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Kein Verschieben der Abi-PrüfungenPolitische Versäumnisse bloßgelegt

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Ein Berliner Gericht weist den Eilantrag einer Schülerin auf Verschiebung der Abi-Klausuren ab. Ein richtiges Urteil, auch wenn es hart wirkt.

Reifeprüfung: Anstehen auf dem Weg zum Abitur vor dem Berliner Rheingau-Gymnasium Foto: picture alliance/Kay Nietfeld/dpa

D ie Abi-Prüfungen werden jetzt durchgezogen – das war die Ansage von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) vergangene Woche, und die Gerichte stützen diese Entscheidung bisher. Den Eilantrag einer Schülerin auf Verschiebung ihrer schriftlichen Prüfungstermine, weil sie sich im Corona-bedingten Homeschooling nicht adäquat vorbereiten konnte, hat das Verwaltungsgericht am Dienstag zurückgewiesen.

Die Begründung, salopp formuliert: In der Krise haben’s alle schwer, und ungerecht ist Schule sowieso, auch ohne Corona. Zudem sei es ja gerade eine Wahrung der Chancengerechtigkeit, wenn alle bundesweit vergleichbare Prüfungen schreiben.

Das stimmt natürlich, irgendwie, oder zumindest ist das faktisch nicht falsch: Optimal ist das Heim-Abi wohl für niemanden. Selbst wenn man zu Hause Internet, einen PC und einen ruhigen Schreibtisch hat – die Bibliotheken und andere Lernorte sind seit Mitte März geschlossen, LehrerInnen sind sehr unterschiedlich erreichbar gewesen in den letzten Wochen. Und ein Alleingang Berlins bei den Prüfungen wäre den AbsolventInnen womöglich im Herbst tatsächlich auf die Füße gefallen, wenn sie sich damit bundesweit an den Universitäten bewerben wollen.

Es ist deshalb auch richtig gewesen, die Abiturprüfungen stattfinden zu lassen. Und es ist auch richtig, dass ein Verschieben der Prüfungen für einige und für andere nicht Neid- und Transparenzdebatten losgetreten hätte: Ab wann ist die soziale Härte objektiv so groß, dass man gerichtlich einen Aufschub gewährt? Schwierig, da vergleichbare Einzelentscheidungen zu treffen.

Trotzdem wirkt der RichterInnenspruch harsch. Warum? Weil die Coronakrise in vielen Lebensbereichen die Frage nach der (fehlenden) sozialen Gerechtigkeit noch mal viel härter und schärfer stellt – unter anderem und gerade in den Schulen. Und das Urteil legt diese bildungspolitischen Versäumnisse gnadenlos bloß.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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3 Kommentare

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  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Viel Zutrauen in die Fähigkeiten der Abiturienten haben die Lehrkräfte des Gymnasiums scheinbar nicht. Wie ist es sonst zu erklären, dass mit Farbmarkierungen den Erwachsenen erklärt werden muß Distanz zu halten. Wenigstens regt sich ein bisschen Protest, indem ein Prüfling zaghaft den Fuß außerhalb des zugewiesenen Platzes setzt. Ich hoffe nur , dass dies nicht schon ein Teil der Reifeprüfung war( Non- verbale Kommunikation mit Hilfe von Piktogrammen ).

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Seien Sie doch nicht so gehässig. Markierungen auf dem Boden finden Sie heutzutage an fast jeder Supermarktkasse oder vor dem Markt, damit Leute die Abstandsregelung visualisiert wahrnehmen können. Warum sollte es an den Schulen anders sein?



      Und nein, es ist kein Protest einen Fuss ausserhalb dieser Markierung zu haben. Aber das wissen Sie selbst, wollen aber dennoch jovial hier Ihre eigentliche Kritik, nein besser Gemecker, kaschieren.

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @Pia Mansfeld:

        Richtig, aber die meisten bei Aldi und Lidl haben kein Abitur, und bei Denn, s



        habe ich es nicht beobachtet.