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Kampf gegen RundfunkgebührenKein Gefängnis, aber Pfändung

Der Haftbefehl gegen die Brandenburgerin, die keinen Rundfunkbeitrag bezahlt, wurde aufgehoben. Das Verfahren ist damit aber noch nicht zu Ende.

Sie hat keinen Fernseher, sie hört kein Radio – deswegen will die Brandenburgerin nicht zahlen Foto: dpa

Berlin taz | Die Brandenburgerin, die keine Rundfunkgebühr bezahlen möchte, muss doch nicht ins Gefängnis. Das Landgericht Potsdam hat den Haftbefehl aufgehoben, bestätigte ein Sprecher der taz. Demnach hatte das Amt im brandenburgischen Beetzsee, das für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) die säumigen Beträge eintreiben sollte, dem Landgericht mitgeteilt, dass, egal wie das Verfahren ausgehe, der Haftbefehl nicht vollstreckt werde solle.

Vergangene Woche hatte die taz berichtet, dass der 43-jährigen Kathrin Weihrauch sechs Monate Beugehaft drohen. 309,26 Euro Rundfunk- und Mahngebühr schuldete sie dem rbb und den Behörden allein für das Jahr 2013. Ein Jahr lang stritt sie mit dem rbb, im August kam der Haftbefehl. Weihrauch legte Widerspruch ein und unterlag. Zuletzt hatte der rbb auch ihren Härtefallantrag abgelehnt.

Gewonnen hat Kathrin Weihrauch damit jetzt allerdings noch nicht – das Verfahren läuft weiter. „Auch wenn die Vollstreckungsbehörde den Haftbefehl zurückgenommen hat, so hat der rbb dennoch einen vollstreckbaren Titel“, so der rbb-Sprecher Volker Schreck gegenüber der taz. Das heißt, dass, in den kommenden 30 Jahren immer wieder geprüft werden soll, ob Kathrin Weihrauch irgendwann pfändbare Vermögens- oder Sachwerte besitzt – ein neues Auto, ein Haus etc.

Kathrin Weihrauch zahlt aus „Gewissensgründen“ keine Rundfunkgebühren, wie sie selbst sagt. Sie besitze weder Fernsehen noch Radio. Laut Schreck reiche das aber nicht aus. „Wir können nicht ohne konkrete Gründe auf unsere Forderungen verzichten“, sagt er und verweist darauf, dass sich Menschen, die den Beitrag nicht zahlen können, befreien lassen können. Das aber hatte Kathrin Weihrauch nach eigenen Aussagen bereits versucht, allerdings nicht genehmigt bekommen.

Ob aus Kathrin Weihrauchs Geschichte nun folgt, dass Haftbefehle wegen nicht gezahlter Rundfunkgebühren nie mehr vollstreckt werden, ist unklar. Die ARD-Vorsitzende Karola Wille hatte das im September in Aussicht gestellt. Volker Schreck vom rbb sagt hingegen, diese Frage liege nicht in der in der Verantwortung des rbb.

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13 Kommentare

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  • Zumindest kann man der AFD nicht vorwerfen, ihr Vorstoß den Rundfunkbeitrag abzuschaffen, sei rechtspopulistisch. Staatsfunk ist eine Errungenschaft der NAZIS, die es bis ins Heute geschafft hat, siehe auch http://www.sz-online.de/sachsen/afd-will-rundfunkbeitrag-abschaffen-3565127.html

  • Schon bemerkenswert, bei allen, die wie im pawlowschen Beißreflex auf die Rundfunkabgabe reagieren, gibt es nie Widerspruch, das auch die Kommerzsender damit finanziert werden. Die Landesmedienanstalten und ihre Projekte für den Privatfunk werden ebenfalls aus der Abgabe finanziert. Gerade forderte der Antenne-Bayern Chef auf den Münchner Medientagen, die Kommerzsender beim Umstieg auf die technische 'Totgeburt' - digitales Radio DAB+ - aus der Rundfunkabgabe zu finanzieren. Wo bleibt da der Protest der ach so kritischen taz-Leser?!

  • Kann mir bitte jemand diesen Satz hier erklären und danach die Logik des rechtsstaatlichen Handels, wie in den Artikeln zu diesem Thema beschrieben wurde, verdeutlichen. Ich sehe da nicht weiter:

    "ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice ist eine öffentlich-rechtliche, nicht rechtsfähige Gemeinschaftseinrichtung... ."

    Quelle: http://www.rundfunkbeitrag.de/impressum/index_ger.html

  • "Für den SWR kann ich sagen, dass tatsächlich eine Erzwingungshaft nicht in Betracht kommt."

     

    Nein, ein Gläubiger, der auf in der ZPO vorgesehene Zwangsmittel zur Beitreibung von Forderungen verzichtet, kann die Forderung auch gleich abschreiben.

     

    Gerade beim Rundfunkbeitrag, der ebenso wie der IHK-Beitrag bei vielen Gebührenpflichtigen verhasst ist, läuft es nicht ohne Zwang.

     

    Das war doch die Lehre aus dem GEZ-Verfahren, dem man sich mangels wirklicher Zwangsmittel relativ leicht entziehen konnte.

  • Meine Kritik geht in eine ganz andere Richtung. Bedenken an der Rechtmäßigkeit habe ich, weil keine Gegenleistung für den nominellen Zweck versprochen ist. Müllgebühren gibt es gegen Tonne-abholen, die Höhe ist überprüfbar. Schornsteinfeger muß antanzen, begutachten, haften. ÖR muß ... nicht mal senden, erst recht nicht empfangbar sein. Existieren reicht.

  • Der Rundfunkbeitrag stösst bei mir auf Ablehnung -vor allem durch seine Höhe und die Verwendung der Gelder. Dem Informationsauftrag kommt man zwar nach, aber dafür wird der Löwenanteil des Geldes doch eher nicht ausgegeben -wobei das nicht nachprüfbar ist, da die Sender z. B. nicht offenlegen, was so für Fußballrechte bezahlt wird.

     

    Im Grunde wird ein großer Teil des Geldes doch direkt an privatrechtliche Sportveranstaltungsfirmen (Olympia, Fußball) und Medienkonzerne, die Verblödungssendungen produzieren, weitergereicht.

  • Verstösst Zwangsrundfunkfgebühr gegen grundgesetzlcih verankerte Vertragsfreiheit?; wenn ja, wer weiß mehr? https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/oeffentlich-rechtliche-beteiligungsskrake

  • Der Rundfunkbeitrag sollte eigentlich nächstes Jahr gesenkt werden, jetzt findet sich keine Mehrheit der Länder für diese Senkung und so wird der Betrag gleich bleiben oder sogar erhöht - trotz eines Einnahme-Überschusses und einer entsprechenden Empfehlung der Expertenkommission KEF. Und es geht noch dreister - es gibt Ideen, den Rundfunkbeitrag an das BIP zu koppeln, also automatisierte Gebührensteigerungen - Schlaraffenland auf Kosten der Bürger - wie lange diese Provokationen wohl noch gut gehen?

  • Es ist immer wieder schön von Leuten zu hören, die sich nicht alles gefallenen lassen.

     

    Dass der Kunde bezahlen muss, obwohl er Nichts abnimmt - davon träumt wohl jeder Dienstleister und Verkäufer.

     

    Mein Traum wäre: Der öffentlicher Rundfunk wird aus dem Staatshaushalt finanziert und vor allem alle Vertreter von Parteien aus dem Rundfunkrat entfernen. Es kann nicht seien, dass die Parteien, über die kritisch berichtet werden muss, Einfluss auf die Abläufe der Berichterstattung hat. Da nach die Interessenvertreter der andern Gruppierungen.

     

    Wenn es überhaupt einen Rundfunkrat geben muss, dann sollten die Mitglieder per Los ermittelt werden und dann nach einer Mindestanforderungsprüfung bestellt werden. Dann sind immer noch Interessenvertreter drin allerdings mit ihrem wirklichem (statistisch) Bevölkerungsanteil.

     

    Natürlich sollte auch den Parteien Raum gegeben werden nur mit dem Unterschied, dass eine Kennzeichnung eingeführt wird, die bei Werbung für andere Waren und Dienstleistungen schon lange gesetzlich vorgeschrieben ist.

    • @Fritz B.:

      Korrekt. Es offenbart sich hier leider das Bewußtsein eines autistisch verklüngelten deutschen Intendanten(usw.)-Bessersituiertbürgertums und einer korrupten Justiz für welche einerseits 17.50 EUR nur das Stäubchen auf dem Boden der Portokasse darstellen, welche andererseits, in professioneller und intellektueller Hinsicht, keinerlei Bewußtsein von Verfassungsrechten besitzen, nicht zuletzt auch aufgrund des erst kürzlich wieder dokumentierten Fortwirkens der faschistischen Rechtslehre® an den Universitäten und in der Politik, als dem Neoliberalismus durchaus einwohnende Komponente.

       

      Da stellt die Invasion der Privathaushalte, aufgrund der bauernschlauen Gleichung "Haushalt= Empfangsgerät", kein Problem dar. Und lieber läßt Herr oder Frau Intendant Bürger faschistoid bis in die Wohnung drangsalieren als daß jemals z.B. im VW-Skandal die Daumenschrauben angezogen werden.

       

      Da dieses, auch für die Politik, äußerst lukrative System aus sich heraus keinerlei Reform anstoßen wird kann nur Zahlungsverweigerung zur Veränderung führen. Irgendwann wird das "öffentlich-rechtliche" Versagersystem diese Weigerung, welche bereits mehr100.000fach, vom mainstream bisher erfolgreich ignoriert, praktiziert wird, zur Kenntnis nehmen müssen.

       

      Es ist eigentlich ein Schande daß hierzu lediglich Russia Today und wenige andere abseitige Medien berichten. Bei den korrupten "öffentlich-rechtlichen" lebt es sich aber, mit den Zwangs-Milliarden, sehr ungeniert. Wozu da noch Leistung und Selbstkritik?

  • Gilt nun die Ansage der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, dass wegen des Rundfunkbeitrages niemand ins Gefängnis muss, oder gilt diese Ansage nicht?

     

    Herrmann Eicher:

    Die ARD-Vorsitzende hat meines Wissens gesagt, dass man eine „gütliche Einigung mit dem Beitragszahler“ anstrebt. Das gilt natürlich weiter, die Details obliegen aber der Entscheidung der jeweiligen Landesrundfunkanstalt. Für den SWR kann ich sagen, dass tatsächlich eine Erzwingungshaft nicht in Betracht kommt.

  • Also nachvollziehbar ist das schon, dass man für etwas bezahlt was man auch benutzt und gebraucht, für posteo Emails 1€ pro Monat und sie machen transparent, was sie für das Geld tun.

     

    Aber eine Gebühr einzuziehen für etwas, das einige Leute partout nicht haben wollen, da gibt es glaube ich, Dissens.

  • Nur der entschlossene Kampf gegen diese unverschämt dreiste Bevormundung, gegen das Eindringen in den durch die Verfassung geschützten Privatraum jedes Einzelnen, gegen eine miserable, oberflächliche und dem Zweck der Verdummung und des Dummhaltens der Bevölkerung dienende Dauerberieselung kann zu einer Veränderung führen.

     

    Dieser sich anwachsend in Unrechtsformen begebende Staat unternimmt es in immer größerem Umfang Bürger als Schweine zu betrachten welche das Vorgesetzte einfach zu fressen, und im vorliegenden Fall, auch noch zu bezahlen haben.