Keine Einladung nach Berlin: Opposition prüft Klage für Snowden
Die Regierung verweigert Sicherheitsgarantien für den NSA-Whistleblower und unterstreicht ihr Nein zu einer Berlin-Anhörung. Opposition will diese notfalls erklagen.
BERLIN taz | Die Opposition im Bundestag bereitet eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht vor, um die Zeugenbefragung des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden vor dem Untersuchungsausschuss in Berlin notfalls einzuklagen. „Wir haben uns bereits sehr intensiv Gedanken gemacht“, sagte der Grünen-Obmann im Ausschuss, Konstantin von Notz, am Dienstag. Die Fraktion habe schon Juristen kontaktiert, die eine solche Klage als Prozessbevollmächtigte übernehmen könnten.
Anlass ist eine neue Stellungnahme der Bundesregierung zur Frage, ob sie Snowden für eine Aussage nach Deutschland lassen und ihm Schutz gewähren würde. Das kurze Schreiben erreichte den Ausschuss am Montag.
Darin antwortet die Regierung ebenso knapp wie unmissverständlich auf zwei entscheidende Nachfragen, die das Gremium im Namen von Snowdens Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck übermittelt hatte: Garantiert die Regierung dem Whistleblower, in Deutschland nicht festgenommen zu werden? „Nein.“ Sichert sie zu, ihn nicht an die USA auszuliefern? „Nein.“
Stattdessen argumentiert das Innenministerium, der Whistleblower müsse für seine Aussage gar nicht nach Deutschland kommen – weil „eine Zeugenvernehmung von Herrn Snowden im Ausland möglich ist“. Allerdings lehnte Anwalt Kaleck eine Befragung durch den Ausschuss in Snowdens Asyl in Moskau zuletzt ab, weil sie „ein sehr hohes Risiko für meinen Mandanten bedeuten würde“. Schließlich habe Russland ihn nur gegen die Zusage aufgenommen, dass er die USA „nicht weiter vergrätzt“.
Damit steht der Ausschuss vor einem Problem: Ohne Sicherheitsgarantien wird Snowden nicht nach Berlin kommen – in Moskau allerdings scheint die Befragung auch nicht machbar.
Im Detail ließ die Regierung offen, wie sie im Ernstfall mit dem seit Juli 2013 vorliegenden Festnahmeersuchen der USA umgehen würde: Diese Frage werde „gegenwärtig geprüft“, heißt es in dem Antwortbrief. Dazu seien „ergänzende Fragen“ an das US-Justizministerium übermittelt worden.
Ob sie Snowdens Enthüllungen als „politische Straftat“ bewertet und deshalb Auslieferungshindernisse sieht, beantwortet die Bundesregierung ebenfalls nicht. Berlin habe in dieser zentralen Frage bei der US-Seite „um ergänzende Informationen gebeten“, schreibt das Innenministerium.
Die Opposition wertet das Schreiben als gezielten Hinhalteversuch. Die Regierung spiele auf Zeit, „indem sie so lange taktiert, bis das Zeitfenster für Snowden in Russland Ende Juli abläuft“, sagte die Linken-Obfrau im Ausschuss, Martina Renner, der taz. Nur bis dahin läuft bisher das Asyl des Ex-NSAlers. Mit der Drohung, Snowden im Fall einer Einreise nach Deutschland festzunehmen und auszuliefern, blockiere die Regierung dessen Befragung durch den Bundestag, kritisierte Renner.
Grüne wollen klare Ansage
Die Grünen kündigten an, die Regierung nun zu einer abschließenden Zu- oder Absage an Snowden bewegen zu wollen. „Sobald klar ist, dass die Regierung die Amtshilfe verweigert, werden wir unser Aufklärungsinteresse beim Bundesverfassungsgericht geltend machen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele.
Auch der SPD-Obmann im Ausschuss, Christian Flisek, reagierte enttäuscht auf die Post vom Innenministerium. Die neue Stellungnahme „führt leider zu keinen neuen Erkenntnissen“, sagte er der taz. Es bleibe für Snowden „ein gewisses Risiko“, dass er tatsächlich an die US-Behörden ausgeliefert werde. Der SPD-Mann hofft allerdings, im direkten Gespräch mit Snowden noch einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden. Sein Vorschlag: Der Ausschuss solle noch vor der Sommerpause „mit ihm persönlich das Gespräch suchen“.
Die Grünen sind allerdings dafür nach Aussage ihres Obmanns von Notz nicht zu haben: Die Idee eines „Kennenlerngesprächs“ unter „den Richtmikrofonen des russischen Geheimdienstes“ nennt er abwegig.
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