piwik no script img

Kämpfe in ÄthiopienDrohnen gegen den Frieden

Kurz nachdem die Machthaber der äthiopischen Rebellenprovinz Tigray eine Feuerpause anbieten, gibt es erneut Luftangriffe auf Tigrays Hauptstadt.

Nach einem Luftangriff in Mekelle am 14. September Foto: ap

Berlin taz | Neue Luftangriffe auf Mekelle, Hauptstadt der äthiopischen Provinz Tigray, haben frische Hoffnungen auf ein Ende der jüngsten Kriegsrunde zwischen der in Tigray herrschenden ehemaligen äthiopischen Regierungspartei TPLF (Tigray-Volksbefreiungsfront) und der aktuellen äthiopischen Zen­tralregierung wieder gedämpft.

10 Menschen starben und noch mehr wurden verletzt, als am Mittwochfrüh ein Wohngebiet in Mekelle mit Drohnen angegriffen wurde. Die Zahlen wurden vom Ayder-Krankenhaus genannt, größte Gesundheitseinrichtung der Stadt. Bereits am Dienstag war nach Rebellenangaben die Universität von Mekelle mit Drohnen angegriffen wurden.

Erst am Sonntag hatte Tigrays Regierung sich bereiterklärt, „an einem robusten Friedensprozess unter Aufsicht der Afrikanischen Union (AU) teilzunehmen“ und „eine sofortige vereinbarte Feuerpause einzuhalten, um eine förderliche Atmosphäre zu schaffen“. Man habe ein Verhandlungsteam aufgestellt, das „unverzüglich“ für Gespräche bereitstehe.

Bisher hatten die Tigray-Machthaber die AU als Vermittler abgelehnt, da sie den von der AU nominierten Vermittler Olusegun Obasanajo, Expräsident von Nigeria, als nicht neutral ansehen. Sie hatten stattdessen Kenias Präsidenten Uhuru Kenyatta vorgeschlagen. Aber dessen Amtszeit ist zu Ende gegangen und er hat am Montag die Macht an seinen gewählten Nachfolger William Ruto übergeben. Ruto hat zwar Kenyatta gebeten, weiter als Vermittler zur Verfügung zu stehen, aber das ist noch unklar.

Konflikt hatte schwerste Hungerkrise der Welt ausgelöst

Der Krieg in Tigray hat nach UN-Angaben die schwerste Hungerkrise der Welt herbeigeführt. Im November 2020 hatten die Kämpfe zwischen Tigrays Regionalregierung und Äthiopiens Zentralregierung begonnen, nachdem die TPLF mit dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed gebrochen hatte. Nach zwei blutigen Kriegsrunden verkündete Äthiopiens Regierung am 24. März dieses Jahres eine humanitäre Feuerpause, was die Wiederaufnahme humanitärer Hilfe ermöglichte. Doch genau fünf Monate später, am 24. August, brachen die Kämpfe erneut aus. Auch Milizen der südlich an Tigray angrenzen äthiopischen Region Amhara sind beteiligt.

Eritrea und andere sollten aufhören, den Konflikt anzuheizen

US-Außenminister Antony Blinken

Mehrfach wurde auch der Verdacht geäußert, dass Luftangriffe auf Mekelle von Eritrea geflogen werden, um eine mögliche Verständigung zwischen Tigray und Äthiopien zu hintertreiben – Eritreas Regierung ist mit der TPLF verfeindet und hatte 2020 auf der Seite Äthiopiens mit eigenen Truppen in Tigray eingegriffen.

Dies wäre auch eine mögliche Erklärung für die neuen Drohnenangriffe. Äthiopiens Regierung hat dazu bisher geschwiegen, ebenso zu Tigrays Friedensvorstoß. US-Außenminister Antony Blinken hatte diesen begrüßt und die äthiopische Regierung aufgefordert, „Äthiopien auf einen Weg zu führen, der das Leid beendet und einen dauerhaften Frieden ermöglicht“. Blinken sagte auch: „Eritrea und andere sollten aufhören, den Konflikt anzuheizen.“

Als alternative Erklärung für die Eskalation in der Luft gelten Meldungen über schwere Niederlagen der äthiopischen Armee. Tigraynahe soziale Medien verbreiten Videos, die gigantische Ansammlungen gefangengenommener äthiopischer Rekruten zeigen sollen. Von 118 äthiopischen Armeedivisionen seien 27 „zerstört“ worden, hieß es dazu. Auf den Bildern ist zu sehen, wie die Gefangenen in bester Laune Reden lauschen. Experten weisen darauf hin, dass die TPLF in ihren Anfangszeiten als Guerilla in den 1980er Jahren gegen Äthiopiens damalige Militärdiktatur vor allem durch Gefangene und Überläufer stark wurde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.