Kampf gegen Ebola im Kongo: Mit dem Motorrad an die Front
Der Kongolese Josué Kakule hielt Ebola für ein Märchen – bis er selbst erkrankte. Jetzt widmet sich der ehemalige Polizeipfarrer der Aufklärung.
„Liebe Kollegen, machen wir uns nichts vor“, sagt er. „Ebola ist Realität. Ich habe den Preis gezahlt. Ich gehörte zu den eifrigsten Leugnern, bis ich selbst Opfer wurde. Und ich glaube, dass Gott durch mich spricht, damit ich Zeugnis ablege. Ebola existiert, es tötet – also hören wir auf mit dem Unsinn, Kranke durch Handauflegen zu behandeln, und schicken wir sie ins Behandlungszentrum!“
Kakule gehört zu den unscheinbaren Helden an der Front des Kampfes gegen Ebola im Kongo – einer derjenigen, die die Krankheit besiegt haben. Der einstige Polizeipfarrer transportiert jetzt Kranke auf seinem Motorrad zur Behandlung – auf dem Motorrad, weil, wie er sagt, „die Leute Angst vor dem Krankenwagen haben. Außerdem fällt das Motorrad nicht so auf“.
Zu den vielen Ebola-Gerüchten gehört nämlich die Behauptung, die Patienten würden hinten im Krankenwagen, wo sie schutzlos und allein sind, mit dem tödlichen Virus infiziert.
Josué Kakule Pikwa
Sobald eine Familie oder ein Arzt Kakule anruft, springt er auf sein Motorrad und fährt zur angegebenen Adresse. Dort lässt er sich erst die Personalien des Verdachtsfalls bestätigen, und wenn sie stimmen, zieht er einen Schutzanzug an, mit Kapuze aus Gummi und Mundschutz, bevor er auf dem Fahrersitz Platz nimmt und den Fahrgast auf den Hintersitz hilft, um zum Behandlungszentrum zu fahren.
„Wir sind einem doppelten Risiko ausgesetzt“, erklärt Kakule. „Manchmal sind die Leute aggressiv und greifen uns an, und nur Gott kann uns retten. Vor allem aber droht unseren eigenen Familien die Ansteckung.“ Nach jeder Krankenfahrt muss das Motorrad desinfiziert werden, ebenso die Schutzkleidung, die ebenfalls wiederverwendet wird. „Wir hatten mal Einwegschutzanzüge, aber seit einem Monat sind die Vorräte alle.“
Kakules Ebola-Geschichte begann im Mai. Damals, noch im Polizeidienst als Pfarrer tätig, riefen ihn seine Nachbarn, um für eine Erkrankte zu beten. Er legte ihr die Hand auf, um Dämonen zu verjagen. So steckte er sich selbst an.
Die Erkrankte war zwei Tage später tot – er selbst bekam hohes Fieber und wurde immer schwächer, bevor seine Augen rot anliefen. „Da ich nicht an Ebola glaubte, wollte ich mich in einer kleinen Apotheke verstecken. Aber die Ebola-Bekämpfungsteams fanden mich. Ich ging zu Fuß ins Behandlungszentrum und wurde positiv getestet. Ich weiß jetzt, wie es ist, an Ebola zu erkranken, und es ist nicht schön und man darf nichts hinauszögern.“
Aus Krankheitsgründen von der Polizei beurlaubt, widmet sich Kakule seitdem dem Krankentransport – und der Aufklärung. Er ist einer von Dutzenden Kongolesen, die in ihrer Gemeinde unerkannt und hart arbeiten, um Ebola zurückzudrängen – wie die Pflegekräfte in den Behandlungszentren, die Totengräber auf den Friedhöfen oder die vielen anderen, die sich im Alltag mit der Seuche auseinandersetzen, ohne die fetten Gehälter und teuren Autos der internationalen Helfer.
„Wir arbeiten aus der Überzeugung heraus, Leben zu retten“, resümiert Kakule. „Geld interessiert uns nicht in erster Linie, und das gilt für die meisten, die sich engagieren. Wir können nicht einmal streiken wie die anderen, denn sonst sterben die Leute und die Lage wird noch schlimmer.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid