Kauf durch RedBird Capital: Protest gegen Übernahme der britischen Zeitung „Telegraph“
Die britische Zeitung „Telegraph“ soll vom Investmentunternehmen RedBird Capital übernommen werden. Kritisiert wird dessen Nähe zu China.
Internationale Menschenrechts- und Presseorganisationen schlagen Alarm wegen der geplanten Übernahme der britischen Zeitung The Daily Telegraph von RedBird Capital, einem US-amerikanischen Investmentunternehmen. Neun Verbände, darunter Reporter ohne Grenzen, der „Index on Censorship“, Hongkong Watch und Human Rights in China, haben am 13. August einen Brief an die britische Kulturministerin Lisa Nandy (Labour) verfasst, weil der Kauf des Mediums „Medienpluralismus, Transparenz und Informationsintegrität im Vereinigten Königreich“ gefährde.
Kritisiert wird, dass John Thornton – Vorsitzender von RedBird – auch im Beirat der China Investment Corporation, eines staatlichen Vermögensfonds in Peking, der die Devisenreserven der Volksrepublik China verwaltet. Zuvor was Thornton Vorsitzender der Silk Road Finance Corporation.
Beide Gesellschaften seien Vehikel, mit denen China finanziellen Einfluss ausübe, heißt es in dem offenen Brief. Es gebe also berechtigtes Bedenken, dass der Telegraph mit der Übernahme aus dem Ausland beeinflusst werde. Die Unterzeichner fordern, dass bei den Ermittlungen zum Deal auch unabhängige „Experten für chinesische Manipulation von Informationen im Ausland und Einflussnahme sowie Experten für Medienpluralismus, Transparenz und Meinungsfreiheit“ miteinbezogen werden. Die Übernahme müsse in der Zwischenzeit auf Eis gelegt werden.
RedBird selbst, dessen Sitz in New York liegt, weist die Vorwürfe einer chinesischen Einflussnahme zurück: „Es gibt keine chinesische Beteiligung oder Einflussnahme bei der geplanten Übernahme des Telegraph durch RedBird Capital“, sagt ein Sprecher, wie der Guardian berichtet. Das Unternehmen habe seine „Position zur Unabhängigkeit der Presse klar zum Ausdruck gebracht, die ein grundlegender Grundsatz seiner Anlagestrategie beim Besitz und Ausbau von Nachrichtenunternehmen ist.“
Die „Torygraph“
1855 wurde der Telegraph gegründet, er gilt im Vereinigten Königreich als Leitmedium. Wegen der rechtskonservativen Ausrichtung des Blattes und seiner Nähe zu ranghohen konservativen Politikern wird sie von ihren Kritikern als „Torygraph“ bezeichnet – eine Anspielung auf den früheren Namen der konservativen Partei.
Die euroskeptische Zeitung positionierte sich während des Brexit-Referendums stark für einen Austritt aus der Europäischen Union, der mit einer knappen Mehrheit beschlossen wurde. Laut dem Medienfachmagazin PresseGazette hat der Telegraph eine tägliche Auflage von heute schätzungsweise 170.000 Exemplaren und ist damit eine der meistgelesenen Zeitungen des Landes.
Seit einigen Jahren herrscht Ungewissheit über die finanzielle Zukunft der Zeitung. Im November 2023 kauften sie RedBird und International Media Investments (IMI) gemeinsam. IMI, deren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten liegt und die von Sheikh Mansour bin Zayed Al Nahyan, Vizepräsident der Emirate geleitet wird, erwarb damals 75 Prozent der Zeitung.
Der Fall sorgte im britischen Parlament deshalb für Aufruhr: Inzwischen wurde beschlossen, dass ausländische Staaten höchstens 15 Prozent von britischen Zeitungen besitzen dürfen. Im Mai kündigte RedBird an, mit einem Konsortium den Telegraph für knapp 600 Millionen Euro kaufen zu wollen. Dafür muss RedBird die IMI aufzukaufen, um zum Haupteigentümer zu werden.
RedBird ist kein Unbekannter in der Medienbranche. Das Investmentunternehmen hat auch Anteile im Wert von 2 Milliarden Dollar an Skydance Media, das aktuell Paramount übernimmt. RedBird kündigt an, den Telegraph auch international ausbauen zu wollen, besonders in den USA. Vorausgesetzt die Übernahme wird von der britischen Regierung nicht ausgebremst.
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