Kämpfe in Sudan: 24 Stunden Feuerpause

Armee und RSF-Miliz haben angeblich einer Waffenruhe zugestimmt. Die UN stellen die Arbeit in Sudan ein. Der EU-Botschafter im Land wurde angegriffen.

Rauch über Khartum

Zusammenstöße zwischen den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) und der Armee in Khartum am 17. April Foto: Reuters

KHARTUM/BRÜSSEL/NEW YORK AP/AFP/RTR/taz | Die sudanesische Armee hat arabischen Medien zufolge einer 24-stündigen Waffenruhe zugestimmt. Die Feuerpause solle am Dienstagabend beginnen, hieß es. Die rivalisierenden paramilitärischen RSF-Streitkräfte hatten sich zuvor ebenfalls für eine solche Feuerpause ausgesprochen.

Nach einer geschlossenen Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu Sudan am Montagabend haben die Vereinten Nationen sämtliche Aktivitäten in Sudan eingestellt. Der UN-Sudan-Beauftragte Volker Perthes sprach auf der Sitzung von 185 Toten und 1.800 Verletzten bisher, also knapp doppelt so vielen wie Montagfrüh noch bekannt.

Perthes sagte vor Journalisten in New York, er könne nicht einschätzen, wer in dem Konflikt die Oberhand habe. Die Lage sei sehr wechselhaft. „Die beiden Seiten, die sich bekämpfen, erwecken nicht den Eindruck, dass sie eine Vermittlung für einen Frieden wünschen.“ Sein Ziel seien zunächst humanitäre Feuerpausen. Derzeit seien Hilfslieferungen in das Kampfgebiet nicht möglich.

Seit drei Tagen dauern die Kämpfe zwischen der Armee und paramilitärischen Kräften an. Ausgelöst wurde der Konflikt laut Beobachtern durch einen Streit über die Integration der „Rapid Support Forces“ (RSF) in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung. Die Armee hatte im Oktober 2021 geputscht und regiert seitdem das Land.

EU-Botschafter in seiner Residenz in Khartum angegriffen

Der Botschafter der EU in Sudan ist inmitten der Kämpfe in dem nordostafrikanischen Land in seiner Residenz in Khartum angegriffen worden. „Vor ein paar Stunden wurde der EU-Botschafter im Sudan in seiner eigenen Residenz angegriffen“, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag im Onlinedienst Twitter. Die sudanesischen Behörden seien dafür verantwortlich, die Sicherheit der diplomatischen Einrichtungen und ihres Personal zu garantieren, fügte er hinzu.

Borrell machte keine Angaben dazu, ob der aus Irland stammende EU-Botschafter Aidan O'Hara bei dem Angriff verletzt wurde. EU-Sprecherin Nabila Massrali sagte der Nachrichtenagentur AFP zu O'Haras Zustand nach dem Angriff, er sei „okay“. „Die Sicherheit des Personals ist unsere Priorität“, fügte die Sprecherin hinzu. „Die EU-Delegation wurde nicht evakuiert.“ Es würden aber zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen geprüft. Der EU-Außenbeauftragte hatte am Montag für eine Feuerpause in Sudan geworben, um Vermittlungsversuche zu ermöglichen.

Irlands Vize-Regierungschef und Außenminister Micheal Martin erklärte, O'Hara sei bei dem Angriff „nicht ernsthaft verletzt“ worden. Die Attacke stelle aber „eine grobe Verletzung der Verpflichtung, Diplomaten gemäß der Wiener Konvention zu schützen“, dar.

Sudan wird seit Samstag von heftigen Kämpfen erschüttert. Auslöser der Kämpfe war die geplante Eingliederung der RSF-Miliz in die Armee; dies gilt als zentraler Schritt bei dem Vorhaben, die Macht in dem nordostafrikanischen Land wieder an eine zivile Regierung zu übertragen. Die Spannungen zwischen Sudans Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan und seinem Stellvertreter, dem RSF-Anführer Mohamed Hamdan Daglo, hatten sich jüngst verschärft.

Sudans De-facto-Machthaber Al-Burhan ist seit einem Militärputsch im Oktober 2021 an der Macht. Er setzte die Regierung ab, die nach dem Sturz des langjährigen Staatschefs Omar al-Bashir 2019 den Übergang zu demokratischen Wahlen leiten sollte. Die gegen die Armee kämpfende RSF-Miliz ist aus der Dschandschawid-Miliz hervorgegangen, die in der südsudanesischen Region Darfur Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen hatte.

Krankenhäuser schließen wegen Kämpfen

Die Kämpfe in Sudan haben zur Schließung mehrerer Krankenhäuser in dem nordostafrikanischen Land geführt. Mindestens zwölf Krankenhäuser mussten im Großraum der Hauptstadt Khartum aufgrund von Beschädigungen durch die Kämpfe nach Angaben des Medizinerverbands Doctors' Syndicate schließen, wie die Nachrichtenagentur AP am Montag erfuhr. Zwischen dem Militär unter General Abdel Fattah Burhan und der paramilitärischen Truppe RSF von Mohammed Hamdan Dagalo waren am Wochenende Kämpfe aufgeflammt. Es gab zahlreiche Tote und Verletzte.

Ägyptischer Präsident fordert Ende der Kämpfe in Sudan

Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat beide Konfliktparteien in Sudan nach eigenen Angaben zu einer Beendigung der Kämpfe aufgefordert. Kairo stehe in permanentem Kontakt mit dem Militär unter General Abdel Fattah Burhan und der paramilitärischen Truppe RSF von Mohammed Hamdan Dagalo, um auf ein Ende der Kämpfe und die Wiederaufnahme von Verhandlungen hinzuwirken, erklärte er am Montagabend.

Die USA und die Vereinten Nationen haben ebenfalls einen Waffenstillstand gefordert. Ägypten stützt das sudanesische Militär. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, die in den vergangenen Jahren starke Verbindungen zur RSF aufbauten, haben ebenfalls beide Seiten zu einem Waffenstillstand aufgefordert. Der Machtkampf zwischen den beiden verfeindeten Generälen hat im Zuge von Straßenkämpfen seit Samstag etliche Menschen das Leben gekostet.

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