Katalonischer Ex-Regionalpräsident: Auslieferung rückt näher
Die Staatsanwaltschaft beantragt Auslieferungshaft gegen Carles Puigdemont. Nun muss das Gericht entscheiden. Viele zollen ihm Unterstützung.
Die schleswig-holsteinische Generalstaatsanwaltschaft hat einen Auslieferungshaftbefehl gegen den in Deutschland festgenommenen katalanische Ex-Regionalpräsidenten Carles Puigdemont beantragt. Dies teilte die Anklagebehörde am Dienstag in Schleswig mit. Über den Antrag muss nun das Oberlandesgericht von Schleswig-Holstein entscheiden.
Eine „intensive Prüfung“ des von der spanischen Justiz erwirkten europäischen Haftbefehls habe ergeben, dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliege, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Es sei mit einem „ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahren“ zu rechnen. Zudem bestehe Fluchtgefahr.
Bevor die Entscheidung über den Antrag fiel, hatte Carles Puigdemont Besuch bekommen. Den Ostersonntag verbrachte der im schleswig-holsteinische Neumünster inhaftierte ehemalige katalanische Regionalpräsident mit den deutschen Bundestagsabgeordneten Zaklin Nastic und Diether Dehm (Die Linke). „Er macht trotz der Umstände einen munteren Eindruck“, sagte Nastic der taz am Montag.
Puigdemont habe beteuert, er sei kein Verbrecher, sondern vertrete die Interessen seiner Wähler. „Er erwartet, dass die Bundesregierung ihn nicht wie einen Kriminellen behandelt“, sagte Nastic. Die beiden PolitikerInnen boten dem katalanischen Politiker an, ihm eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen und Geld zu sammeln, falls es zu einem Prozess in Deutschland kommt.
Ferran Cornella, Aktivist
Puigdemont wurde am 25. März auf der A7 verhaftet, weil Spanien ihn unter anderem wegen Veruntreuung und Rebellion per Europäischem Haftbefehl suchen ließ. Der ehemalige katalanische Regierungschef hatte im vergangenen Oktober ein Referendum über die Unabhängigkeit seiner Heimatregion angestrengt. Daraufhin enthob die spanische Regierung ihn seines Amtes – Puigdemont floh nach Belgien.
Beginn einer neuen Ära
Per Twitter meldete er sich am Tag der Festsetzung auch selbst zu Wort. Das Referendum sei „der Beginn einer neuen Ära“ gewesen, „von der es kein Zurück gibt“, schrieb der 55-Jährige. Die Mitglieder der abgesetzten Regionalregierung seien „politische Gefangene, aber frei in ihrem Geist“.
Ebenfalls per Twitter ließ der Inhaftierte wissen, dass er nicht vorhabe, sich aus der Politik zurückzuziehen: „Ich werde nicht aufgeben, ich werde nicht verzichten, ich werde nicht vor den unrechtmäßigen Handlungen derjenigen zurückweichen, die an den Urnen verloren haben.“
Bei einer Telefonkonferenz kurz nach der Festnahme Puigdemonts seien sich mehrere Minister der Bundesregierung, darunter Justizministerin Katarina Barley (SPD), einig gewesen, dass es keine politische Einmischung geben dürfe. Die Anwälte Puigdemonts hatten die Bundesregierung aufgefordert, eine Auslieferung zu verhindern.
Demonstrationen in Berlin
In Berlin demonstrierten am vergangenen Sonntag 400 Menschen für die Freilassung des katalanischen Exregierungschefs. Ferran Cornella von der Unabhängigkeitsbewegung Comitès de Defensa de la República (CDR) hat die Berliner Demonstration organisiert. Er fordert, dass die Bundesregierung Puigdemont nicht ausliefert.
„Als die spanische Polizei am Tag des Referendums Gewalt gegen Zivilisten anwendete, sagte Deutschland nur, das Ganze sei eine innerspanische Angelegenheit.“ Wenn man den katalanischen Politiker jetzt nach Spanien überführe, so Ferran, käme das aber einer Einmischung gleich. „Wo bleibt da die Neutralität?“, fragte der Aktivist im Gespräch mit der taz.
Das CDR will Mitte April vor der Haftanstalt demonstrieren, in der Puigdemont einsitzt, und dazu Aktivisten aus ganz Deutschland nach Neumünster bringen. „Wir machen weiter“, beteuert Cornella. (mit dpa/afp)
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