämpft in Rom gegen das internationale Vergessen.

Versucht weiter, Aufmerksamkeit auf den Fall Khashoggi zu ziehen: Witwe Hatice Cengiz in Rom Foto: ap

ROM taz | Mit ruhiger Stimme berichtet Hatice Cengiz, wie sie stundenlang vor dem saudi-arabischen Konsulat von Istanbul wartete, damals am 2. Oktober 2018. Ihr Verlobter Jamal Khashoggi hatte sich dorthin begeben, um für die anstehende Hochzeit benötigte Dokumente abzuholen – und wurde von saudischen Geheimdienstmännern barbarisch abgeschlachtet.

Cengiz ist am Dienstag auf Einladung des Senats nach Rom gekommen, um vor dem Menschenrechtsausschuss der Zweiten Kammer des italienischen Parlaments und dann vor der Auslandspresse den fast schon verzweifelten Versuch zu unternehmen, wieder etwas internationale Aufmerksamkeit auf den Fall Khashoggi zu lenken.

Die internationale Gleichgültigkeit „bricht mir das Herz“, sagt sie. Das saudische Regime habe einen Mord organisiert und trotzdem trägt der italienische Fußballverband am Sonntag ausgerechnet in Riad seinen Supercup zwischen Lazio Rom und Juventus Turin aus und trotzdem soll im November 2020 der nächste G20-Gipfel in Saudi-Arabien stattfinden.

Mit sarkastischem Unterton schildert Cengiz die verschiedenen Versionen des saudischen Regimes zu dem Mord. Erst hatte es geheißen, der regimekritische saudische Journalist habe das Konsulat unbehelligt verlassen. Dann, als der Mord nicht mehr zu leugnen war, hieß es, die Situation sei entgleist, Khashoggi im Handgemenge getötet worden.

Aus dem Ruder gelaufen?

Und schließlich verglich die saudische Regierung den Vorfall mit den US-Missetaten im irakischen Foltergefängnis Abu Ghraib: Es habe sich um die „Schurkenaktion“ einiger aus dem Ruder gelaufener Beamter gehandelt.

Mit sarkastischem Unterton schildert Cengiz die verschiedenen Versionen des saudischen Regimes zu dem Mord

Cengiz verzieht ihr Gesicht. Schurkentat? Ein Land, in dem kein einziges Freitagsgebet ohne staatliche Absegnung gehalten werden könne, wolle weismachen, da seien 15 Geheimdienstler mit Regierungsmaschinen nach Istanbul eingeflogen worden, hätten das Konsulat betreten, mal eben Khashoggi ermordet, seien dann wieder abgereist – und kein Vorgesetzter habe das angeordnet?

Zum Ablenkungsmanöver gehört für Cengiz auch, dass elf Geheimdienstler in Saudi-Arabien vor Gericht gestellt und fünf von ihnen im Eilverfahren zu Tode verurteilt wurden. Stattdessen verlangt sie eine internationale Untersuchungskommission, die die Verantwortlichkeiten bis hinauf zum mächtigen Kronprinzen Mohammed bin Salman klärt.

Doch man sieht ihr an, dass sie sich kaum Hoffnungen macht. Nur Deutschland, das seine Waffenexporte nach Saudi-Arabien zunächst offiziell unterbrach, fällt ihr als positive Ausnahme ein. Und fast schon resigniert klingt Cengiz, als sie auf den kommenden G20-Gipfel angesprochen wird. Nein, sie wisse noch nicht, ob sie einen Boykott des Treffens in Riad fordern werde, erklärt sie – so als sei sie von der Sinnlosigkeit eines solchen Vorstoßes überzeugt.

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3 Kommentare

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  • Das "Mutterland des Terrorismus" hat gute Freunde. Z.B. USA, Israel, Deutschland. Und Mohammed bin Salman kann sich überall frei bewegen. Und 2020 wird der G20 Gipfel sicher äußerst ruhig ablaufen. So geht das, wenn man gute Freunde hat.

    • @Rolf B.:

      Israel nimmt die Verbündete die es bekommen kann, darum ist man noch lange kein Freund.

      Und israelische Passagiermaschinen dürfen den Luftraum der Wahabiten nicht nutzen, es werden keine israelischen Produkte gekauft.

      Wie mir heute wieder ein Kunde ganz stolz den Reisepass in die Kamera hielt.

      "This passport is valid for all countries except Israel"

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Als Einzelkämpfer kann ich mich sehr gut in Hatice Cengiz hineinversetzen. Eine kluge und mutige Frau, von deren 'Sorte' es mehr geben dürfte.

    DAS VERGESSEN.

    Anders als das Universum und die menschliche Dummheit ist unsere Aufnahmekapazität begrenzt. Leider - und zum Glück. Würden wir jede Schweinerei auf diesem Erdball mental begleiten wollen, würden wir verrückt und verzweifelt. Auf alle Fälle handlungsunfähig. Und würden in den zahlreichen Klapsen dieser Welt landen. Obwohl doch die dort hineingehören, die mit ihren verbrecherischen Aktionen diese Welt prägen. Sie sind es, die die Erde unbewohnbar machen - wie den Mond, den Mars, die Venus.

    Saudi-Arabien, die Heimat des Säurebads und der Zerstückelung, ist das Land ihrer - allzu verständlichen - Gegnerschaft: too big to fail.

    Hatice Cengiz wünsche ich von Herzen, dass sie für ihre Energien ein neues Ziel findet.