Kampf gegen Kinderpornos im Netz: Manchmal klappt das Löschen
1.407 kinderpornografische Seiten auf ausländischen Servern hat das BKA entdeckt. In 56 Prozent der Fälle waren sie nach einer Woche aus dem Netz entfernt.
BERLIN taz | Wie erfolgreich ist Deutschland damit, kinderpornografische Internetseiten auf ausländischen Servern löschen zu lassen? Erstmals liegen detaillierte Statistiken des Bundeskriminalamts (BKA) vor, öffentlich gemacht von den Grünen.
Von Januar bis September hat das BKA demnach 1.407 Kinderpornoseiten entdeckt, die auf ausländischen Servern lagern, und den dortigen Behörden gemeldet. In 56 Prozent der Fälle waren sie eine Woche nach dem Hinweis nicht mehr im Netz. Das heißt aber umgekehrt: In 44 Prozent der Fälle sind kinderpornografische Inhalte nach sieben Tagen nicht entfernt worden.
Bemerkenswert sind die großen Schwankungen in der Erfolgsquote. So waren im Januar und im August eine Woche nach dem BKA-Hinweis nur noch 14 Prozent der Seiten im Netz. Im März waren es hingegen 71 Prozent. Aus den BKA-Unterlagen geht zudem hervor, wo die Server mit den Kinderpornoseiten stehen. Das sind fast ausschließlich die USA und Russland, dazu kommen in einigen Fällen Länder wie die Niederlande, Großbritannien oder die Ukraine.
Der Bundestag hatte im Juni 2009 mit den Stimmen von Union und SPD das umstrittene "Zugangserschwerungsgesetz" beschlossen. Danach sollte das BKA täglich eine Liste von Kinderpornoseiten an die deutschen Internetprovider liefern, damit diese den Zugang erschweren. Solche Sperren sind aber leicht zu umgehen. Kritiker befürchteten zudem, dass hier eine "Zensurinfrastruktur" erprobt wird.
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag erreichte die FDP, dass das Gesetz ein Jahr lang ausgesetzt wird. Das BKA soll nun versuchen, eine Löschung an der Quelle zu erreichen. Bis nächsten Februar läuft eine Evaluationsphase des Prinzips "Löschen statt sperren". An diesem Montag befasst sich der Bundestagsunterausschuss Neue Medien mit dem Thema. Zu einer Anhörung wird unter anderem BKA-Chef Jörg Ziercke nach Berlin kommen.
Leser*innenkommentare
Peter Maas
Gast
@Rolf Lollinger:
Strickpulligrünen -> sozialpädagogisch -> Erdstrahlen -> Elektrosmog
Danke für den Einblick in dein Assoziationsnetz. Es ist doch schön, wenn man seine Argumente auf ein solides Fundament aus Vorurteilen stützen kann.
Sabine Bauer
Gast
Internetsperren sind eine ideale Brückentechnologie auf dem Weg zu internationalen Abkommen. Bis es einheitliche Regeln gibt und Provider zur Rechenschaft gezogen werden können, müssen wir etwa Kinderpornografie mit den vorhandenen Mitteln bekämpfen: http://bit.ly/b2x8cF
Rolf Lollinger
Gast
Dem typischen Strickpulligrünen wird "Technik", mithin "Das Internet" wohl immer ein Buch mit sieben Siegeln sein.
Für den sozialpädagogisch gebildeten Geist stellen solche unbegreifbaren "black boxes" wie "Das Internet" eine latente Gefahr (besonders für "Die Kinder"!) dar, genauso wie Erdstrahlen und Elektrosmog, und müssen daher intensiv bekämpft werden.
Ingo
Gast
@spov:
56% sind mit Sicherheit nicht "häufig"... Da kann man ja genau so gut eine Münze werfen...
Die Frage ist vielmehr: Wer bestimmt, was da gelöscht werden soll? Und nach welchen Richtlinien?
Diese BKA-Liste, die ich mal gesehen habe, ließt sich vielmehr nach einer sehr desperaten Aktion.
