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Kakao-Krise wegen KlimawandelSchokolade bald teurer?

Der Rohstoff Kakao ist knapp und so teuer wie nie zuvor. Auch der Preis für Schokolade könnte deshalb bald steigen. Eine Ursache ist der Klimawandel.

Was drin ist, wird knapper – und teurer: Schokolade Foto: dpa

Bonn dpa | Schokoladen-Fans kann bei dem Anblick bange werden. Der Preis für eine Tonne Rohkakao an der Rohstoffbörse in London kletterte zuletzt steil nach oben – auf einen Rekordstand von umgerechnet knapp 5.500 Euro. Zum Vergleich: Anfang Januar hatte der Preis noch unter 4.000 Euro gelegen, im Februar vergangenen Jahres unter 2.500 Euro. Die wichtigste Zutat für Schokolade ist so teuer wie noch nie. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland müssen damit rechnen, dass sie für die beliebte Süßigkeit bald tiefer in die Tasche greifen müssen.

„Ein Kilo Kakao ist knapp drei Euro teurer als noch vor einem Jahr. Was das für die Herstellungskosten einer 100-Gramm-Schokoladentafel bedeutet, die zwischen 35 und 70 Prozent Kakao enthält, kann sich jeder selbst ausrechnen, aber wir bewerten aktuell gesamthaft die Situation“, sagt ein Sprecher des Schokoladenherstellers Ritter Sport.

Zu möglichen Preiserhöhungen will das Unternehmen aus kartellrechtlichen Gründen nichts sagen. Solveig Schneider, die stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), erklärt: „Gestiegene Rohstoffpreise und Löhne können zu Kostensteigerungen führen, die tendenziell an den Verbraucher weitergegeben werden könnten.“

Michele Buck, Chefin des US-Unternehmens Hershey, einem der weltweit größten Süßwarenhersteller, schloss eine Erhöhung der Preise nicht aus. „Angesichts der aktuellen Lage bei den Kakaopreisen werden wir jedes Instrument in unserem Werkzeugkasten nutzen, einschließlich der Preisgestaltung, um das Geschäft zu steuern“, sagte sie Mitte Februar bei der Vorstellung der Geschäftszahlen. Alexander von Maillot, Deutschlandchef vom Schweizer Lebensmittelgigant Nestlé, äußerte sich zuletzt ähnlich.

Kakaobäume nicht resistent gegen Virus

Der Preis für Kakao ist zuletzt vor allem deshalb so stark gestiegen, weil das Angebot in den Anbauländern immer knapper wird. 60 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion entfallen auf die Elfenbeinküste und Ghana. Der Klimawandel beeinträchtigt den Anbau erheblich. Häufigere Extremwettereignisse wie lange Dürreperioden, Starkregen und Überflutungen haben der Umweltorganisation WWF zufolge der Qualität des Kakaos geschadet, Erträge reduziert oder Ernten völlig zerstört.

Längere Regenperioden führen auch zur Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten wie CSSVD. Das Virus, das von Blattläusen verbreitet wird, führt zum Absterben der Kakaobäume. In Ghana sind laut Kerstin Weber, Umweltwissenschaftlerin beim WWF, bereits 17 Prozent aller Anbauflächen betroffen, auch auf die Elfenbeinküste greift CSSVD demnach über. Da Kakaobäume nicht resistent seien, bestehe die einzig wirksame Behandlung darin, infizierte Bäume zu fällen und neue zu pflanzen, sagt Weber. Das Virus könne sich so schnell verbreiten, weil Kakao meist in Monokulturen angepflanzt werde.

Die Süßwarenbranche beklagt die stark gestiegenen Kosten. EU-Zucker war 2023 laut BDSI 72 Prozent teurer als im Vorjahr, Kakaobutter legte um 52 Prozent zu, Kakao um 43 Prozent. Die jüngsten Entwicklungen sind hier noch nicht voll eingerechnet. Wie viel teuer wird Schokolade künftig sein? Lebensmittelkonzerne wie Mondelez („Milka“) teilen dazu lediglich mit, die Festsetzung der Endverbraucherpreise liege in der Verantwortung des Lebensmitteleinzelhandels.

Der Handel ist beim Thema Preise ebenfalls zurückhaltend, aus Wettbewerbsgründen will man dazu und zu den Verhandlungen mit Herstellern nichts sagen. Die weltweite Nachfrage sei deutlich größer als das Angebot, sagt ein Sprecher von Rewe. Dennoch lasse sich „nicht per se ableiten, dass Schokolade oder kakaohaltige Produkte“ teurer werden. Gründe seien der intensive Preiswettbewerb, laufende Verträge, Bevorratungen der Hersteller und der tatsächliche Kakaoanteil. Der ist rechtlich vorgeschrieben. Nur wenn der Anteil bei mindestens 35 Prozent liegt, darf ein Produkt Schokolade genannt werden.

9,3 Kilo pro Jahr in Deutschland

Die Menschen in Deutschland waren zuletzt stark von Preissteigerungen betroffen und mussten beim Konsum häufig sparen, bei Schokolade jedoch weniger. Laut den Marktforschern von NIQ legten die entsprechenden Produkte 2023 deutlich zu, nicht nur aufgrund steigender Preise. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von Schokoladenwaren in Deutschland ist stabil, 2023 lag er laut BDSI bei 9,3 Kilo. Neue Preiserhöhungen schrecken viele Menschen offenbar nicht ab. 51 Prozent geben in einer aktuellen Yougov-Umfrage an, dass ihr Schokoladenkonsum unverändert bleiben würde, 37 Prozent würden weniger essen.

Auch Armin Valet rechnet damit, dass Schokolade teurer wird. Der Lebensmittel-Experte der Verbraucherzentrale kann sich auch vorstellen, dass die klassische Tafel kleiner wird. Valet untersucht seit Jahren Produkte, die bei gleichen oder steigenden Preisen schrumpfen. Zuletzt landeten viele Süßwaren auf seiner Liste. „Die Hersteller und Händler wissen, dass Verbraucher bei Genussprodukten wie Schokolade weniger auf den Preis schauen. Deshalb erhöhen sie besonders gern die Preise“, so Valet. In der Vergangenheit sei Schokolade auch ohne gestiegene Rohstoffpreise regelmäßig teurer geworden. „Vor gut 20 Jahren kostete die Tafel 99 Pfennig, aktuell 1,49 Euro. Der Preis hat sich also verdreifacht.“

Die Kakaoknappheit wird vermutlich kein kurzweiliges Phänomen sein. Der WWF beruft sich auf Studien, wonach die Produktion in Afrika noch wesentlich stärker einbrechen könnte, weil die Mehrheit der Anbauflächen in Zukunft deutlich weniger geeignet sein werde. Für viele der oft in Armut lebenden Kakaobauern würde dann eine wichtige Einkommensquelle wegbrechen. Aktuell landen lediglich etwa sechs Prozent des Preises einer durchschnittlichen Schokoladen-Tafel bei den Farmern.

„Der Kakaoanbau hat in vielen Gebieten nur noch eine Zukunft, wenn rechtzeitig die nötigen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergriffen werden und auf widerstandsfähige, nachhaltige Anbausysteme umgestellt wird“, sagt Expertin Weber. Auch bei anderen andere Lebensmitteln wie Avocado, Kaffee, Mango, Kokos, Papaya und Bananen kann es dem WWF zufolge klimabedingt künftig zu größeren Schwankungen bei Verfügbarkeit und Preisen kommen.

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7 Kommentare

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  • Auto abschaffen, dann hat man mehr Geld für schöne bzw. angenehme Dinge und tut Gutes für sich und andere

  • Wie in vielen Bereichen gilt auch hier: Weniger jammern und konsumieren und mehr bewusst fair und nachhaltig produzierte Waren genießen. So gönnt man sich und anderen gleichzeitig das Beste.

  • Alles wird teurer und die Kakaobauern leben weiterhin am Minimum und ihre Kinder müssen arbeiten anstatt in die Schule zu gehen. Ich esse kaum noch Schokolade. Ein scheiß Business.

  • Welche Lösungen gibt es denn hier? Vielleicht:



    - Verlagerung des Kakaoanbaus (z.B. nach Norden in die "Great Green Wall")



    - Misch- statt Monokulturen (DAF: "Dynamischer Agroforst" / "Dynamic Agroforestry"), Permakultur



    - andere Wertschöpfungskette wie z.B. bei FairAfric



    ?

    Wird Schoki dann noch teurer? Ja, aber 50% weniger (aber doppelt so gute!) zu essen, wäre ja auch gesund und fairer.

  • Offen gesagt, sind dies eigentlich gute ökologische Nachrichten für den Umweltschutz, wenn der Kakau Anbau in Westafrika zurückgeht:



    "Westafrika hat bereits 80 % seines Regenwaldes verloren. Grund ist das starke Bevölkerungswachstum in Verbindung mit der Rodung zur Schaffung von Anbauflächen. Das wichtigste Anbauprodukt ist Kakao.[16] Für die Elfenbeinküste geht man von einem kompletten Regenwaldverlust im Jahr 2024 aus. Der Verlust an Regenwald ist daher in Westafrika höher als in Südamerika.[17] Entwaldung ist eine der wichtigsten Ursachen für die menschengemachte Klimaerwärmung,[18] und neben den Auswirkungen auf das Klima führt die Abholzung von Regenwald auch zu einem verstärken Artensterben. Schutzgebiete gibt es keine.[13] (Wikipedia)

    Bemerkenswert auch, dass es hier LOKALE Maßnahmen waren (Entwaldung), die zu hier menschengemachter Klimaerwärmung führten. Ich finde es wichtig, hier das Kind beim Namen zu nennen und nicht immer nur pauschalisiert unsere Konsumkultur verantwortlich zu machen (natürlich ist sie es hier indirekt ja auch wieder, aber es ist hier eben nicht mein CO2 Verbrauch, sondern vollkommen falsch geleitete Marktimpulse und mangelnde Massnahmen vor Ort, um der Entwaldung gegenzuwirken)

    Frage



    Ist es nicht möglich, in Amerika(Süd/Mittel?) in Gebieten wo eh bereits der Regenwald vernichtet wurde, neue Kakau Plantagen zu errichten?

    • @Werner2:

      Wenn der Kakaoanbau nicht mehr lohnt wird halt was anderes angebaut. Bringt der Umwelt rein gar nichts. Von irgendwas müssen die Bauern ja leben. Alternative Beschäftigungen zum Lohnerwerb gibt es kaum. Aktuell entstehen auf gerodeten Flächen immer mehr Ölplantagen und rum um Abidjan wird für neues Bauland gerodet. Die Stadt wächst ohne Ende.

      • @Andreas J:

        Wenn bei Milliarden Konsumenten jeder einzelne nur sein kleines bisschen im Blickfeld hat, wird sich nichts zu Guten wenden.