Keine Erhöhung der Parkgebühren: Berlin bekommt einen Parkplatzwahlkampf
Nicht einmal das Machtwort des Regierenden gilt: Die CDU verschleppt die Erhöhung der Parkgebühren und setzt damit ein emotionales Wahlkampfthema.
Z umindest die Linkspartei ist sich sicher. Im Wahlkampf für die Berliner Abgeordnetenhauswahlen am 20. September 2026 steht das Mietenthema an erster Stelle. So sicher ist sich die Linke, dass sie jetzt schon anfängt mit dem Plakatieren. „Sicher Wohnen per Gesetz“, lautet der Claim, inklusive Konterfei der Spitzenkandidatin Elif Eralp. Weil Wahlplakate neun Monate vor einer Wahl nicht zulässig sind, deklariert die Partei die Plakate kurzerhand zu Werbematerial für den eigenen Entwurf für ein Sicheres-Wohnen-Gesetz.
Wenn sie sich da mal nicht täuschen. Denn so emotional ein Wahlkampfthema auch sein mag: Entscheidend ist am Ende, was politisch dabei rauskommt. Oder kommen kann. Der Spielraum des Stadtstaates Berlin, das wissen nicht nur die Wählerinnen und Wähler der Linken, ist da eher gering. Und Initiativen aus der Hauptstadt hat der Bundesrat schon viele in die Tonne getreten.
Ganz anders ist es beim Thema Verkehr. Geht es um Tempo 30, um Parkplätze oder Fahrradwege oder den Preis der Vignetten fürs Anwohnerparken, sitzt nicht der Bund am längeren Hebel, sondern die Landesregierung. Die jetzige hat diesen Hebel allerdings ohne Not aus der Hand gegeben. Die lange diskutierte und vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zuletzt in Basta-Manier angemahnte Erhöhung der Anwohnerparkgebühren ist vom Tisch.
Das ist nicht nur peinlich für den Regierenden, dem ohnehin in letzter Zeit, wie beim Thema Olympia, das Gespür für politische Stimmungslagen abhanden gekommen ist. Mit Wegners verpufftem Machtwort landet die Debatte um die Höhe der Berliner Parkgebühren auch im kommenden Wahlkampf.
Denn die Positionen von SPD und CDU gehen nicht nur weit auseinander, sie sind im Grunde nicht vereinbar. Die SPD will eine Erhöhung von derzeit 10,20 Euro im Jahr auf 160 Euro. Die CDU dagegen plädiert für eine Art Flatrate. Wenn schon fürs Parken bezahlen, dann nicht nur für eine Parkzone, sondern in der ganzen Stadt.
Berlin im Vergleich ganz hinten
Einmal mehr positioniert sich die Berliner CDU damit als Autopartei, und die User in den Kommentarspalten von Tagesspiegel bis RBB danken es ihr. Es gibt beim Urnengang im kommenden Herbst also tatsächlich etwas zu entscheiden. Bleibt Berlin auf dem Weg zurück in die fossile Steinzeit, samt den niedrigsten Parkgebühren der Republik? Oder schließt es auf zu den europäischen Metropolen, die wie Paris die Verkehrswende in den vergangenen Jahren entschieden vorangetrieben haben?
Damit dürfte die Polarisierung der Stadt ähnliche Dimensionen erreichen wie vor den Wiederholungswahlen 2023. Denn eine Umfrage des Tagesspiegel vom September ergab, dass 47 Prozent der Befragten gegen eine Erhöhung der Anwohnerparkgebühren sind. Für eine Erhöhung sprachen sich dagegen nur 42 Prozent aus. Man muss kein Prophet sein, sich Ähnliches auch beim Thema neue Radwege auf Kosten bestehender Parkplätze vorzustellen.
Auflaufen lassen für die Wiederwahl
All das werden die Abgeordneten der CDU im Hinterkopf gehabt haben, die nun ihren Regierenden und Landesvorsitzenden haben auflaufen lassen. Schließlich wollen sie wiedergewählt werden. Am besten mit Direktmandat – und das ist in den Außenbezirken am wahrscheinlichsten.
Die SPD dagegen positioniert sich ausgerechnet in einem Feld, das ansonsten Grüne und Linke bestellen. Ganz überraschend ist das allerdings nicht. Denn in der Mietenpolitik, dem anderen wichtigen Wahlkampfthema, haben die Sozis nicht allzuviel zu bieten. Das einzig scharfe Schwert, die Vergesellschaftung großer privater Wohnungskonzerne, lehnen sie ab.
Sichtbar werden sie nun in der Verkehrspolitik. Wenn sie da mal nicht zwischen CDU einerseits und Linken und Grünen andererseits zerrieben werden.
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