Wenn die immer noch aktuell ist, sind die meisten Seiten deshalb so schnell gelöscht, weil sie eh keinen Content bieten...
cjue
Gast
Dass nicht alle Seiten gelöscht werden können, liegt wohl eher an mangelnder Motivation/Kompetenz seitens des BKA - in der Regel genügt eine Mail (sic!) an den Provider, und fertig. Aber das wäre wohl zu unbürokratisch.
Auch sollte berücksichtigt werden, dass nicht alles, was in Deutschland verboten ist, auch im Ausland verboten ist.
Ziemlich einseitig recherchierter Artikel, der taz nicht wert.
Yoboo
Gast
Ojeh, ojeh... Liebe TAZ, was wird DAS denn hier?
Springt ihr nun auch schon auf diesen Lamm-Zug von BKA & RTL II auf...?
Möchtet ihr nun auch anfangen zu sehen, was alles nicht funktioniert, damit man etwas anderes einführt, was noch weniger funktioniert...?
Oder soll das hier nun die Werbung für die EU-Polizei werden, die viel mehr Befugnisse benötigt, um immer und überall auf jeden Server zugreifen zu können...?
kaputnik
Gast
es fehlt neben der Information, ob Löschungen noch nach der Woche durchgeführt worden sind, auch die Information, dass international eine unklare Rechtslage besteht, was überhaupt als KiPo zu bewerten ist. Deutsche Gesetze gelten selbstverständlich nicht überall.
Außerdem muss immer wieder drauf hingewiesen werden, wieso es z.B. Banken gelingt, kriminelle Phishing-Seiten i.d.R. weltweit noch am Tag des Bekanntwerdens löschen zu lassen.
Dem BKA will nicht gelingen, was Banken können?
Alles Propaganda.
Oil
Gast
Einen Bericht aus einem anderen Blickwinkel zu genau diesem Thema und dessen Zahlen findet sich bei Netzpolitik.org
Bericht: Da schau an: Das BKA kann doch löschen!
http://www.netzpolitik.org/2010/da-schau-an-bka-kann-doch-loschen/
Gruß
Oil
johanna
Gast
Was will Wolf Schmidt dem Leser mitteilen?
Anstatt die eindeutigen Daten dem Leser zu vermitteln, versucht der Autor dem Leser wohl noch seine persönliche Meinung unterzumengen? Schon sehr seltsam, wie der liebe Herr Schmidt bei einem Verhältnis von 60:40 auf das völlig unpassende Wort "manchmal" kommt. Hat der Autor vielleicht ein Problem mit der deutschen Sprache?
Dass "Löschen statt Sperren" funktioniert,
wurde übrigens bereits direkt an der Quelle von den Providern bestätigt:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Provider-Loeschen-statt-Sperren-funktioniert-1060092.html
Matthias
Gast
Jörg Ziercke, der sich ja bekanntermaßen bestens mit dem Internet auskennt, wird dann sicher feststellen, dass ein Stop-Schild, das ja nur diese schwer pädokriminellen IT-Spezialisten (die wir in Deutschland keinesfalls haben wollen!) umgehen können, die beste Lösung wäre und Löschen völlig unnötig ist und deshalb nicht mehr praktiziert werden muss, weil es ja nur in mehr als der Hälfte der Fälle erfolgreich ist und außerdem ja auch die Seiten außerhalb von Deutschland unzugänglich macht, was für das BKA jedoch völlig irrelevant ist, weil dieses ja nur für Deutschland zuständig ist.
spov
Gast
Darf man den Autor fragen, warum er im Titel das Wort "manchmal" verwendet und nicht Wörter wie " häufig" oder "meistens", die den 56 % doch wohl eher entsprechen würden. Noch dazu fehlt jede Information, ob das Löschen eventuell auch nach einer Woche noch durchgeführt wurde.
Wanred
Gast
Dann fragen wir das BKA doch mal warum sie weniger erfolgreich beim Löschen dieser Seiten sind, wie die Banken beim Löschen von Phishing Seiten (1-4 Stunden).
Irgentwie scheint das Motiv Geld, zu wesentlich besseren Ergebnissen zu führen, als der Schutz der Kinder.
Wo bleibt der Aufschrei der Politik, internationale Verträge zu schliessen, die das Löschen forcieren?
Wenn es um Geld geht, ist man dazu ja auch gerne bereit, siehe ACTA.