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Katholische KircheBischöfe erlauben die „Pille danach“

Mediziner in katholischen Kliniken dürfen vergewaltigten Frauen künftig die „Pille danach“ verschreiben. Aber nur, wenn eine Abtreibung ausgeschlossen ist.

Schließen auch vergewaltigte Frauen in ihr Gebet ein: die katholischen Bischöfe Bild: dpa

BERLIN taz | In katholischen Krankenhäusern können vergewaltigte Frauen künftig unter bestimmten Bedingungen die „Pille danach“ erhalten. Die Verabreichung muss jedoch die Befruchtung der Eizelle verhindern und darf nicht zur Abtreibung führen. Darauf haben sich die deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Trier geeinigt. Der Vorsitzende Robert Zollitsch sagte am Donnerstag: „Das oberste Ziel ist die Hilfe für Menschen, die in Not sind.“

Ausgelöst wurde die Diskussion um die „Pille danach“ durch einen Vorfall aus Köln. Anfang des Jahres hatte sich eine junge Frau nach einer Vergewaltigung an zwei katholische Krankenhäuser gewandt, um Spuren sichern zu lassen. An beiden Kliniken wurde sie jedoch abgewiesen mit der Begründung, dass eine Untersuchung immer mit einem Gespräch über die „Pille danach“ verbunden sei.

Später bezeichnete die Leitung beider Krankenhäuser den Vorfall als „Missverständnis“. Vergewaltigungsopfer würden auch an katholischen Einrichtungen Hilfe finden, nur die „Pille danach“ werde nicht verschrieben.

Die deutschen Bischöfe haben nun die bisherigen Vorgaben geändert. Bereits vor dem Treffen hatte Zollitsch einen Kurswechsel angedeutet. Zuvor hatte sich schon der Kölner Kardinal Joachim Meisner dafür ausgesprochen.

„Wichtige und hilfreiche Entscheidung“

Nun soll die Verantwortung für die Ausgabe bei den Ärzten liegen. „Die haben die Entscheidung zu treffen“, sagte Zollitsch am Donnerstag. Hintergrund ist die Frage, ob sichergestellt werden kann, dass durch die Einnahme der „Pille danach“ wirklich nur die Befruchtung verhindert wird. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Frauenärzte, Christian Albring, sagte in einem Interview, dass die Einnistung auch durch neue Präparate nicht verhindert wird. Zollitsch betonte, dass im Zweifel keine „Pille danach“ ausgegeben werden solle.

Der katholische Caritas-Verband als Träger zahlreicher Kliniken begrüßte die „klaren Worte“ der Bischöfe. Präsident Peter Neher sprach gegenüber der taz von einer „wichtigen und hilfreichen Entscheidung für die Arbeit der Ärzte in katholischen Krankenhäusern“.

Der katholischen Reforminitiative „Wir sind Kirche“ geht der Beschluss der Bischofskonferenz dagegen nicht weit genug. „Wir brauchen eine neue Einstellung zur Sexualität“, sagte der Sprecher Christian Weisner. Die neue Position zur „Pille danach“ ist seiner Einschätzung nach „nicht einem grundsätzlichen Umdenken der Bischöfe, sondern vor allem der Tatsache geschuldet, dass die katholischen Krankenhäuser sonst aus der staatlichen Krankenhausfinanzierung ausgegliedert würden“.

Bei den Parteien im Bundestag stieß die Entscheidung auf Zustimmung. Der kirchenpolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, sprach von einer „überfälligen Neubewertung“. Auch die Unionsfraktionen begrüßten die neue Haltung der deutschen Bischöfe. Deren kirchenpolitische Beauftragte Maria Flachsbarth sagte, es gebe „keine Abstriche an der unmissverständlichen Ablehnung der Abtreibung und gleichzeitig ist im Einklang mit der kirchlichen Lehre ein Ausweg für Frauen in einer verzweifelten Situation gefunden worden“.

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7 Kommentare

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  • PG
    Peter Großmann

    Als ob katholische Bischöfe entscheiden würden, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht. Die Zeiten sind ja zum Glück vorbei.

  • JK
    Juergen K.

    Ein Arzt,

    der sich von einem Pfaffen vorschreiben lässt, was er zu tun hat,

     

    ist kein Arzt.

  • MS
    Mr Space

    Theologen treffen Entscheidungen über medizinische Belange in Krankenhäuser, die von Steuergeldern finanziert werden. Zum Nachteil der Frauen setzt diese Gruppe von alten Männern Ihre Vorstellungen durch. Auf Kosten aller und über Gesetze hinweg.

     

    Das Äußerste, was erlaubt werden dürfte, wäre ein Hinweis auf der Pillenpackung: "Diese Pille könnte zur Abtreibung führen, was gegen die Katholische Lehre verstößt und so weiter und sofort..." Die letzte Entscheidung muss doch Patient und Arzt treffen können.

     

    In vielen Gegenden und Kleinstädte gibt es ausschließlich Katholische oder Evangelische Einrichtungen. Von Staat bezahlt. Und doch müssen wir uns dieser Schickane unterwerfen?

     

    Unerträglich!

  • AG
    Anton Gorodezky

    Mir fehlt zur Bewertung dieses Gesinnungswandels (immerhin: damit wendet sich die katholische Kirche von der generellen Ablehnung von Verhütungsmitteln ab) noch die Information, ob es überhaupt eine Pille danach gibt, die diesen Anforderungen entspricht. Die normale Anti-Baby-Pille tut das jedenfalls nicht: sollte da doch mal eine Eizelle reifen und befruchtet werden, wird sie am Einnisten in die Gebärmutterschleimhaut gehindert. (Wer es besser weiß, soll mich bitte korrigieren, ich bin kein Spezialist auf diesem Gebiet).

  • C
    Celsus

    Die katholische Kirche gibt sich das Bild einer Institution, die schon immer gegen Abtreibungen ab der Empfängnis gewesen wäre. Und das stimmt einfach nicht, wenn wir einmal die Kirchenrechtsgeschichte betrachten. Wurde doch früher auch erst exkommuniziert, wenn die Abtreibung später als als 80 Tage nach der Empfängnis erfolgte! Früher heisst hier bis 1869.

     

    Der Kirchenrechtlern bekannte Hintergrund war doch, dass früher die Kirche unter Rückgriff auf alte Kirchenlehrer den Empfang einer Seele nicht mit dem Zeitpunkt der Emfpängnis gleichsetzte. Auf die Seele mussten - so die doch so weisen Kirchelehrer - die Mädchen bald 40 Tage länger warten als die Jungen.

     

    Was also spricht bei einer befruchteten Eizelle ohne jde entstandene Nervenzelle für mehr als jedes andere menschliche Gewebe schützenswertes menschliches Leben? Das kann auch die Kirche nicht besser und nicht weniger willkürlich beantworten als andere.

  • H
    Humanist

    Kann mir mal ein Bischof oder so bitte erklären welches Lebewesen "höherwertiger" ist?

    Ein Fisch/Pferd oder ein menschlicher Embryo mit 64 Zellen?

    Falls letzteres, dann bitte auch keinen Fisch / kein Pferd mehr essen, liebe Christen!

    http://de.wikipedia.org/wiki/Biogenetische_Grundregel#Beispiele

  • A
    AndreasR

    Schlimm genug, dass diese kleidertragenden alten Männer so viel zu sagen haben.