Katar und seine Opfer (12): Der letzte Weg zur Arbeit

Anish Gurung starb im Auto auf dem Weg zur Baustelle. Auf eine Entschädigung aus Katar wartet seine Familie bis heute.

Schattenriss von einem Mann

Illustration: taz

Hätte die Familie Geld gehabt, hätte sie Anish Gurung nie im Leben nach Katar geschickt. So erzählt es sein Vater Jagan Gurung. Die Armut diktierte diese Entscheidung; im Heimatdorf in Nepal gab es keine Arbeit. Als Anish Gurung 18 Jahre alt war, wollte er die Schule nicht weitermachen. Er habe zu Hause rumgehangen, keine Arbeit gehabt, unter schlechtem Einfluss fauler Freunde gestanden und sei immer verwöhnter geworden, so sagt es der Vater.

Die einzige Option, die dem Sohn schließlich interessant erschien: ins Ausland gehen. Irgendwann gab der Vater nach. Die Familie zahlte 1.000 Dollar an einen Agenten, obwohl eigentlich nur 100 Dollar erlaubt sind, und der Agent vermittelte Anish Gurung nach Katar. Dort wurde er Bauarbeiter.

Weil Anish Gurung keine Arbeitserfahrung hatte, musste er ganz unten in der Hierarchie anfangen. Fast täglich rief er zu Hause an. Bis zum 7. Juli 2021. Anish Gurung war auf dem Weg zur Arbeit auf dem Beifahrersitz. Der Wagen kollidierte mit einem anderen Auto, drei Leute kamen dabei ums Leben. Darunter Anish Gurung.

Obwohl er auf dem Weg zur Arbeit starb, hat die Familie bisher keine Entschädigung von seinem Arbeitgeber erhalten. „Er war unser einziger Sohn und hatte gerade erst angefangen, Geld nach Hause zu schicken. Jetzt haben wir niemanden, der uns helfen kann“, sagt Jagan Gurung. „Wir sind verloren. Ohne Nachbarn, die uns helfen durchzukommen, würden wir nicht überleben.“ Von der nepalesischen Regierung hat die Familie 5.753 Dollar bekommen. Sein Vater hat das Handy weiterhin immer aufgeladen in der Nähe, weil er immer noch hofft, dass Anish dran sein könnte. Er wurde 21 Jahre alt.

Quelle: Cards of Qatar, eine Recherche der journalistischen Plattform blankspot.se

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