Kassenärzte gegen Homöopathie: „Kein Beleg für Wirksamkeit“
Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für Homöopathie – trotz unklarem Nachweis der Wirksamkeit. Die Kassenärzte wollen das nun unterbinden.
In Gassens Vereinigung organisieren sich Vertragsärzte gegenüber Krankenkassen. Bereits zuletzt hatte es Kritik an der Kostenübernahme von homöopathischen Behandlungsmethoden gegeben. Diese erfreuen sich allerdings weiterhin hoher Beliebtheit in Deutschland – weshalb viele gesetzliche Krankenkassen die Kosten für ihre Versicherten tragen. Dazu gehören auch die beiden größten Kassen des Landes, die Techniker Krankenkasse und die Barmer GEK, die zusammen rund 20 Millionen Versicherte zählen.
An der Homöopathie scheiden sich schon lange die Geister. Außerhalb des Kreises an Menschen, die glauben, durch diese „alternativmedizinischen“ Behandlungen tatsächlich von einer Krankheit geheilt worden zu sein, gilt die Wirksamkeit von Globuli und Co als zumindest umstritten. Die Wirkkraft der stark verdünnten Substanzen wurde bisher jedenfalls nicht nachgewiesen. Wenn Patienten dann doch über einen Heilungsprozess jubeln, verweisen Kritiker auf den Placebo-Effekt. Weiterhin wird oft die Sorge laut, dass homöopathische Behandlungen eine ernsthafte Genesung ausbremsen, bis es für Patienten zu spät ist.
Frankreich hat schon reagiert
KBV-Präsident Gassen verweist nun auf die Entscheidung der französischen Regierung, Homöopathie als Kassenleistung bis 2021 zu streichen. Dies war eine Empfehlung der Obersten Gesundheitsbehörde. Die Behörde untersuchte neun Monate lang fast 1.200 homöopathische Arzneimittel und analysierte mehr als 1.000 wissenschaftliche Publikationen – und fand: nichts. Die Wirksamkeit ließ sich nicht nachweisen.
In Deutschland sind die Kassenärzte nicht die Einzigen, die wünschen, dass Krankenkassen lediglich nachweisbar wirksame Behandlungsmethoden finanzieren. Der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) macht sich schon lange dafür stark und forderte zuletzt, ebenso wie die Franzosen vorzugehen.
Schützenhilfe kommt auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), der über den Leistungskatalog der Krankenkassen entscheidet. GBA-Chef Josef Hecken forderte im Berliner Tagesspiegel, dass der Gesetzgeber die Vorgaben enger fassen müsse. Die GBA hat darauf keinen Einfluss: Homöopathie ist kein Teil des gesetzlichen Leistungskatalogs. Die Kassen entscheiden selbst, ob sie die Behandlung übernehmen oder nicht.
Das kritische „Informationsnetzwerk Homöopathie“ würde einen Beitragsstopp begrüßen. Auf Anfrage der taz geht die Mitgründerin Natalie Gram noch einen Schritt weiter und fordert, dass Homöopathie aus der Apothekenpflicht und dem Status des Arzneimittels entlassen werden soll.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm