Katalanische Unabhängigkeitsbewegung: Katalonien ist überall
An vielen Orten Spaniens gab es am Wochenende Solidaritätsbekundungen mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.
Um die tausend Menschen waren zu einer Veranstaltung für „das Recht der Katalanen frei zu entscheiden“ ins Theater gekommen. Hunderte fanden keinen Platz und folgten der Veranstaltung, an der hochrangige Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und Politiker der linksalternativen Podemos teilnahmen, per Lautsprecher auf der Straße.
Ein großes Polizeiaufgebot beobachtete die Szene. Denn eigentlich sind solche Veranstaltungen verboten. Das Verfassungsgericht untersagt die für den 1. Oktober von der katalanischen Autonomieregierung angesetzte Volksabstimmung über die Zukunft Kataloniens. Ein Gericht in Madrid verhinderte, dass die Veranstaltung in einem gemeindeeigenen Kulturzentrum stattfinden konnte. Deshalb wichen die Organisatoren auf das von einer Genossenschaft geführte Theater aus.
Es war viel von „Meinungsfreiheit“, „Repression“, „Ausnahmezustand“ und von „dem demokratischen Recht abzustimmen“, die Rede. Katalonien sei nur der Anfang. Die Einschränkungen demokratischer Rechte drohten auch im restlichen Spanien. „Katalanen, Madrid mag euch!“ rief die Moderatorin der Veranstaltung in Madrid. „Sie werden nicht durchkommen!“, antworteten die Menschen mit jenem Ruf, mit dem Madrid in den 1930ern jahrelang der Belagerung durch faschistische Truppen im spanischen Bürgerkrieg trotzte.
Madrids hartes Vorgehen
Katalonien erhitzt die Gemüter weit über die Grenzen der Region hinaus. Denn die konservative Zentralregierung unter Mariano Rajoy lässt in Katalonien Druckereien und Redaktionen durchsuchen, beschlagnahmte bisher weit über eine Million Flugblätter und Plakate, verbietet Infotische und verfolgt diejenigen, die Material verteilen und Plakate kleben. Der katalanischen Regierung droht die Staatsanwaltschaft ebenso wie über 700 Bürgermeistern, die das Referendum unterstützen, ganz offen mit Haft.
Bereits am Samstag waren im baskischen Bilbao über 30.000 Menschen auf die Straße gegangen. An dem Marsch unter dem Motto „Demokratie. Wählen um zu entscheiden!“ nahmen neben zahlreichen Vereinigungen und Gewerkschaften Vertreter aller nationalistischen Parteien teil, von der linksseparatistischen Bildu bis hin zur im Baskenland regierenden konservativen Baskisch Nationalistischen Partei PNV. Die Maßnahmen gegen das Referendum in Katalonien wurden mit der Diktatur unter General Francisco Franco verglichen. Auch gegen die spanischen Sozialisten (PSOE) wurden Rufe laut. Sie unterstützen die Regierung voll und ganz in ihrer harten Gangart.
Per Videokonferenz war die Präsidentin des katalanischen Parlaments und Befürworterin der Unabhängigkeit, Carme Forcadell, zugeschaltet. Es könne „keine Demokratie in einem Staat geben, der politische Ideen verfolgen lässt“, rief sie unter Applaus.
Die katalanische Tageszeitung Ara und die spanienweite Nachrichtenseite eldiario.es veröffentlichten in den letzten beiden Tagen Umfragen aus Katalonien. Beide kamen zum Ergebnis, dass rund 60 Prozent der katalanischen Bevölkerung teilnehmen wird, sollte es tatsächlich gelingen, am 1. Oktober die Urnen aufzustellen. Laut eldiario.es wollen davon 59,5 Prozent für die Unabhängigkeit stimmen. Laut Ara gar 69 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies