Kampf gegen Muslimfeindlichkeit: Seehofer beruft Expert:innen
Nach dem Anschlag in Hanau hatte Innenminister Seehofer ein unabhängiges Gremium zu Muslimfeindlichkeit angekündigt. Nun steht die Besetzung fest.
„Muslimfeindliche Haltungen sind nicht nur eine Bedrohung für Muslime, sondern für den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt“, sagte Seehofer. Damit Staat und Gesellschaft „besser und gezielter“ dagegen vorgehen könnten, rufe er den Expertenkreis ins Leben. Seehofer hatte diesen Schritt bereits im Februar nach dem rassistischen Anschlag in Hanau angekündigt. Damals hatte ein Rechtsterrorist neun Menschen in und um zwei Shisha-Bars im hessischen Hanau erschossen und anschließend sich selbst und seine Mutter getötet.
Noch Ende Juni hatte das Ministerium auf Anfrage der Linksfraktion zwar betont, die Einrichtung des Expertenkreises anzustreben – die Abstimmungen seien aber noch nicht abgeschlossen und ein konkreter Termin stehe „nicht fest“. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz hatte den Start des Expertenkreises in der taz als „überfällig“ bezeichnet und zudem kritisiert, dass die Bundesregierung trotz der rassistischen Morde keine Notwendigkeit für einen eigenen Rassismusbeauftragten sieht.
Nun ist es soweit und schon bald soll das Gremium seine Arbeit aufnehmen. Seine Zusammensetzung und Arbeitsweise ist an die bereits bestehenden Expertenkreise zu Antisemitismus und Antiziganismus angelehnt.
Wissenschaft und Praxis
Innerhalb von zwei Jahren sollen die Expert:innen einen Bericht erarbeiten, der unter anderem „Empfehlungen für den Kampf gegen Muslimfeindlichkeit für verschiedene Bereiche und Ebenen gibt“, so das Ministerium.
Das Gremium ist besetzt mit Vertreter:innen aus Wissenschaft und Praxis: Iman Attia von der Alice-Salomon-Hochschule, Karima Benbrahim vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit, Saba-Nur Cheema von der Bildungsstätte Anne Frank, Yasemin El-Menouar von der Bertelsmann Stiftung, Karim Fereidooni von der Ruhr-Uni Bochum, Kai Hafez von der Uni Erfurt, Özcan Karadeniz vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften, Anja Middelbeck-Varwick von der Goethe-Uni Frankfurt, Nina Mühe von der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit Claim, Mathias Rohe von der Friedrich-Alexander-Uni Erlangen-Nürnberg, Christine Schirrmacher von der Friedrich-Wilhelms-Uni Bonn und Yasemin Shooman vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung.
Sie repräsentierten eine „breite fachliche Expertise zu Aspekten und Auswirkungen und/oder der Prävention von Muslimfeindlichkeit in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen“, erklärte das Bundesinnenministerium. Der Unabhängige Expert:innenkreis soll durch eine außerhalb des Ministeriums angesiedelte Geschäftsstelle in seiner Arbeit unterstützt und begleitet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin