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Katholische Schul-KleiderordnungHotpants-Verbot am Gymnasium

Die Sophie-Barat-Schule in Hamburg verbietet sichtbare Unterwäsche und bauchfreie Tops. SchülerInnen sprechen sich mehrheitlich gegen die neue Regelung aus.

Hotpants sollen die Schülerinnen künftig an den Nagel hängen Foto: Jens Kalaene/ dpa

HAMBURG taz | „Courage et Confiance – Mut und Vertrauen“, lautet das pädagogische Leitbild der Sophie-Barat-Schule in Hamburg. Mut müssen in diesen Tagen vor allem Schülerinnen aufbringen, die mit kurzer Hose zur Schule kommen. Die bestehende Hausordnung an dem katholischen Gymnasium wurde zum neuen Schuljahr um eine Richtlinie erweitert. Sie untersagt das Tragen aufreizender Kleidung.

„Man sollte sich an das heutige Zeitalter anpassen. Heutzutage ist es doch normal, dass man in kurzen Hosen und Tops mit Ausschnitt unterwegs ist“, sagt die 17-jährige Lisa. Sie ist Schülerin an der Schule in Hamburg-Rothenbaum. „Warum sollten wir die erste Schule in Hamburg sein, die das bestraft – nur weil wir eine katholische Schule sind?“ Vorschriften gegen aufreizende Kleidung befürworte sie – Hotpants fielen aber nicht darunter.

Die neue Vorschrift wurde durch einen Beschluss der Schulkonferenz gefasst, bestehend aus Lehrer-, Schüler- und Elternvertretern. „Was wir nicht sehen wollen“ lautet die Überschrift. Genannt werden dort Bauchfreiheit, Brustansatz, sichtbare Unterwäsche und zu viel Oberschenkel. „Dabei kann allzu freizügige und nachlässige Garderobe ungute Gefühle auf Lehrer- aber auch auf Schülerseite hervorrufen“, heißt es in der Richtlinie weiter.

Kein konkreter Anlass

Debatte über Stoff

Entfacht wurde die Debatte über aufreizende Kleidung durch die Neuregelungen an der Realschule Horb-Altheim in Baden-Württemberg.

Als eine Maßnahme gegen aufreizend gekleidete Schülerinnen verteilte die Schulleitung dort extra große T-Shirts, die bis Schulende getragen werden mussten.

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts You-Gov befürworten 51 Prozent der Befragten ein Verbot von Hotpants. 40 Prozent sprechen sich dagegen aus.

Von den 1.462 Befragten sprachen sich insgesamt vor allem die Frauen mit 58 Prozent für ein Verbot aus. 33 Prozent der Frauen waren dagegen.

Die Befragten im Alter von 18 bis 24 Jahren hingegen lehnten geschlechterübergreifend ein Verbot überwiegen ab.

Um welche Art von Gefühlen es sich dabei konkret handelt, möchte die Schule nicht sagen. Impliziert wird jedenfalls, dass sich vor allem männliche Lehrer und Schüler statt auf den Unterricht auf die Schülerinnen konzentrieren würden. Das störe den Schulfrieden und sei kontraproduktiv.

Der Katholische Schulverband ist der Träger der Sophie-Barat-Schule. Neben ihr gehören 20 weitere Schulen im Stadtgebiet Hamburgs zu dem Verband. Einen konkreten Anlass im Schulalltag habe es nicht gegeben, durch den die Hausordnung geändert werden musste, sagt dessen Pressesprecher Christoph Schommer.

„Ziel der Richtlinie ist es, einen grundsätzlichen und klaren Rahmen vorzugeben, um auch zukünftig eine gute Arbeitsatmosphäre und ein respektvolles Miteinander an der Schule zu gewährleisten“, sagt er.

Tiefe Dekolletés, bauchfreie Oberteile oder Kleidungsstücke mit rassistischen oder sexistischen Botschaften würden einem wertschätzenden, respektvollen Miteinander entgegenstehen. Der Beschluss sei durch eine große Mehrheit der Lehrer, Schüler und Eltern nach ausführlicher Diskussion abgesegnet worden.

Niemand will verantwortlich sein

Die Schülerinnen und Schüler sehen das anders. Sie stehen nach eigenen Angaben nicht hinter dem Beschluss, auch ihre Eltern seien nicht mehrheitlich dafür gewesen, behaupten einige. „Es soll wohl in den höheren Klassen etwas übertrieben worden sein“, sagt die Mutter einer zwölfjährigen Schülerin.

Wenn es so gewesen sein sollte und sich Mädchen zu offenherzig präsentiert hätten, stehe sie hinter der neuen Vorschrift. „Ich habe noch eine ältere Tochter, die auch auf dieser Schule war“, sagt sie. „Bei der gab es diese Probleme nicht.“

Verantwortlich für die Neuerung möchte scheinbar niemand sein. Die Lehrerinnen und Lehrer würden, im Unterricht auf die Kleiderordnung angesprochen, die Verantwortung auf die Eltern schieben, behaupten einige Gymnasiasten.

