Katar und seine Opfer (10): Mehr Arbeit, weniger Geld
Consolata will in Katar Geld für ihren erkrankten Vater in Kenia verdienen. Sie erfährt Ausbeutung und Rassismus.
Bevor sie nach Katar geht, ist Consolata in einer verzweifelten Lage. In ihrer Heimat in Kenia hat ihr Vater eine Krebsdiagnose erhalten, so erzählt sie es der taz. „Wir konnten seine Behandlung nicht zahlen. Meine Schwestern haben in Kenia alles versucht, aber die Löhne dort sind sehr niedrig.“ Auf der Suche nach einem besseren Leben und nach einem Weg, ihren Vater zu retten, geht Consolata 2018 nach Katar. Die Kenianerin, die zu ihrem Schutz ihren Nachnamen nicht nennen möchte, arbeitet dort zwei Jahre lang als Putzfrau am Flughafen.
Die Sicherheitsbedingungen seien gut gewesen, aber die Löhne sehr schlecht. Bei 1.300 katarischen Rial lag das Gehalt; 300 Rial gingen davon für die Essensversorgung ab. Doch Essen, erzählt Consolata, habe sie gar nicht bekommen. Es blieben also nur 1.000 Rial, umgerechnet aktuell rund 275 US-Dollar, um ihren Lebensunterhalt in Katar zu bestreiten. Zuerst war die Arbeit okay, acht Stunden am Tag. „Dann hieß es plötzlich, dass unsere Dienste dringend gebraucht würden, und unsere Arbeitszeit wurde auf zwölf Stunden erhöht. Aber das Gehalt blieb gleich.“
Rassismus in Katar
Auf Beschwerden habe der Arbeitgeber geantwortet, das Gehalt stehe eben so im Vertrag. Auch die gesundheitliche Vorsorge sei schlecht gewesen. Während der Arbeit durfte Consolata, so erzählt sie es, keine Schutzmaske tragen. Obwohl sie an einem Flughafen arbeitet, wo täglich infizierte Passagiere entlanglaufen, und obwohl sie bei ihrer Arbeit mit giftigen Chemikalien hantiert. Passagiere hätten sich nämlich beschwert, dass die Putzfrauen Masken tragen. Wer trotzdem Maske tragen wollte, habe das schriftlich begründen müssen.
Auch der Rassismus sei groß. „Es haben immer zuerst die Leute aus Indien und Bangladesch Arbeit gekriegt und die Schwarzen zuletzt.“ Weil Consolata so wenig verdient, kann sie die Behandlung des Vaters nicht finanzieren. Er stirbt.
Nach seinem Tod 2020 kehrt sie nach Kenia zurück. Dort hat Consolata es nun doppelt schwer. Frauen, die am Golf gearbeitet hätten, bekämen keinen Job, weil die Arbeitgeber fürchteten, sie verlangten ein hohes Gehalt und machten nur Schwierigkeiten. Consolata möchte deshalb trotz der schlechten Bedingungen an den Golf zurück. Aber nicht mehr nach Katar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste