Kampf gegen den „Islamischen Staat“: Anti-IS-Koalition tief zerstritten
Die Offensive auf die IS-Hochburg Mossul steht kurz bevor. Die beteiligten Koalitionsparteien haben jedoch gegensätzliche Interessen.
Seit Wochen wird es bereits angekündigt, jetzt soll es angeblich jeden Tag losgehen: der Sturm auf Mossul, der entscheidende Schlag gegen die Hochburg des „Islamischen Staates“ (IS) im Irak. Doch die Anti-IS-Koalition, die die Großstadt erobern soll, ist tief zerstritten. Immer noch ist unklar, wer sich am Sturm auf Mossul beteiligen soll und wer dort nach dem Sieg das Sagen haben soll.
Als der IS im Juni 2014 Mossul überrannte und den Grundstein für sein „Kalifat“ legte, flüchteten rund 40.000 irakische Soldaten vor wenigen tausend IS-Kämpfern. Eine Rückeroberung ist deshalb nicht nur eine Sache der irakischen Armee. Die USA, der Iran, die Türkei und die irakischen Kurden wollen mitmischen mit jeweils unterschiedlichen Interessen.
Die USA würden gern möglichst bald zuschlagen, weil Obama mit einem Sieg in Mossul die Wahlkampagne von Hillary Clinton unterstützen könnte. Iran und seine Milizen, die das Rückgrat der irakischen Armee bilden, will seinen Einfluss mit der Eroberung Mossuls vom schiitischen Südirak auf den sunnitischen Norden ausdehnen. Die Kurden wollen Mossul am liebsten selbst regieren, während die Türkei verhindern will, dass der Iran und die Schiiten Mossul unter ihre Kontrolle bekommen. Da Iraks Regierung unter Haider al-Abadi aber stark vom Iran abhängt, hat Abadi nun gefordert, dass die Türkei ihre Truppen aus dem Nordirak zurückzieht.
Türkische Soldaten trainieren in einer Basis in Bashika, einem Ort im von den Kurden kontrollierten Gebiet rund 20 Kilometer nordöstlich von Mossul sunnitische Kämpfer, die sich an der Schlacht um Mossul beteiligen und dort mit den Peschmerga von Kurdenpräsident Barsani dafür sorgen sollen, dass die Dominanz der Sunniten bestehen bleibt.
USA und Türkei entfremden sich immer mehr
Die Türkei lehnt deshalb die Forderung der irakischen Regierung, ihre Truppen aus dem Irak abzuziehen, kategorisch ab. Der Irak hat daraufhin eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates gefordert. Zwischen Iraks Regierung und der Türkei stehen die USA. Nachdem der Konflikt sich nicht beilegen ließ, haben die USA sich auf die Seite Abadis gestellt, was den Nato-Partner Türkei erheblich verärgert.
Wegen der Kriege im Irak und in Syrien entfremden sich die USA und die Türkei immer mehr. Angesichts der US-Haltung im Irak fühlt sich die Türkei von den USA wieder einmal verraten. Hinzu kommt der Ärger von Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seiner Regierung wegen der US-Unterstützung der syrischen Kurden. Trotz heftiger Proteste aus Ankara arbeitet die US-Armee immer noch eng mit der syrisch-kurdischen YPG-Miliz zusammen, die nach Auffassung von Ankara ein Ableger der „Terrororganisation“ PKK ist.
Auf diese Gemütslage traf der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem Türkei-Besuch am Montag. Außer um neue Gaspipelines ging es um Syrien und andere Kriegsschauplätze im Nahen Osten. Obwohl Putin und Erdoğan gegenüber dem Assad-Regime diametral entgegengesetzte Positionen vertreten, konnte Putin punkten, weil Erdoğan über die Obama-Regierung tief frustriert ist. Putin behauptete, er habe angeboten, einen Hilfskorridor für die belagerten Menschen im Ostteil von Aleppo freizumachen, aber die USA hätten sich geweigert, daran mitzuarbeiten. Er trifft damit bei Erdoğan auf ein offenes Ohr, zumal Putin zugesichert hat, die türkischen Militäroperationen in Syrien nicht zu behindern. Die Kluft in der Anti-IS-Koalition wächst.
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