Die Regel sei zudem nicht ausreichend kommuniziert worden – einige Schülerinnen und Schüler hätten von der Vorschrift erst aus der Zeitung erfahren. „Erst wurde uns nur erzählt, dass es ein paar neue Regeln gibt“, sagt Simon aus der achten Klasse. „Dann wurde es öffentlich.“

Abwertende Reaktionen

Mittlerweile stünden die verbotenen Kleidungsstücke akribisch aufgelistet in den Mitteilungsheften der Schüler. Bei einem Verstoß gegen die Regeln werde man unverzüglich in das Sekretariat gebracht und verwarnt. Erst vor Kurzem soll eine seiner Mitschülerinnen wegen des Tragens einer Hotpants in das Sekretariat gerufen worden sein.

„Ich finde das nicht so lustig, gerade an heißen Tagen weiß ich nicht, was ich anziehen soll“, beklagt sich Michelle. Die 17-Jährige geht in die zwölfte Klasse und hält die Regelung für überspitzt: „Es ist diskriminierend, da nun mal jeder seinen eigenen Stil hat. Den sollte man verwirklichen dürfen.“ Die Schule sei wichtig für die Herausbildung der eigenen Identität. Eine weitere Vorschrift würde das verhindern, findet sie.

Doch stattdessen würden Lehrer vereinzelt als moralische Instanzen auftreten und abwertend auf unangemessene Kleidung reagieren. Es würden zynische Fragen gestellt, ob man denn am Morgen nichts Kürzeres gefunden habe. Eine freundlichere Zurechtweisung würde genügen, da bedürfe es keiner neuen Richtlinie. „Wir hatten vielleicht zwei Wochen Sommer in diesem Jahr, die können wir doch in kurzer Kleidung genießen“, findet sie.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "...Tiefe Dekolletés, bauchfreie Oberteile oder Kleidungsstücke mit rassistischen oder sexistischen Botschaften würden einem wertschätzenden, respektvollen Miteinander entgegenstehen...

     

    Das ist der Gipfel der Verlogenheit - schlicht die Unwahrheit, wenn man die Realität betrachtet. Weder Schüler betreiben so etwas wie "Wertschätzung" noch die Eltern. Die Schule wird als Autowerkstatt betrachtet, wobei die Lehrer die Monteure sind. Für den schönen Schein und täuschende Kulisse in der Verkaufsausstellung ist die Schulleitung zuständig. Da werden dann solche Propagandalügen verbreitet.

     

    Die Eltern geben ihre Kinder in der Schule ab und erwarten, dass sie gut ausgebildet, schmerzfrei hervorragend erzogen des abends zu Hause wieder eintreffen und oben drein noch müde sind, damit die Eltern nicht durch ihre Lustprodukte im Feierabend gestört werden. Das ist deutsche Schulwirklichkeit. Wehe, das funktioniert nicht, es gibt neben den schmierigen Abmahnanwälten auch Winkeldavokaten, die sich auf Schulrecht spezialisiert haben und bei Bedarf dann mit rechtlichen Schritten drohen.

     

    Darum ist die Kleidungsdebatte bizarr und lenkt von der eigentlichen Misere ab. Die Schulleitung wollte sich offenbar ein bisschen herausragend präsentieren um das zu tun, was heutzutage das Allerwichtigste an einer Schule ist: die Zahl der Schüleranmeldungen keinesfalls sinken zu lassen.

     

    Darum werden Schüler, die vor zehn Jahren wegen diszplinarischer Vergehen im hohen Bogen von der Schule flogen, gehätschelt und bei Problemen werden die Lehrer ermahnt: "Wir sind doch Profis, dass kann doch keine ernsthafte Hürde für den Pädagogen darstellen."

     

    Profis sind sie: im Ausblenden der tatsächlichen Zusammenhänge.

  • Und deswegen bin ich nicht mehr in der katholischen Kirche.

    Die Eltern könnten ihre Kinder ja auch umschulen.

  • Habe ich das richtig verstanden? Eine "gute Arbeitsatmosphäre und ein respektvolles Miteinander" sind an der katholischen Sophie-Barat-Schule in Hamburg nicht zu gewährleisten, wenn Schülerinnen ihren Bauch, den Brustansatz oder zu viel Oberschenkel zeigen? Und zwar deswegen nicht, weil die männlichen Lehrer dieser Schule sich nicht auf den Unterricht konzentrieren oder schlicht nicht selbst beherrschen können, wenn sie zu viel junges, knackiges Fleisch zu sehen kriegen?

     

    Himmel! Demnächst wird die Schulkonferenz sich höchstwahrscheinlich ernsthafte Gedanken über blickdichte Kopftücher machen. Die Loreley soll ja, heißt es, zu ihrer Zeit dafür gesorgt haben, dass Dutzende von Schiffen gesunken sind im Rhein bei Sankt Goarshausen. Und zwar allein dadurch, dass sie ganz still dagesessen hat und ihren Zopf gekämmt.

     

    Wieso sich die Sophie-Barat-Lehrer nicht ganz entschieden wehren gegen die Behauptung, sie hätten ihre Triebe nicht im Griff, sollten sie der taz bei Gelegenheit mal erklären, finde ich. Bevor sich noch eine Hagida gründet, die versucht, sie samt ihres überschäumenden Hormonhaushalts in den Iran abschieben zu lassen.