Kampf um EU-Parlamentspräsidenten: Sozis sind stinksauer
Martin Schulz zum Abschuss freigegeben: Die Konservativen im EU-Parlament wollen auch den Posten des Parlamentspräsidenten.
Im Dezember soll ein eigener Kandidat für die Wahl Anfang 2017 nominiert werden, teilte die konservative Fraktion überraschend mit. Diese Kampfansage kam nur wenige Stunden, nachdem die europäische GroKo noch „ihrem“ Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker Beifall geklatscht hatte.
Juncker war 2014 von den Konservativen nominiert und von den Sozialdemokraten mitgetragen worden. Im Gegenzug bekam Schulz, der ursprünglich deutscher EU-Kommissar werden wollte, aber am Veto von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scheiterte, eine weitere Amtszeit als Präsident des Europaparlaments.
Die geht jetzt, nach zweieinhalb Jahren, zu Ende. Doch Schulz möchte gerne weitermachen und hat sich dafür bereits mit einem Stab treuer Genossen umgeben. „Um Schulz zu gefallen, muss man wohl Deutscher und Sozialdemokrat sein“, spottet der Ko-Chef der Grünen-Fraktion, der Belgier Philippe Lamberts.
Schulz sei doch ein Ehrenmann, sagt die CDU
Für noch mehr Wirbel im Parlament sorgte die Meldung, dass sich Schulz auf Hilfe von Juncker verlassen kann. Der EU stünden schwierige Zeiten bevor, daher benötige sie Stabilität, erklärte Juncker dies kürzlich im Spiegel. Die beiden seien unzertrennlich wie siamesische Zwillinge, heißt es in Straßburg. Dennoch werden sie künftig getrennte Wege gehen müssen – jedenfalls wenn es nach den deutschen Christdemokraten geht. Denn sie gelten als Drahtzieher der Kampagne.
„Ich gehe davon aus, dass Schulz ein Ehrenmann ist und sich an die Absprachen hält“, sagt der Europaabgeordnete Herbert Reul (CDU), der besonders lautstark für den Wechsel trommelt. „Wenn nicht, dann ist das Tischtuch zerschnitten“, droht er.
Herbert Reul, CDU
Doch die Sozialdemokraten lassen sich davon nicht beeindrucken. Es wäre nicht fair, wenn die Konservativen auch noch das Parlament führen, argumentieren sie – Juncker und Ratspräsident Donald Tusk gehören schon dem konservativen Lager an. Schulz habe sich bewährt und stehe für eine dritte Amtszeit bereit.
Hinter den Kulissen wird seit geraumer Zeit auch ein ganz anderes Szenario diskutiert. Demnach könnte der Genosse aus Würselen bei Aachen in die Bundespolitik nach Berlin wechseln und sich für eine mögliche Nachfolge von SPD-Chef Sigmar Gabriel warm laufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern