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Kampf gegen LichtverschmutzungGeblendete Nachbarn

In Hamburg wehren sich Anwohner gegen nächtliche Beleuchtung. Die Chancen sind bei öffentlichen Gebäuden besser als bei privaten.

Stört die Nachbarn, nun soll ein Bewegungsmelder helfen: erleuchtetes Parkhaus einer Berufsschule Foto: Linkfraktion Wandsbek

Hamburg taz | Der Umweltausschuss im Hamburger Bezirk Wandsbek befasste sich kürzlich mit modernen Lichtkonzepten. „Als Negativbeispiel für Lichtverschmutzung wurde uns das Hamburger Rathaus gezeigt. Das strahlt viel zu hell in den Himmel“, erinnert Gernot Schultz, Sprecher für Umwelt der dortigen Linksfraktion. Drum hatte er offene Ohren, als sich Anwohner einer Berufsschule beschwerten.

Schulhof und Parkhaus des erst 2013 gebauten Gebäudes am Barmbeker Eulenkamp waren die ganze Nacht beleuchtet, auch am Wochenende. „Das ist ein großes Ärgernis für die Anwohnenden und eine Lichtverschmutzung für die Umwelt“, sagt Gernot Schultz. Er verfasste einen Antrag für eine „bedarfsgerechte Beleuchtung“, den die Bezirksversammlung im April einstimmig verabschiedete.

Verantwortlich ist dort als Eigentümer der Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen (LIG), zuständig mithin die Finanzbehörde, die sich nicht so leicht aus der Affäre ziehen kann. „Bei der Beleuchtung handelt es sich teilweise um eine Sicherheitsbeleuchtung, welche nachts ständig in Betrieb sein muss“, teilt die Behörde mit. Die Beleuchtung habe dazu beigetragen, dass es weniger Einbrüche und Vandalismus gebe, deshalb sei sie bereits reduziert worden. Lediglich das Parkdeck sei weiter von Hausfriedensbrüchen betroffen. Dessen Beleuchtungszeit werde aber verringert, perspektivisch sollen Bewegungsmelder angebracht werden.

Etwas geben für so einen Bewegungsmelder würde Jörg. F. Er wohnt idyllisch im Hamburger Randstadtteil Rahlstedt – in einem Viertel, in dem zwischen alten Bäumen vorwiegend Einfamilienhäuser stehen. Vor ein paar Jahren hat er das Dach ausgebaut. Von dort kann er den Nachthimmel sehen. Doch damit ist Schluss, seitdem das Mehrfamilienhaus nebenan aufgestockt wurde. Den Zugang zum obersten Geschoss gewährleisten zwei gläserne Fahrstuhlschächte, die die ganze Nacht beleuchtet sind. „Das ist taghell“, sagt Jörg F. Liegt er im Bett, scheine ihm das grelle Licht direkt ins Gesicht.

Bezirksamt bei Wohngebäuden nicht zuständig

F. möchte seinen mit viel Aufwand geschaffenen Logenplatz nicht verdunkeln, sich nicht nachts per Rollladen in sein Zimmer einsperren. Deshalb nahm er Kontakt zu der Firma auf, die das Mehrfamilienhaus betreut. „Ich habe dem Eigentümer einen Vor-Ort-Termin angeboten, damit er sich das anguckt“, berichtet F. Er habe auch Fotos geschickt, doch ein persönlicher Kontakt mit dem Verantwortlichen kam nicht zustande. Einmal sei eine E-Mail gekommen, in der es hieß, es sei ein Elektriker beauftragt worden, sagt F. Passiert sei jedoch nichts.

F. versteht dieses Verhalten nicht. „Es gibt ja weiß Gott genug technische Möglichkeiten“, sagt er. Warum setze die Hausverwaltung nicht wärmeres Licht ein oder eben einen Bewegungsmelder?

Die juristische Lage ist bei Wohngebäuden jedoch schwierig. Anders als bei Luftschadstoff- oder Lärmemissionen gibt es in Deutschland kein Gesetz, das Umweltverschmutzung durch Licht regelt. Die entsprechenden Passagen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsverordnung müssen für jeden Einzelfall extra bewertet werden.

Zuständig sind in Hamburg die Bezirksämter. Die können aber nach Auskunft des Bezirksamtes Wandsbek nur tätig werden bei genehmigungsbedürftigen Anlagen. Wohngebäude gehörten nicht dazu. Unterm Strich bedeutet das: Betroffene müssen klagen.

Vielleicht war es zeitlicher Zufall, aber einen Tag, nachdem die taz in der Sache nachfragte, waren zumindest die zwei Fahrstuhlleuchten durch dunklere ausgetauscht.

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