Maskenpflicht – oder keine Maskenpflicht

Der nun abgesegnete Gesetzesvorschlag von Bundesjustizminister und Bundesgesundheitsminister überlässt viele Infektionsschutzregelungen den Ländern

Gesundheits­minister Karl Lauterbach trägt sehr wohl beim Kabinettstreffen eine Maske – aber die anderen? Foto: Fo­to:­ Markus Schreiber/ap

Von Linda Gerner

Das Wort, das nach der Pressekonferenz zum Infektionsschutzgesetz im Ohr klingt, ist „oder“. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett in Berlin den Gesetzesvorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beschlossen. Die meisten Coronamaßnahmen liegen dabei in der Verantwortung der Länder – diese können im Herbst und Winter neue Regeln verhängen – oder nicht.

Dem Kabinettsbeschluss sind viele Diskussionen vorangegangen. Vorgestellt wurde das neue Infektionsschutzgesetz durch die beiden zuständigen Minister bereits Anfang August, wie die taz berichtete. Anschließend wurde es von der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder diskutiert. Gelten soll es ab dem 1. Oktober und bis zum 7. April 2023. Zuvor muss es noch im Bundestag und Bundesrat beraten werden. Die Pläne Buschmanns und Lauterbachs sehen vor, dass die Länder ab Oktober wieder eine Maskenpflicht in Innenräumen vorschreiben können, wenn wegen steigender Infektionszahlen eine Überlastung des Gesundheitswesens droht.

Dieses Szenario hält Lauterbach für äußerst wahrscheinlich, da er davon ausgehe, dass „wir im Oktober Schwierigkeiten bekommen werden“.

Bundesweit einheitlich soll lediglich die Maskenpflicht im Fernverkehr der Bahn und beim Fliegen gelten sowie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Dort soll außerdem eine Testpflicht für Beschäftigte und Besucher gelten. Lockdowns und Schulschließungen werden ausdrücklich ausgeschlossen.

Am meisten Kritik hatte es an den Plänen für das Infektionsschutzgesetz für den unklaren Vorschlag von Ausnahmen bei der Maskenpflicht gegeben. Verhängen Länder diese in öffentlich zugänglichen Innenräumen, sollten nach den ersten Plänen bei Kultur- und Sportveranstaltungen und in Restaurants tagesaktuell getestete, frisch geimpfte und frisch genesene Menschen davon befreit sein. Die Impfung oder Infektion dürfe dann höchstens drei Monate alt sein. Als Reaktion auf die Kritik wurde das zu einer Kann-Regelung verändert. Generell könnte jede Gastronomie ihr Hausrecht verhängen und eigene Regeln aufstellen, sagte Buschmann. Sinnvoll wäre in seinen Augen eine Maskenpflicht in Behörden, da diese von allen Menschen, auch vulnerablen Gruppen, aufgesucht werden müssten. Buschmann betonte, dass die Maßnahmen nicht darauf abzielten, jede einzelne Infektion zu verhindern, sondern das gesamte Pandemiegeschehen möglichst gering zu halten.

Wir brauchen EU-weit einheitliche Maßnahmen

Andrew Ullmann, FDP

Kritik am Gesetz kommt vom gesundheitspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullmann. „Wir brauchen EU-weit einheitliche Maßnahmen. Wichtig ist, dass die Maßnahmen nachvollziehbar, praxistauglich und transparent sind. Gerade was die verschärfte Maskenpflicht im Fern- und Flugverkehr anbelangt. sehe ich Nachbesserungsbedarf. Das zeigen auch die Bilder aus dem Regierungsflugzeug“, so Ullmann gegenüber der taz.

Ullmann spielt damit auf die gerade neu entfachte alte Diskussion um bundesweite Maskenpflichten an. Ausgelöst wurde sie durch Bilder von der Flugreise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Kanada. Die Gruppe aus Poli­ti­ke­r*in­nen und einer Delegation von Wirt­schafts­ver­tre­te­r*in­nen und Jour­na­lis­t*in­nen reiste im Flugzeug ohne Masken. Die Bundesregierung begründete das damit, dass in dem Flieger der Luftwaffe andere Regeln gelten und keine Maskenpflicht herrsche. Alle Teilnehmenden der Reise mussten zuvor einen negativen PCR-Test vorlegen und auch geimpft sein. Dass für den Flieger der Luftwaffe andere Regeln gelten als für den Linienbetrieb führte zu Unverständnis. Stimmen über eine Ungleichbehandlung und eine Doppelmoral wurden auch von Oppositionsmitgliedern laut.

Von sich aus erwähnten sowohl Lauterbach als auch Buschmann die Debatte um den maskenlosen Flug nicht. Auf Nachfrage sagte Lauterbach alsdann, dass sich an die Regeln der Luftwaffe gehalten wurde und eine Ausnahme für Getestete in anderen Flugzeugen nicht vorgesehen sei. Buschmann äußerte mehr Verständnis für die Empörung. „Politisch würde ich uns als Bundesregierung empfehlen, dass überall die gleichen Regeln gelten.“