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Keine Ja-Stimme im ParlamentZypern kippt EU-Rettungspaket

Das Parlament in Zypern hat das von der Regierung mit den Euroländern ausgehandelte Rettungspaket abgelehnt. Der Finanzminister ist zu Verhandlungen nach Moskau geflogen.

Klare Verhältnisse: In Nikosia gab es am Dienstag keine einzige Ja-Stimme. Bild: dpa

NIKOSIA dpa | Die kleine Inselrepublik Zypern steuert auf den finanziellen Untergang zu. Das Parlament in Nikosia brachte am Dienstagabend die geplante und hoch umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben zu Fall. Kein einziger Abgeordneter stimmte für die Einmalmaßnahme, die Voraussetzung für das am Wochenende geschnürte internationale Hilfspaket der Europartner ist. Auf der verzweifelten Suche nach anderen Geldquellen war der zyprische Finanzminister Michalis Sarris am Abend nach Moskau geflogen, wie das staatliche zyprische Radio berichtete.

Der stellvertretende Chef der Regierungspartei von Präsident Nikos Anastasiades, Averof Neofytou, brachte vor der Abstimmung die düsteren Perspektiven Zyperns auf den Punkt: „Wir stehen kurz vor einer ungeordneten Pleite.“ Das Geld in der zyprischen Staatskasse reicht nach früheren Regierungsangaben indes noch bis Mai.

36 von 56 Abgeordneten stimmten nach einer hitzigen Debatte gegen die Zwangsabgabe. 19 enthielten sich der Stimme. Eine Abgeordnete war nicht anwesend. Dies teilte Parlamentspräsident Giannakis Olirou mit.

Vergebliche Appelle der Bundesregierung

Die Ablehnung hatte sich bereits nach dem Beschluss des Rettungspaketes am Wochenende in Brüssel abgezeichnet. Angesichts des wachsenden Widerstandes in Bevölkerung und Parlament war die Abstimmung mehrfach verschoben worden. Die Zwangsabgabe soll 5,8 Milliarden Euro einbringen – und ist Bedingung der Europartner für Kreditzusagen im Umfang von 10 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung hatte zuvor noch eindringlich an die zyprischen Abgeordneten appelliert, das Rettungspaket im Parlament zu genehmigen. Andernfalls seien die Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds und die weitere Finanzierung der zyprischen Banken in Gefahr, wurde in Berlin betont. „Das ist schwierig, aber so ist die Lage“, hieß es aus Regierungskreisen.

Der Stopp der Zwangsabgabe im Parlament stellt die eben erst gewählte Regierung von Präsident Anastasiades auf die Zerreißprobe. Unter dem Druck massiver Proteste hatte die Regierung die einmalige Abgabe für Bankkunden vor der Abstimmung bereits abgeschwächt. Nach der Änderung sollte das Gesetz Guthaben bis zu 20 000 Euro verschonen. Anastasiades hatte die ganze Nacht über versucht, seine Konservativen und die oppositionellen Abgeordneten auf seinen Kurs einzuschwören.

„Eine Frage der Ehre“

Das reichte allerdings nicht, um die Parlamentarier zu besänftigen. Während der Debatte sagten mehrere Abgeordnete, es sei „eine Frage der Ehre, Nein zu sagen“. Der Präsident der Zentrumspartei (DIKO), Marios Karogian, rief den Parlamentariern zu: „Wir sagen Nein. Und wir sagen Nein für unsere Kinder und Enkel. Vor uns steht nun ein Leidensweg, aber wir werden es schaffen.“ Draußen vor dem Parlament skandierten Demonstranten: „Wir werden nicht die Sklaven des 21. Jahrhunderts werden.“ Die Polizei hatte das Parlamentsgebäude weiträumig abgesperrt.

Nach der neuen Gesetzesvorlage sollten die Kontoinhaber für Beträge zwischen 20.000 Euro und 100.000 Euro 6,75 Prozent an den Staat abgeben. Beträge über 100.000 Euro sollten mit 9,9 Prozent belastet werden. Zudem wollte die Regierung den Kontoinhabern die bittere Pille schmackhaft machen: Es werde Kompensationen in Form von Bankaktien geben, hieß es.

Denjenigen, die ihr Geld für die nächsten zwei Jahre im Land lassen, wurden 50 Prozent der verlorenen Summe in Form von Optionen auf die Gewinne aus den vermuteten Gasvorkommen vor der Küste Zyperns versprochen, berichtete das Staatsfernsehen.

Die Eurogruppe hatte Zypern am Vorabend zugestanden, den Freibetrag sogar bis auf 100.000 Euro zu erhöhen. Experten gingen aber davon aus, dass die Regierung bei einer solch großzügigen Regelung nicht die erforderliche Summe von 5,8 Milliarden Euro zusammenbekommen würde, auf der die Europartner bestehen.

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13 Kommentare

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  • BO
    Bir Osmanli

    @Joy

    so was idiotisches.

    Die Eu soll Zypern schuldenfrei stellen u unterstützen,wenn das Gas kommt,gehört das den Zyprioten alleine u. sie zahlen Ihre Schulden nicht zurück?

    Welche Deppen werden da wohl mitmachen?

  • B
    bull

    Zypern braucht nicht vor der Türkei geschützt werden.So ein Quatsch muss man nicht verzapfen.Wenn die Türkei die Zyprioten erledigen wollte hätte Sie dies 1974 innerhaln von 24 Stunden getan.Wir Türken wollte ein faires Zusammenleben auf dieser Insel ohne dass die türkische Minderheit umgenietet wird.Aber weder damals noch heute sind die Zyprioten und auch die Griechen an einem Zusammenleben nicht interessiert.Übrigens falls die Zyprioten tatsächlich von den Russen Geld bekommen und im Gegenzug dafür der russischen Marine einen Stützpunkt abtreten denke ich wird es eine türkische Reaktion geben müssen.Und zwar bevor die Marinebasis eingerichtet wird.

  • T
    Teermaschine

    @) Stephan Schmitt

     

    Na, dann schütteln Sie mal anhaltend und kräftig - vielleicht geht Ihnen dann auf, dass der zyprische "Kleinsparer" über Jahre ohne Widerspruch vielfach höhere Zinserträge eingestrichen hat als die europäischen Steuerzahler, die die Party jetzt bezahlen sollen.

  • HD
    Hans Dampf

    Es wird Zeit an Zypern ein Exempel zu statuieren! Pleite gehen lassen und damit allen Mittelmeerländern klar machen, was passiert, wenn sie sich nicht endlich nordischen Tugenden wie Fleiß, Disziplin und Sparsamkeit unterordnen!

  • J
    Jürgen

    Gott sei Dank.

    Das kleine Zypern zeigt den den vermeintlichen "Eurorettern" die Zähne.

    Wie es Ländern geht, die sich nicht wehren kann man an Griechenland, Spanien, Portugal sehen. Leider werden die Proteste in diesen Ländern gegen die Politik der Troika von unseren Medien kaum erwähnt.

    Warum wohl !!

  • SS
    Stephan Schmitt

    Über die Kommentare hier kann ich nur den Kopf schütteln. Eine Enteignung der Sparer gutzuheissen ist für mich der Gipfel der Ignoranz. Ein kapitalistisches System, wie es die europäische Union ohne Zweifel ist, kann nur funktionieren durch die Rechtssicherheit des persönlichen Eigentums. Am Kapitalismus festzuhalten, nicht aber an der Unantastbarkeit von privatem Eigentum kann nur in einer Katastrophe enden.

     

    Zypern ist hier nur das Pilotprojekt um zu testen wie gravierend der Impact ist. Dieses Spiel mit dem Feuer führt schnell zu einem Bank-Run und/oder zu einer Schattenwirtschaft mit alternativer Währung. In Italien, Spanien, Portugall, Frankreich und sogar Deutschland werden die Leute ihr Geld so schnell als möglich von der Bank holen, weil sie genau wissen dass sie die nächsten sein werden.

     

    Aus deutscher Sicht mag für so manchen Kleingeist eine Enteignung noch vertretbar erscheinen, aber in Ländern wie Italien oder Spanien wo die Menschen für ihre Altersvorsorge zum grössten Teil selbst sorgen müssen, geht so ein Diebstahl an die Existenzsicherung.

     

    Hier spielt man mit dem Feuer mitten in einem riesigen Haufen aus ausgetrocknetem Holz. Wir sind nicht mehr weit entfernt von einem Szenario in dem die Leute mit Fackeln und Heugabeln durch die Strassen ziehen und jeden Staatsbediensteten am nächsten Baum aufhängen. Ist man hier blind oder eher skrupellos genug um über Leichen zu gehen in Brüssel? Quo vadis EU?

  • H
    Hennes

    Geld wollen die schon haben, wäre die Zwangsabgaben gekommen, wär dort der Krieg ausgebrochen, also lieber auf das Geld verzichten. Man kann nicht einfach von Sparern das Geld weg nehmen, das wär ein Verbrechen. Im Vertrag zwischen Kunde und Bank steht auch nichts von einer Zwangsabgabe.

     

    Die EU-Finanzminister kann man jetzt wegen Anstiftung zum Diebstahl anzeigen, damit sind die Vorbestraft.

     

    Nicht die armen Unschuldigen, sondern die Reichen SCHULDIGEN müssen eine Zwangsabgabe leisten. 10% der Gehälter ALLER Europäischer Berufspolitiker und ALLER europäischer Bankangestellten in höheren Positionen, so lange bis die Krise vorbei ist, das wär fair, es würde nur Schuldige betreffen und nur welche, die es sich leisten können!

  • GO
    George Oberle

    Endlich hat jemand den Arbeiterverrätern in der EU Paroli geboten. Warum sollen Kleinanleger für die Vergehen der Banken zahlen?

  • J
    joy

    Die EU und Zypern sind beide extrem dämlich.

    Zypern braucht den Schuldenschnitt

    und ein schnelles Ende der Wirtschaftskrise.

     

    Wenn es beginnt das Erdgas abzubauen, muss

    sichergestellt werden, dass dieses Erdgas

    einzig und allein den Zyprioten!!!!! gehört

    und nicht ausländischen Blutsaugern!

    Die Russen machen das auch nicht anders

    und brauchen sich deshalb bei Zypern auch nicht

    beschweren.

    Auf gar keinen Fall sollten Optionen auf die

    Erdgasvorkommen an Gläubiger erteilt werden.

    Dann lieber den Staatsbankrott, aber und hier

    wird die EU gebraucht mit Wiederaufbauhilfe!!!!!!!!

    Wenn dieses kleine Land durch einen Staatsbankrott

    schuldenfrei ist und die Erdgasvorkommen üppig sind

    und Zypern unter EU-Schutz steht -und damit

    vor der Türkei geschützt ist- dann kann

    etwas besseres als Katar dort entstehen.

    Denn nun würde der Reichtum

    aus den Erdgasvorkommen in Zypern demokratisch

    auf alle Zyprioten verteilt!! Das muss aber sicher sein!!!!!!!

     

    Stattdessen verpfänden die Zyprioten ihren

    Reichtum an die Russen und das ist wirklich gefährlich und saublöd.

     

    Auch die EU braucht reiche Abnehmer und Konsumenten,

    denn es viele Industrieländer der EU sind davon

    abhängig!!!!

    Deshalb muss selbst der EU daran gelegen sein

    die "Kleinen Leute " Zyperns und die Hauptarbeitgeber

    in allen Branchen außer dem Bank-Finanzgewerbe

    glimpflich davonkommen zu lassen.

    Ich halte einen Geldbetrag von 1000.000 Euro pro

    bis Dez. 2012 volljährige

    amtlich registrierte ZypriotIn für angemessen, der außerhalb Zyperns

    noch nachträglich gebunkert werden darf.

    Fairness gegenüber den kleinen Leuten muss

    wiederhergestellt werden, da diese

    nicht die Expertise und die SpezialistInnen

    zur Geldanlage bisher bereitsgestellt bekommen haben

    und am wenigsten verantwortlich sind!!!!

    Dann wird der Staatsbankrott ausgerufen und dann

    beginnt der Neustart mit lediglich 5 Mrd. Euro

    der EU

    und der konkreten Umsetzung der Erdgasprojekte,

    deren Gewinne zu 40% an den Staat und zu 50% direkt

    an die anerkannten Bürger Zyperns verteilt werden

    in Form von Diamanten/Gold/Aktien angelegt ( nicht mehr ausschließlich in

    Euro/Dollar wegen deren Labilität) und dann sollen

    die Zyprioten gern verschwenderisch konsumieren!

    10% der Einnahmen fließen zur an die EU für das

    5Mrd EURO Startpaket für eine Laufzeit von 10

    Jahren zurück an die EZB!

     

    Es ist unglaublich, wie dumm sich die PolitikerInnen

    überall anstellen!

     

    So blöd, wie sich die Zyprioten anstellen, verspielen

    sie ihre Bodenschätze für einen Apfel und ein Ei,

    wegen ihrer kleinen Ersparnisse, die sie nicht

    rechtzeitig abheben DURFTEN.

    Es ist richtig die bisherigen Geldvermögen

    sicher zu bunkern und auch ihr gutes Recht,

    wenn der Staatsbankrott, die beste Form

    des Neuanfangs ist!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    Dann funktioniert der Laden auch die nächsten

    hundert Jahre und das sehr gut, denn

    es bleibt noch zusätzlich Logistik, Pflege, Tourismus, Bodenschätze, Sprachförderung, Landwirtschaft, Handwerk, Schiffbau -und Instandhaltung, Bildungsreisen, Kunsthandwerk,

    Solarthermie, Solarenergie, Gezeitenkraftwerke,

    Meerwasserentsalzungsanlagen, Geothermie,

    Recycling, Grenzschutz, Medizin und Rehabilitation

    und ein MODERATES Bankenwesen,

    historischer Abenteuertourismus, Villenbau, Palazzobau, Altenpflege u.v.a. mehr!!!!!!!!!!!

    Zypern hat massig Möglichkeiten, wenn es nur

    jetzt sehr besonnen reagiert!!!!!!!!

     

    Die blöden Kommentare bestätigen wieder die

    Arroganz und aufgeblasene Stumpfsinnigkeit

    mit faschistoiden Gestus.

    Wir Deutsche sollten zu unseren eigenen Gunsten

    uns ein sehr wohlständiges und europa-und

    deutschlandfreundliches Zypern wünschen

    und ein Griechenland 2 verhindern!!!

    Das kostet uns nämlich Unsummen und bringt

    als Entwicklungsperspektive nicht viel!!!!

  • KF
    Öko Fritz

    Zypern ist ein "Steuerparadies"!

     

    Den Nutzen haben vermögende "Ausländer", der kleine Mann aus Zypern ist wie überall der letzte im Glied!

     

    Es ginge ganz einfach:

    Eine Vermögenssteuer einführen, die Reichen und Superreichen entsprechend besteuern, den zyprischen Bürger seine paar Kröten lassen...

     

    Aber "man" dagegen wehren sich alle mit Händen und Füßen: Es ist leichter nacheinander ganze Völker zu enteignen, als Supereiche zu solidarisieren!

    (Riesige Vermögenbauen bauen sich in aller Regel über eine ungerechte Verteilung von Ertrag und Einsatz auf...)

     

    Amen

  • KS
    Karl Sonnenschein

    Endlich wieder jemand der sich von vermeintlichen Rettern nicht noch tiefer in den Sumpf ziehen laesst.

     

    Allein schon der Ausdruck "EU-Rettungspaket" entbehrt angesichts der dilettantischen Europapolitik jeder Logik.

     

    Meinen Glueckwunsch an die Zyprioten/innen.

  • R
    Roger

    Zypern will kein Geld haben? Auch gut.

    Ein Bankensystem weniger, das mit europäischen Steuergeldern ausgekauft wird.

    Klingt so, als sollten wir dem zyprischen Parlament danken!

  • H
    Herbert

    Reisende soll man nicht aufhalten!

    Zypern hätte sowieso nicht in die Eurozone gehört- da hat sich das Problem von selbst gelöst.

    Zypern hat mit einem Schneeballsystem an Zinsen (zuletzt noch 4,45 %) sich selbst in diese Lage gebracht. Es ist einfach unverschämt, zu erwarten, dass der europäische Steuerzahler diesen Bankrott schultert und den Eigenbetrag von 5,8 Milliarden zu verweigern.

     

    Nach den üblen Nazikarikuturen von Frau Merkel in Nikiosa (zu sehen im Telegraph heute) sollte Deutschland auch soviel Selbstachtung haben und sagen "Goodbye Cyprus"!