Kanye West und seine These zur Sklaverei: Die Sache mit dem Denken
Der Rapper mit einer Vorliebe für Trump und krasse Äußerungen hat einen neuen Skandal losgetreten. Diesmal geht es um die Sklaverei.
Genie und Wahnsinn – eine vielbesungene Kombination, manchmal jedoch eine zu extreme Diagnose. Vielleicht verkörpert Kanye West eher die Synthese von Talent und abgrundtiefer Dummheit. Der Rapper, der Skandale am Fließband produziert und damit eine weitere Gemeinsamkeit mit seinem „boy“ Donald Trump verbuchen kann, hat in einem Live-Interview mit dem US-Portal TMZ ein neues denkwürdiges Statement von sich gegeben: „Wenn man von über 400 Jahre langer Sklaverei hört: 400 Jahre lang? Das klingt für mich nach eigener Wahl.“ Er bezeichnete sich in diesem Zusammenhang als Freidenker.
Freie Gedanken sind schön und gut, es kommt aber die Frage auf, ob wir Sterblichen vielleicht auf einem anderen Planeten leben als der Künstler, dessen Songtitel schon mal bescheidene Titel wie „I am a God“ tragen. Wahrscheinlich aber eher nicht: Als Kanye die Mitarbeiter ins TMZ-Büro fragte, ob sie ähnlich denken wie er, kommentierte Mitarbeiter Van Lathan: „Ich denke, du denkst überhaupt nicht.“
Weiter sagte Lathan: „Du hast eine große Verantwortung, Bruder. Der Rest von uns muss in der Gesellschaft mit diesen Bedrohungen und der Ausgrenzung leben, die mit 400 Jahren Sklaverei einhergehen, die du als freie Wahl unserer Leute bezeichnest.“ Er fühle sich unglaublich verletzt.
Auch auf Twitter formierte sich innerhalb kürzester Zeit unter #IfSlaveryWasAChoice der Widerstand. CNN-Kommentatorin Symone D. Sanders twitterte etwa, West sei eine gefährliche Karikatur einer frei denkenden Person in Amerika und sie könne nicht glauben, dies sagen zu müssen, aber Sklaverei sei weit entfernt von einer Wahl gewesen.
Empfohlener externer Inhalt
Zahlreiche User nutzen die Chance unter dem zwischenzeitlich weltweit trendenden Hashtag fantasievolle Memes zu posten, die ein Nutzer mit den Worten kommentierte: „Kanye ist vielleicht durchgeknallt, aber #IfSlaveryWasAChoice ist extrem witzig“.
Der Rapper, der bekanntermaßen ein allergisches Verhältnis zu Kritik hat, räumte später auf Twitter ein, dass er natürlich wisse, dass Sklaven nicht aus freien Stücken auf ein Boot verfrachtet wurden. Später fügte er jedoch hinzu: „Aber so lange in dieser Position zu bleiben, obwohl wir eine große Masse auf unserer Seite hatten, zeigt, dass wir mental gefangen waren.“ Kanye erinnerte auch einmal mehr daran, dass er ein freier Denker sei.
Empfohlener externer Inhalt
Ein Freier vielleicht, ein Großer nicht: Vor seinem Statement zur Versklavung hatte Kanye im Interview wieder einmal seine Unterstützung für Trump bekräftigt und erklärt, warum er ein Foto von sich gepostet hat, auf dem er eine „Make America Great Again“-Kappe trägt: „Ich fühle eine Freiheit darin Dinge zu tun, über die jeder sagt, dass du es nicht tun sollst.“ Lieber Kanye, niemand hat gesagt, dass du dein Hirn nicht nutzen sollst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren