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Kampf gegen hohe MietenIst das Wucher oder was?

Die Zukunft der Mietpreisbremse ist ungewiss. Aber es gibt zwei andere Gesetze, mit denen Vermieter für zu hohe Mieten bestraft werden können.

Frankfurt macht vor, wie Mieten auch mit den bestehenden Gesetzen reguliert werden können Foto: Boris Roessler/dpa

Wer sein Auto ins Halteverbot stellt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Mit­ar­bei­te­r*in­nen vom Ordnungsamt ziehen durch die Straßen, um Knöllchen zu verteilen. Die Bundestagsabgeordnete ­Caren Lay findet, bei Wohnungen müsste das genauso sein. „Wer zu teuer vermietet, sollte auch mit einem Bußgeld rechnen“, sagt die wohnungspolitische Sprecherin der Linken der taz.

Vor drei Wochen startete die Linkspartei einen Mietwucher-Check für vier Städte: Berlin, Leipzig, Freiburg und Hamburg. Wer einige Angaben zu Wohnort, Miethöhe, Baujahr des Hauses und Ausstattung macht, kann mit ein paar Klicks herausfinden, ob die Miete womöglich überhöht ist. Das Besondere ist: Bei Verdacht auf Überhöhung kann man auf Wunsch eine Meldung an das zuständige Wohnungsamt abschicken. Das Amt ermittelt dann, die Mie­te­r*in­nen müssen nicht selbst die Konfrontation suchen.

Die erste Bilanz kann sich sehen lassen. Fast 15.000 Mal wurde der Rechner benutzt. 633 Meldungen wurden laut Linkspartei an die zuständigen Wohnungsämter geschickt. Besonders häufig genutzt wurde der Rechner in Berlin (6.393), gefolgt von Hamburg (4.061), Leipzig (2.441) und Freiburg (1.653).

Die Linke gibt mit dem Mietwuchercheck nicht nur praktische Hilfe, sie macht auch auf ein bekanntes Problem aufmerksam – das angesichts der unklaren Zukunft der Mietpreisbremse an Bedeutung gewinnt. Diese läuft Ende 2025 aus und es ist unklar, ob die Union ein Interesse hat, sie zu verlängern.

Vermieter ins Gefängnis?

Aber es gibt zwei weitere Gesetze, die sich mit zu hohen Mieten beschäftigen. Nach Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes handelt ordnungswidrig, „wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen […] unangemessen hohe Entgelte fordert“. Das ist in der Regel der Fall, wenn eine verlangte Miete um 20 Prozent teurer ist als eine ortsübliche Vergleichsmiete und der Vermietende das geringe Angebot vergleichbarer Wohnungen ausnutzt. Für diese Ordnungswidrigkeit drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

Wenn eine Miete sogar 50 Prozent höher liegt und eine Zwangslage bewusst ausgenutzt wird, ist das nach Paragraf 291 des Strafgesetzbuches Wucher. Diese Straftat kann neben Geldstrafen auch mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren sanktioniert werden. Umgangssprachlich wird in beiden Fällen von Mietwucher gesprochen, auch wenn das aus juristischer Sicht nicht korrekt ist. Fest steht: Für Ver­mie­te­r*in­nen könnte es bei überhöhten Mieten teuer werden – in der Theorie.

In der Praxis kommen beide Paragrafen kaum zur Anwendung. In Berlin gab es laut Staatsanwaltschaft im Jahr 2023 wegen Wucher (Paragraf 291 des Strafgesetzbuch) nur fünf Verfahren, die zu einer Anklage oder einem Strafbefehl führten. Und diese fünf Verfahren betreffen alle Arten von Wucher, zum Beispiel auch Kreditwucher. Mietwucher wird nicht eigenständig erfasst.

Auch Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zieht nur selten Konsequenzen nach sich. In Hamburg gab es 2024 bis einschließlich Oktober nur drei Anzeigen wegen Mietpreisüberhöhung, teilte die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der taz mit. In Berlin wurden von Anfang Juni bis Ende Oktober 2024 nur 35 Anzeigen erfasst. Bis Mitte November stieg die Zahl sprunghaft auf 123 Fälle an – was vermutlich auf den Mietwucherrechner der Linken zurückgeht. In keinem Bezirk wurde bislang ein Bußgeldverfahren eingeleitet, teilte die Senatsverwaltung der taz mit.

Doch nicht in allen Städten ist die Bilanz so schlecht. Die Stadt Frankfurt am Main mache „schon seit Langem vor, wie man auch bei der jetzigen Rechtsgrundlage gegen Mietwucher vorgehen kann“, sagt Caren Lay.

Vorbild Frankfurt

Laut Daniela Hirchenhain, Mitarbeiterin des Wohnungsamts Frankfurt und zuständig für Mietpreisüberhöhung, gingen im Jahr 2023 bei der Stadt 212 Hinweise auf Mietpreisüberhöhung ein. Also deutlich mehr als in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin. Konkret sieht das Vorgehen der Stadt so aus. Mie­te­r*in­nen können dem Amt per Post, telefonisch oder über ein Onlineformular ihren Verdacht auf eine überteuerte Miete mitteilen. Dafür müssen sie einige Angaben machen, zu Größe, Lage, Miethöhe, Ausstattung und Baujahr des Hauses.

Die Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Wohnungsamtes prüfen dann die Angaben und gleichen sie mit der ortsüblichen Vergleichsmiete ab. „Bestätigt sich der Anfangsverdacht, dann ermitteln wir“, erklärt Hirchenhain. Zunächst erfolge ein Besuch bei den Mieter*innen, dann werde der Vermietende kontaktiert. „Wir informieren diese über die Gesetzeslage und versuchen eine Reduzierung der Miete und Rückzahlungen zu vereinbaren“, sagt Hirchenhain. „Von der kleinen Tante Emma über Vielfacheigentümer und den privaten Wohnungskonzern ist alles dabei“, sagt sie. Bußgelder seien aber nicht zwingend.

Im vergangenen Jahr wurden 13 Bußgelder verhängt. In 21 Fällen gab es gütliche Einigungen, bei allen wurde die Miete nicht nur abgesenkt, sondern der Mehrbetrag auch rückerstattet. In einem Fall wurde zum Beispiel die Miete einer 3-Zimmer-Wohnung um 196 Euro monatlich reduziert und 10.000 Euro zurückgezahlt, berichtet Hirchenhain. Auf ein Bußgeld wurde verzichtet, weil der Vermieter sich sofort einsichtig zeigte.

Kommt es zu keiner Einigung, bleibt der Gerichtsweg – und das gestaltet sich schwieriger. Der Knackpunkt sei, einem Vermieter nachzuweisen, „dass er ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnungen bewusst ausgenutzt hat“, erklärt Hirchenhain. Mie­te­r*in­nen müssen dann detailliert darlegen, wie viele Wohnungen sie angeschaut haben, welche Rolle der Mietpreis spielte, ob sie andere Optionen hatten. „Sie müssen im Prinzip nachweisen, dass sie keine andere Ausweichmöglichkeit hatten. Im Gegensatz dazu müssen Vermietende weniger darstellen, wie sie zu ihrer Mietpreisgestaltung gekommen sind“, kritisiert Hirchenhain. 2023 und 2024 landeten nur zwei Fälle vor Gericht.

Bei der FDP versandet

Diese schwierige Ausgangslage geht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004 zurück, das die Anforderungen hochschraubte. Seither sei der Paragraf weitgehend wirkungslos geworden, beklagen Mieterschützer*innen. Seit Längerem wird deshalb eine Reform des Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes diskutiert. Im Februar 2022 hatte der Bundesrat eine erfolgreiche Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, um den Paragrafen zu reformieren. Das Bußgeld sollte verdoppelt und die juristische Anwendung vereinfacht werden.

Doch der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sah keinen Handlungsbedarf, das Vorhaben versandete. „Die Bundesratsini­tiative zu Wuchermieten hätte eine parlamentarische Mehrheit finden können. Aber sie wurde nie auf die Tagesordnung gesetzt“, kritisiert Caren Lay. Die Linke hat für Donnerstag eine mietenpolitische Debatte im Bundestag beantragt, um auf die Bekämpfung von Mietwucher und ein sozialeres Mietrecht aufmerksam zu machen.

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10 Kommentare

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  • Die App habe ich ausprobiert. Sie ist eine Anleitung, den Vermieter per Mausklick zu denunzieren, liefert aber überhaupt keine belastbaren Ergebnisse. Gibt man nämlich z.B. wahrheitsgemäß an, es handele sich um eine Wohnung mit mittlerer Ausstattung, erscheint die Anzeige, es läge ein Mietwucher vor. Allerdings hängt die Höhe der Vergleichsmiete mitnichten von der Höhe des Ausstattungsgrades ab. Eine Wohnung kann ohne weiteres die Obergrenze des Mietspiegels erreichen, ohne selbst qualitativ überdurchschnittlich ausgestattet zu sein. Die App ist in meinen Augen reines Wahlkampf-Gedöns und befördert das Denunziantentum.

  • Das ist doch eine gute Nachricht, daß Mietpreisüberhöhung (vulgo Mietwucher) so selten vorkommt, daß man in ganz Frankfurt mit 400.000 Wohnungen trotz intensiver amtlicher Suche nur ca. 30 Fälle identifizieren konnte. Da es, wie ebenfalls berichtet, bereits angemessenes rechtliches Instrumentarium für diese Einzelfälle gibt, besteht also gar kein Handlungsbedarf.

  • Super Idee zur Förderung der Wohnmöglichkeiten die Vermieter härter zu bestrafen und ihnen noch engere Fesseln anzulegen, was die Preisgestaltung angeht, die Marktgesetze im Mietmarkt noch weiter außer Kraft zu setzen. Genial. Das wird privates Kapital geradezu magisch anziehen, es werden Wohnungen massenweise gebaut werden und die Vermieter werden ein gutes Gefühl dabei haben ihr Kapital vernichtet, äh, Entschuldigung, natürlich muss es heißen, gut und sozial angelegt zu haben.

    Na dann, lasst uns Wohnungen bauen!

    Bei einem laut Bertelsmann nötigen Zuzug von 288000 Fachkräften aus dem Ausland wird die Bauwirtschaft so einen gewaltigen Aufschwung erleben, insbesondere wenn dann noch die Solardachpflicht und andere nur marginal zu berücksichtigende Verteuerungen des Wohnens (Bitte nicht zulasten der Mieter!) dazu kommen.

    Oh Mann.

    Immobilien zur Vermietung in Deutschland? Wer so blöd ist, das zu tun, dem kann man nicht mehr helfen.

    • @EIN MANN:

      Also ist "Deutsche Wohnen" blöd? Diese Firma macht meines Wissens gute Gewinne.



      Die Kosten für neue Wohnungen werden nicht nur durch die Baukosten nach oben getrieben, sondern auch, wenn nicht noch mehr, durch die Grundstückspekulation.



      Da hätte man schon vor Jahrzehnten gegensteuern müssen und auch können. Der verstorbene Hans-Jochen Vogel hatte da schon einen Plan, interessiert nur niemanden.

  • Die Mieter, die gegen die Vermieter vorgehen wollen und, wie der Artikel impliziert, Vermieter ins Gefängnis bringen möchten, sollten sich allerdings auch darüber klar sein, dass sich so die Situation in Deutschland nicht verbessern wird.



    Aus Vermietersicht - insbesondere von Vermietern mit einzelnen und wenigen Wohnungen - wird das zur Verfügung stellen von Mietwohnungen immer unattraktiver, mit einer Verknappung als Folge.



    Das Problem an sich haben sich die Deutschen vor langer Zeit geschaffen, weil sie lieber mieten anstatt Eigentum zu erwerben und, on top, noch Mieterrechte geschaffen haben, die es insbesondere für Kleinvermieter völlig unattraktiv machen, zu vermieten.



    Die andere Seite sind nämlich Mieter, die nicht oder nur vermindert zahlen und die Wohnung komplett verratzen - in einer Größenordnung, die die Kaution bei Weitem übersteigt. Das habe ich selbst erlebt und, nach erheblichem Verlust, aufgehört zu vermieten.



    Es ist nämlich nie im Leben einseitig!

    • @Heideblüte:

      Mietnomaden und Messis, die die Wohnung "verratzen" lassen, das sind doch ärgerliche Einzelfälle, aber nicht die Regel. Übertreiben Sie doch nicht so.

      • @celcon52:

        Hm naja, ich vermiete privat eine Handvoll Wohnungen und hatte auch das "Glück" dass sich eine solche Person eingenistet hat. Nicht nur das ich auf den Mietforderungen sitzen geblieben bin, die Wohnung musste auch komplett renoviert werden. Eine solcher "ärgerlicher Einzelfall" konterkariert das Ergebnis von 10 Jahren anständiger Vermietung der anderen Objekte.

  • Wunderbar dass diese Thema mal aufgegriffen wird.

    Aber wie soll man diese kriminellen Subjekte unserer Gesellschaft angemessen bestrafen?

    Geldstrafen? Ist ja nicht das Geld der Manager



    Gefängnis? Bei den Immobilienriesen kaum denkbar

    Also bleibt nur eine Strafe.



    Und gesteht der oder die Täter bekommt er/sie ein Holz zum draufbeißen...

  • Wundert es irgend jemanden, dass es wieder die FDP war, die den Mieterschutz für irrelevant hält und den Vermietern die Freiheit zu wuchern erhalten will.



    Mich nicht.



    Aber wir haben ja Optionen, die FDP erstmal kalt zu stellen. Ganz technologieoffen: persönlich am 23. oder per Briefwahl....



    Hauptsache, Lindner kann in Vaterschaftsurlaub gehen.

    • @Monomi:

      Ja ja, Lindner...

      Bin ich eigentlich der einzige, der das Video von dem heranwachsenden Möchtegern-Yuppie mit seinem Köfferchen gesehen hat?