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Kanadische Offerte für DüngerherstellerNaturschützer gegen Verkauf von K+S

Kanadier wollen den Kasseler Düngemittelkonzern K+S kaufen. Damit könnte die Entsorgung seiner Altlasten noch schwieriger werden, fürchten Aktivisten.

Eine salzige Altlast von K+S: Abraumhalde in Hessen. Foto: dpa

Berlin taz | Umweltschützer warnen vor einer Übernahme des Kasseler Dünger- und Salzherstellers K+S durch den kanadischen Konkurrenten Potash. „Wir befürchten, dass das Unternehmen möglicherweise Standorte an der Grenze von Thüringen und Hessen dichtmacht“, sagte der thüringische Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), Burkhard Vogel, am Mittwoch der taz.

Dann könnten die Altlasten – unterirdische Salzlaugendeponien und gigantische Salzhalden – „komplett der Allgemeinheit überlassen werden und niemand mehr als Ansprechpartner greifbar sein“. Ähnlich äußerte sich die wichtigste Bürgerinitiative gegen Schäden durch K+S-Bergwerke.

Salze der Abraumhalden, die bei der Produktion von Kali-Dünger anfallen, werden von Regen ausgewaschen. K+S fängt das Wasser zwar auf, leitet es aber in den Fluss Werra ein. Zusammen mit den anderen Salzabwässern des Konzerns sind das rund zehn Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die heimischen Tier- und Pflanzenarten sind laut BUND weitgehend abgestorben. Da die Werra in die Weser mündet, ist auch dieser Fluss betroffen. Zudem gefährdet Salz aus Laugendeponien das Grundwasser, was sich auf die Gewinnung von Trinkwasser auswirkt.

Potash hat rund acht Milliarden Euro für K+S geboten. Gründe könnten zum Beispiel ein Bergbauprojekt der Hessen in Kanada und ihr Vertriebsnetz sein. Der K+S-Vorstand lehnte die Offerte zwar ab. Es wird aber damit gerechnet, dass die Kanadier ihr Angebot nachbessern.

Auch der Vorsitzende der Bürgerinitiative „Für ein lebenswertes Werratal“, Klaus Reinhardt, sieht einen Verkauf von K+S kritisch. Zwar wäre es natürlich eine Entlastung für die Umwelt, wenn nach Werksschließungen weniger versalzenes Abwasser anfalle. Aber: „Der Verhandlungspartner sitzt dann in Kanada und nicht mehr hier in Kassel“, sagte der Aktivist. „Ich glaube kaum, dass die Kanadier bemüht sind, die Halden wieder unter Tage zu bringen.“ Auch K+S will sich in dieser Frage zwar weitgehend aus der Affäre ziehen, aber die Umweltschützer glauben, dass die Chancen auf eine Einigung mit einem hier verankerten Unternehmen größer seien.

Kaliförderung in Deutschland teurer

Werksschließungen nach einer Übernahme hält Reinhardt für wahrscheinlich, da die Produktionskosten im Werra-Revier zu hoch seien. Während in Deutschland das Kali aus 1.000 Meter Tiefe geholt wird, lägen viele kanadische Vorkommen nur 60 Meter unter der Erde. Reinhardt sorgt sich deshalb auch um die Arbeitsplätze hierzulande. K+S beschäftigt derzeit mehr als 14.000 Menschen, vor allem in Deutschland.

Aus diesen Gründen würden es die Umweltschützer begrüßen, wenn die Bundesregierung die Fusion verhinderte. Darum habe K+S Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gebeten, berichtete das Handelsblatt am Mittwoch. Dabei sei auch ein Einstieg der staatlichen KfW-Bank im Gespräch gewesen, schrieb das Blatt unter Berufung auf Wirtschaftskreise. Demnach solle die KfW K+S-Aktien kaufen, um eine Sperrminorität aufzubauen.

Staatshilfe gegen Umweltauflagen

Die Aktivisten stellen dafür aber Bedingungen: „Wenn überhaupt Hilfen für die Kaliindustrie gegeben werden, müssen diese definitiv mit Umweltauflagen verbunden werden“, so BUND-Funktionär Vogel. Der Konzern solle sofort aufhören, Salz in die Werra einzuleiten und unterirdisch zu verpressen. Außerdem forderte Vogel eine Lösung für die Abraumhalden.

Potash hat zwar in einer Pressemitteilung erklärt, dass sein Übernahmevorschlag „nicht darauf basiert, Minen zu schließen, die Produktion zu drosseln, das Salz-Geschäft zu verkaufen oder Personal abzubauen.“ Doch bislang hätten die Kanadier keine „verbindlichen Zusagen“ gemacht, monierte K+S.

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4 Kommentare

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  • in der Überschrift zu diesem Artikel heisst es:

    Kanadier wollen den Kasseler Düngemittelkonzern K+S kaufen

    Die Überschrift sollte jedoch lauten:

    Düngemittelkonzern K+S will verkaufen an Kanadier

    Man will sich schließlich bei K+S von den Altlasten freiverkaufen

  • Wirklich brisant wird der deal vor allem durch das (zu erwartende) Freihandelsabkommen mit Kanada: Denn wenn die Politik in Zukunft die - angesichts der verheerenden Umweltbelastung eigentlich längst überfälligen - Umweltauflagen verschärft kann das Kanadische Unternehmen dann dank Investorenschutz auf Schadensersatz klagen - oder durch dessen Androhung schon vorab darauf hinwirken, dass sich die Politik sich schön brav zurückhält.

    • @0815:

      ein deutsches Unternehmen, K+S nutzt das Ceta-Abkommen aus, um sich von seinen finanziellen Verpflichtungen für die Altlasten zu befreien. Herr Gabriel wird Ceta unterschreiben, K+S wird den Verkaufserlös von den Kanadiern kassieren und ist somit von allen Verpflichtungen bzgl. seiner Altlasten befreit. Die Kanadier haben nichts zu befürchten, da sie jederzeit wegen entgangener Gewinne bei geplanten Umweltmaßnahmen den Staat verklagen können. Beide haben somit mit den Altlasten keine Probleme zu befürchten und es gewinnen beide.

      Sollte einmal eine Umweltmaßnahme erforderlich werden, wird der deutsche Steuerzahler diese Maßnahme finanzieren müssen. Viellecht wird man dann darauf hinweisen, dass diese Ausgaben nötig sind zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

      Schon jetzt sieht man, wie das Ceta-Abkommen ganz geplant ausgenutzt wird, um sich von finanziellen Verpflichtungen, hier den Altlasten von K+S, zu befreien.

    • @0815:

      genau darauf wird es hinauslaufen. Ein unterschriebenes Ceta-Abkommen wältzt alle Lasten auf den Steuerzahler ab oder verhindert gleich alle Umweltauflagen im voraus